Scharia in der österreichischen Schiedsgerichtsbarkeit

Von Koloman Roiger-Simek.1

DOI: 10.25365/phaidra.729

Das Verfahren

Mitten im sommerbedingten Nachrichtenloch entdeckten österreichische Tageszeitungen[i] eine bereits vor dem Sommer veröffentlichte Entscheidung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien, die Berichte wurden rasch auch von anderen österreichischen Medien aufgegriffen. Obwohl dieses Urteil aus rechtlicher Sicht weitgehend unbeachtlich ist, traf es einen gesellschaftlichen Nerv, den österreichische Medien gerne unverhältnismäßig viel besprechen: Die Ausbreitung des Islams in Österreich.

Zwei Parteien, A und Dr. C, hatten einen Vertrag geschlossen, der eine Schiedsvereinbarung umfasste. Diese stellte Folgendes fest: „Das Schiedsgericht entscheidet anhand der islamischen Rechtsvorschriften (Ahlus-Sunnah wal-Jamaah) nach Billigkeit in der Sache nach bestem Wissen und Gewissen“.[ii] Nachdem es zwischen A und Dr. C tatsächlich zu einer Streitigkeit aus dem Vertrag kam, endete das Schiedsverfahren mit einer Entscheidung, dass Dr. C € 1.182.816,10 binnen 14 Tagen an den Kläger, A, zu zahlen habe. A stellte aufgrund der Schiedsentscheidung einen Exekutionsantrag, um einen Teil des geschuldeten Betrags zu erhalten. Dieser wurde am 29. und 30. November 2024 vom Wiener Bezirksgerichtes Fünfhaus bewilligt. Gegen diese Entscheidungen erhob Dr. C Rekurs. Der Rekurswerber brachte vor, dass der Schiedsspruch durch die Anwendung der Scharia gegen die ordre public verstöße und daher nicht vollstreckbar sei. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien hat den Rekurs abgelehnt.

Schiedsgerichte und Rechtswahl

In der österreichischen Rechtsordnung können Vertragsparteien Schiedsvereinbarungen treffen und Schiedsgerichte, d.h. unabhängige Gremien anstatt von staatlichen Gerichten, verbindlich über ihre Ansprüche entscheiden lassen. Wie aus den Debatten um CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement, dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und Canada) und TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership, dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und der USA) hat ein Großteil der österreichischen Bevölkerung ein negatives Bild von und ablehnende Haltung zu Schiedsgerichten. Die beiden internationalen Abkommen hätten es Unternehmen ermöglicht Staaten vor Schiedsgerichten zu klagen. Dabei wurde dieser Zugang zu Schiedsgerichten als Ausdruck einer zwei-Klassen Justiz wahrgenommen, die vor allem ausländische Unternehmen begünstige. Obwohl die Schiedsgerichtbarkeit in Österreich rechtlich unproblematisch ist, hat sie wohl zur medialen Aufmerksamkeit im vorliegenden Fall beigetragen.

Die Parteien eines privatrechtlichen Vertrags können grundsätzlich eine Rechtswahl treffen und somit vereinbaren, dass auf Streitigkeiten aus einem Vertrag das Recht eines anderen Staates angewandt wird, zB deutsches oder kalifornisches Recht. Gemäß § 603 Abs. 1 ZPO gilt dies auch für Schiedsvereinbarungen. Dabei darf der daraus resultierende Schiedsspruch jedoch nicht die „Grundwertung der österreichischen Rechtsordnung (ordre public)“ widersprechen (§ 611 Abs. 2 Z. 8 ZPO). Dies würde zutreffen, wenn das Gesamtergebnis der Entscheidung des Schiedsgerichts eine „unerträgliche Verletzung tragender Grundwertungen“[iii] wäre. Einzelne rechtliche Fehlentscheidungen reichen dafür nicht aus. Ebenso unbeachtlich ist es, wenn einzelne Normen oder Konzepte des anzuwendenden Rechtssystems nicht im österreichischen Rechtssystem existieren.

Eine Anwendung von islamischem Recht gegen den Willen der Vertragsparteien würde zweifelslos gegen die Grundwertung der österreichischen Rechtsordnung verstoßen.[iv] Im vorliegenden Fall scheinen die Bedenken des Rekurswerbers jedoch erst von dem zweitinstanzlichen Gericht aufzutauchen und nicht bereits in zeitlicher Nähe zum Vertragsabschluss.

Religionsinterne Rechtsysteme und Grundrechtschutz

Scharia ist ein komplexer und weit gefasster Rechtsbegriff, der nicht kodifizierte, historisch entwickelte religiöse und gesellschaftliche Normen umfasst, die auf den Koran und den Lehren des Propheten Muhammad beruhen.[v] Dementsprechend umfasst dieses Rechtssystem eine Fülle an unterschiedlichen Lehren und Interpretationen. In der erwähnten Schiedsentscheidung wird nicht auf die Scharia allgemein, sondern auf die islamischen Rechtsvorschriften der Ahlus-Sunnah wal-Jamaah verwiesen, wodurch eine gewisse Konkretisierung stattgefunden hat. Ob diese Präzisierung hinreichend bestimmt ist, ist jedoch fraglich. Auch das Landesgericht hat scheinbar „Ahlus-Sunnah wal-Jamaah“ nicht problemlos zuordnen können. Die Quellen, auf die das Gericht verweist, beruhen auf Einträge in Wikipedia oder Blogeinträge auf der Plattform Tumblr, einem sozialen Medium, auf dem Benützer öffentliche Einträge verfassen können. Vor allem bei Letzterem kann die Richtigkeit der Informationen nicht überprüft werden. Für den vorliegenden Fall sind solche Schwierigkeiten jedoch nicht von Bedeutung, da die Parteien in der Schiedsklausel zusätzlich dem Schiedsgericht die Möglichkeit der Entscheidung „nach Billigkeit“ zusprachen. Das Landesgericht für Zivilsachen hat sich in seiner Entscheidung vor allem auf diese Vereinbarung gestützt sowie auf der Tatsache, dass ein Verstoß gegen die ordre public nur im Ergebnis geprüft wird. Da im vorliegenden Fall das Schiedsverfahren unter Beteiligung beider Parteien erfolgte und der „Schiedsspruch nachvollziehbare und begründete Feststellungen“ enthielt, gab es keine Indikationen, dass die Entscheidung gegen die Grundwertung der österreichischen Rechtordnung verstieß.[vi]

Soweit das Recht einer Kirche oder Religionsgesellschaft ihre inneren Angelegenheiten betrifft, sind diese durch Art. 15 StGG vor staatlichen Überprüfungen verfassungsrechtlich geschützt. Privatrechtliche Themen, die vom Recht dieser gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften geregelt werden, sind aber nicht der staatlichen Kontrolle entzogen und unterliegen dem grundrechtlichen Schutz der österreichischen Gerichte. In Gerichtsverfahren spielt der Schutz der Verfahrensrechte der Parteien, d.h. jenen Prinzipien in einer Streitigkeit, die die Fairness zwischen den Parteien wahren sollen, eine zentrale Rolle. Dies ändert sich nicht, wenn das anzuwendende Rechtssystem jenes einer Kirche oder Religionsgesellschaft ist. Selbst dann ist das Schiedsverfahren in einer Weise durchzuführen, die nicht den „Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung (ordre public) widerspricht“.[vii] Dabei sind die „tragenden Grundwertungen des österreichischen Prozessrechts“ von der ordre public mitumfasst.[viii] Darin kommt den Prozessrechten der Parteien eine zentrale Rolle zu. Auch der EGMR hat bestätigt, dass staatliche Gerichte prüfen müssen, ob die Verfahrensrechte der Parteien gewahrt wurden, bevor sie die Exekution von Entscheidungen von kirchlichen Gerichten bewilligen.[ix] Dies gilt wohl ebenso für Schiedssprüche, die entsprechende Normen anwenden. Im vorliegenden Fall war dies jedoch unproblematisch.

Anmerkungen

Der mediale Aufruhr im Sommer 2025 ähnelt jenem von 2011, in dem zwei Fälle der Anwendung der Sharia iVm internationalem Familienrecht zu Schlagzeilen führten. Die damaligen Rechtsfragen betrafen das Kollisionsrecht, während jene von 2025 in der Privatautonomie des Zivilrechts verankert war. Seit 2011 ist die Anwendung von Rechtsnormen im Familienrecht, die auf Scharia beruhen, aufgrund von europarechtlichen Bestimmungen zur Ausnahme geworden.[x] Eine Änderung der ZPO, um die Anwendung der Scharia auf zivilrechtliche Verträge einzuschränken, wäre ein ungerechtfertigter und rein politisch motivierter Eingriff in die Privatautonomie, die geeignet wäre den Ruf Österreichs als Wirtschaftsstandort zu beeinträchtigen. Ein Verbot von Schiedsvereinbarungen, die die Anwendung der Scharia beschließen, und die Nichtigkeit solcher Bestimmungen würde Rechtsmissbrauch durch die unterlegene Partei begünstigen. Trotz der wachsenden Zahl von Muslime in Österreich bleibt die Anzahl an Fällen, in denen österreichische Gerichte mit der Scharia in Berührung kommen, sehr gering. Darüber hinaus sollte auch davon Abstand genommen werden, das Zivilrecht bzw. das Prozessrecht zum politischen Spielball in einer integrations- oder migrationspolitischen Debatte zu machen.


[i] Scheinbar als erstes wurde folgender Artikel veröffentlicht: Philipp Aichinger, Schiedsspruch nach Scharia in Österreich gültig Die Presse 18.08.2025.

[ii] Zitiert nach LG für ZRS Wien 02.05.2025, 47R65/25v.

[iii] OGH 18OCg3/15p, JBl 2016, 462.

[iv] Siehe dazu etwa EGMR 19.12.2018, 20452/14, Molla Sali / Griechenland, Rz 156f.

[v] Mouez Khalfaoui, Islamisches Recht, Scharia und Ethik. Eine europäische Perspektive (Nomos 2022) 23-26; Mathias Rohe, Das islamische Recht. Geschichte und Gegenwart (3. akt. und erw. Aufl. C.H. Beck 2011) 6-17.

[vi] LG für ZRS Wien 47R65/25v

[vii] § 611 Abs. 2 Z 5 ZPO.

[viii] Rechberger/Melis in Rechberger, ZPO4 § 611 Rz 8.

[ix] EGMR 20.07.2001, 30882/96, Pellegrini / Italien, Rz 44-48.

[x] Willibald Posch, Die Anwendung islamischen Rechts in Österreich heute – und morgen? ZfRV 2012/9, 76f.

  1. Diese Forschung wurde gänzlich oder teilweise durch den Wissenschaftsfonds FWF finanziert 10.55776/PAT1667223. ↩︎

Die Finanzierung von Religionsgemeinschaften in Slowenien

Von Andreas Kowatsch. ORCID logo

DOI: 10.25365/phaidra.738

Die Finanzierung von Religionsgemeinschaften beruht in der Republik Slowenien mit ihren ca. zwei Millionen Einwohner:innen,[1] wie in den meisten anderen europäischen Staaten auf einem Mischsystem, das im Wesentlichen auf Eigenfinanzierungen, aber auch auf Finanzierungen durch den Staat aufbaut. Die staatlichen Finanzierungen können in eher direkte und überwiegend indirekte Formen unterschieden werden. Eine eigenständige Erwähnung bedarf die Frage der „Denationalierung“, d.h. der Restitution von Vermögenswerten, welche nach 1945 durch die kommunistische Staatsführung enteignet worden sind. Hier hat sich Slowenien, anders als zum Beispiel die Republik Österreich, hauptsächlich für Naturalrestitutionen entschieden, wobei es sich hier um einen überaus komplexen und – wie in den meisten Staaten, die mit der rechtlichen Aufarbeitung von Enteignungen aus der Vergangenheit befasst sind – politisch umstrittenen Komplex handelt, welcher am Ende dieses rechtundreligion.at-Beitrags nur kurz angedeutet werden kann.

1. Religionsrechtlicher Rahmen

1.1 Slowenische Verfassung

Slowenien, das nach dem Auseinanderfallen Jugoslawiens 1991 als erster Nachfolgestaat die Unabhängigkeit und Souveränität erlangt hatte, ist eine demokratische Republik. Artikel 7 der Verfassung der Republik Slowenien vom 23. Dezember 1991 sieht die Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften vor. Mit der Trennung ist die Gleichberechtigung der Religionsgemeinschaften ausdrücklich verbunden und ihre freie Tätigkeit garantiert. Der Gleichheitssatz (Art. 14 Verfassung Slowenien) nennt als Kriterium die Gleichheit „ungeachtet des Glaubens“.

Da die Trennung – anders als in Österreich – als ausdrückliches Verfassungsgebot normiert ist, lässt sich Slowenien auf den ersten Blick als laizistischer Staat beschreiben. Dieser Befund wird durch eine Reihe von Besonderheiten[2] bestätigt: die Trennung schließt eine Übernahme von Hoheitsaufgaben durch die Religionsgemeinschaft aus; in den öffentlichen und staatlich zertifizierten Schulen findet kein Religionsunterricht statt; die öffentliche Schule und der öffentliche Kindergarten sind weitestgehend religionsfreie Bereiche. Selbst auf Privatschulen wirkt sich der Trennungsgedanke aus, sofern diese nicht schon vor einem bestimmten Stichtag bestanden haben. Die Trennung steht allerdings der Kooperation des Staates mit den Religionsgemeinschaften dort nicht entgegen, wo eine Zusammenarbeit für die Ausübung der Religionsfreiheit notwendig ist. In einer gewissen Spannung zum Trennungsregime steht auch die Tatsache, dass der Staat auf direkte oder indirekte Weise auf gesetzlicher Grundlage Beiträge zur Finanzierung der Religionsgemeinschaften leistet. In der slowenischen Rechtswissenschaft wird die Trennung daher nicht mit der Zurückdrängung von Religion aus der Öffentlichkeit, wie es für laizistische Staaten kennzeichnend ist, begründet.[3] Die Trennung verhindert vielmehr, dass der Staat Einfluss auf die Identität und die Handlungsfreiheit der Religionsgemeinschaften nimmt. Religionsfördernde Maßnahmen liegen daher im freien Ermessen des Staates, so lange dadurch nicht einzelne Religionsgemeinschaften unsachlich bevorzugt werden. Der slowenische Verfassungsgerichtshof anerkennt die besondere Bedeutung der Religionsgemeinschaften für das Gemeinwohl, da diese durch ihre öffentliche Tätigkeit die Verwirklichung der Religionsfreiheit erst ermöglichen.[4]

Art. 41 der Verfassung garantiert die Religionsfreiheit innerhalb der umfassend normierten Gewissensfreiheit: „Das Bekenntnis des Glaubens und anderer Überzeugungen im privaten und im öffentlichen Leben ist frei“. Neben dieser positiven Religionsfreiheit ist die negative Freiheit von Religion ebenso garantiert wie das elterliche Erziehungsrecht. Das Elternrecht auf religiöse Erziehung und die persönliche Glaubens- und Gewissensfreiheit der Kinder müssen, dem jeweiligen Alter entsprechend, miteinander in Beziehung gesetzt werden.

Als unabhängiger Staat ratifizierte Slowenien 1994 die EMRK. Art. 9 EMRK und alle anderen für die Ausübung der Religionsfreiheit und das Verhältnis von Religion und Staat relevanten Konventionsbestimmungen ergänzen daher den religionsverfassungsrechtlichen Rahmen.

1.2 Gesetz über die Religionsfreiheit

Eine bedeutende einfachgesetzliche Ausgestaltung erfuhr das Verhältnis zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften durch das Gesetz über die Religionsfreiheit („ZVS“) im Jahr 2007.[5] Dieses ermöglicht es religiösen Gemeinschaften, sich bereits ab der Mindestgröße von zehn (!) in Slowenien wohnhaften Mitgliedern staatlich registrieren zu lassen (Art. 14 ZVS). Mit der Registrierung erwirbt die Religionsgemeinschaft einen speziellen, privatrechtlichen Status als eine besondere Form einer freiwilligen, gemeinnützigen Vereinigung. Art. 4 ZVS bekräftigt die religionsgemeinschaftliche Autonomie und die Neutralität des Staates. Der Staat bekennt sich dort aber auch ausdrücklich zur Zusammenarbeit mit den Religionsgemeinschaften.

Der im ZVS begründete Rechtsstatus ist die Grundlage dafür, dass der Staat mit den einzelnen Denominationen Verträge schließen kann, welche Fragen von gemeinsamer Bedeutung normieren.  Einen besonderen Status nimmt aufgrund der völkerrechtlichen Verpflichtungskraft das Konkordat mit dem Heiligen Stuhl aus dem Jahr 2001[6] ein.

Für den Empfang staatlicher Finanzierungen ist die Registrierung gem. Art. 27 ZVS eine notwendige Voraussetzung. Registrierte Religionsgemeinschaften haben darüber hinaus auch besondere Rechte im Sammlungswesen.

2. Staatliche Finanzierungen

2.1 direkte Finanzierungen

Auch wenn die slowenische Verfassung die Trennung von Religionsgemeinschaften und dem Staat anordnet, existieren einige Formen direkter staatlicher Finanzierung.

a) Kofinanzierung der Sozialbeiträge für Geistliche

Art. 27 ZVS schafft die Rechtsgrundlage für die wichtigste Form der staatlichen Finanzierung von Religionsgemeinschaften. Der Staat bezuschusst durch zweckgebundene, direkte Zahlungen die Beiträge zur Pflichtversicherung in der staatlichen Sozialversicherung (Pensionsversicherung, Krankenversicherung und Invaliditätsversicherung) für die Geistlichen der registrierten Religionsgemeinschaften. Grundlage ist nicht der real gezahlte Lohn bzw. Unterhalt, sondern die durchschnittliche Beitragsgrundlage öffentlich Bediensteter. Eine Novellierung von Art. 27 ZVS im Jahr 2023 reduzierte die ursprünglich vollständig übernommene Bezuschussung in der genannten Höhe auf nur mehr 60 %.

Voraussetzung für die Bezuschussung ist, dass die von der Religionsgemeinschaft angestellte Person ausschließlich für diese tätig ist. Dass Priester und Ordensleute der katholischen Kirche keine Angestellten ihrer Kirche sind, sondern ihren kirchlichen Dienst im Rahmen religiöser Bindungszusammenhänge (Weihe und Inkardination bzw. Ordensgelübde bzw. -versprechen) erbringen, berücksichtigt Art. 27 Abs. 2 ZVS, der die Bezuschussung auf diesen, in der Praxis größten, Personenkreis ausdehnt.

Neben dem Wohnsitz und der tatsächlichen Tätigkeit in Slowenien hängt der Zuschuss noch an einer Mindestgröße. Für je 1000 Mitglieder übernimmt der Staat den Zuschuss für einen Religionsdiener.

b) Finanzierung besonderer Seelsorge

Neben der Kofinanzierung der Sozialversicherungsbeiträge finanziert der Staat teilweise auch das Personal für die Seelsorge im Zusammenhang öffentlicher Anstalten (Gefängnisseelsorge, Militärseelsorge, Polizeiseelsorge, Krankhausseelsorge). Dies geschieht auf der Grundlage der mit den einzelnen registrierten Religionsgemeinschaften geschlossenen Vereinbarungen.

c) Subvention der Erhaltung von Kulturgütern und andere Subventionen

Der Staat subventioniert die für die Erhaltung von Bauten und Kulturdenkmälern, die für das nationale kulturelle Erbe von besonderer Bedeutung sind, anfallenden notwendigen Kosten. Dabei handelt es ich formal um keine besondere Form einer finanziellen Unterstützung von Religionsgemeinschaften, da nicht die Religionsausübung gefördert werden soll, sondern der Kulturgüterschutz. Da die religiösen Bauten und religiösen Kunstschätze aber großteils im Eigentum der Religionsgemeinschaften sind, kommen die Subventionen direkt den religiösen Eigentümern zugute.  Ähnliches gilt dort, wo der Staat Tätigkeiten subventioniert, welche die Religionsgemeinschaften im Bereich der sozialen Fürsorge leisten. Soweit kirchliche Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen oder soziale Projekte gefördert werden, erfolgt dies in gleicher Weise wie bei nichtreligiösen gemeinnützigen Organisationen.

2.2 Indirekte Finanzierungsinstrumente

Als indirekte Finanzierungsinstrumente sind vor allem Steuerbefreiungen und gewisse administrativen Erleichterungen zu nennen. Um in den Genuss der Vorteile zu kommen, ist die staatliche Registrierung erforderlich.

a) Begünstigungen im Steuerrecht

Registrierte Religionsgemeinschaften gelten als spezielle Form einer gemeinnützigen Vereinigung. Sie sind grundsätzlich von der Zahlung der Körperschaftsteuer befreit,[7] solange die Einnahmen aus ihren Haupttätigkeiten stammen bzw. diesen unmittelbar zugeordnet sind.  (z. B. Spenden, Kultbeiträge, Einnahmen im Zusammenhang liturgischer Zeremonien). Soweit eine Religionsgemeinschaft ein Gewerbe in Gewinnabsicht betreibt, unterliegt sie der vollen Steuerpflicht.

Dass jene Immobilien, der der Religionsausübung dienen, keine unmittelbaren Wirtschaftsgüter sind, drückt sich in der Befreiung von der Grundsteuerpflicht und manchen kommunalen Gebühren (z.B. Müllabfuhr) aus.[8]

Auch wenn es sich um keinen Vorteil handelt, der mit dem Status einer registrierten Religionsgemeinschaft unmittelbar in Verbindung steht, da auch andere gemeinnützige juristischen Personen davon profitieren, kann man auch das Recht des Vorsteuerabzugs im Umsatzsteuerrecht in die Aufzählung der steuerlichen Begünstigungen aufnehmen.

Eine weitere indirekte Finanzierung des Staates im Steuerrecht bildet die Absetzbarkeit von Spenden an registrierte Religionsgemeinschaften bis zu einem bestimmten Prozentsatz des steuerpflichtigen Einkommens.[9]

Schließlich unterliegen Gegenstände, die für die Ausübung des Gottesdienstes eingeführt werden, einem ermäßigten Zollsatz bzw. sind überhaupt zollbefreit.[10]

b) Eine Kultursteuer light?

Die Komplexität des slowenischen Finanzierungssystems für Religionsgemeinschaften zeigt sich auch darin, dass neben den beschriebenen Finanzierungsformen die Steuerzahler:innen auch die Möglichkeit haben, 1 % (ursprünglich 0,5 %) ihrer Einkommenssteuer für bestimmte Zwecke im öffentlichen Interesse zu widmen. Dabei handelt es sich nicht um eine mit dem italienischen Otto-per-Mille-System[11] vergleichbaren Mandatssteuer, sondern um „persönliche Schenkungen der Einkommenssteuer“, welche an der insgesamt geschuldeten Steuerlast nichts verändert. Neben Parteien, Gewerkschaften und einer großen Zahl an NGOs sind auch Religionsgemeinschaften mögliche Profiteure dieser Steuerwidmungen. Letztlich handelt es sich hierbei um eine indirekte staatliche Finanzierung, da der Steuergläubiger der Staat ist, der zugunsten der begünstigten Organisationen auf einen (kleinen) Teil der Einnahmen aus der Einkommenssteuer verzichtet. Im Jahr 2022 widmeten die Steuerzahler durchschnittlich 22,11 Euro, welche auf über 6000 begünstigte Organisationen verteilt wurde.[12]

3. Private Finanzierungen

Auch wenn die aufgezählten staatlichen Instrumente der Finanzierung von Religionsgemeinschaften eine nicht unerhebliche Belastung des Staatshaushalts bedeuten, leisten private Finanzierungsquellen die wichtigsten Beiträge zur wirtschaftlichen Absicherung der Aufgaben der registrierten Religionsgemeinschaften. Durch die Registrierung werden diese vollrechtsfähig im Rahmen des slowenischen Privatrechts. Zugleich normiert Art. 29 Abs. 1 ZVS den Grundsatz der Selbstfinanzierung von Religionsgemeinschaften. Spezielle Einschränkungen, am Wirtschaftsverkehr teilzunehmen, bestehen für Religionsgemeinschaften nicht. Sie können auf jede legale Art Eigentum erwerben und veräußern.  Religionsgemeinschaften können Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit erzielen und Früchte aus Vermögensveranlagungen ziehen. Eine besonders wichtige Einnahmequelle bilden Spenden und Erträgnisse von Sammlungen. Diese können anlassbezogen sein (z.B. Sammlungen im Gottesdienst) oder in regelmäßigen Beiträgen bestehen. Eine für alle Religionsgemeinschaften geltende Beschreibung ist nicht möglich. Innerhalb des allgemeinen Vereinsrechts haben auch die registrierten Religionsgemeinschaften die Möglichkeit, Beiträge von ihren Mitgliedern einzuheben. In der Katholischen Kirche erbitten die Pfarren von ihren Mitgliedern einen regelmäßigen Kultusbeitrag. Abgesehen von der steuerlichen Absetzbarkeit von Spenden ist der Staat hier nicht beteiligt.  Von rein privaten Spenden unterscheiden sich die Kultusbeiträge aber dann, wenn sie für die Renovierung bestimmter Kulturdenkmäler erbeten werden.  Für diese Fälle besteht die Möglichkeit der staatlichen Ergänzung der Projektkosten.

4. Die „Denationalisierung“ von Eigentum

Nach dem Zusammenbruch Jugoslawiens stellte sich für die neue demokratische Republik nicht nur die Frage, wie mit den nach 1945 erfolgten Enteignungen bestimmter Personengruppen (v. a. Angehörige der deutschen Volksgruppe) umgegangen werden soll. In wirtschaftlicher Hinsicht viel bedeutender erwies sich die Frage, wie weit die Überführung von Grund und Boden ins Volkseigentum (Nationalisierung) wieder rückgängig gemacht werden kann. Bereits Ende 1991 wurde mit dem „Denationalisierungs-Gesetz“[13] die rechtliche Grundlage für die Wiedergutmachung der Enteigneten geschaffen.

Der slowenische Gesetzgeber entschied sich prinzipiell für die Rückabwicklung der realen Wirtschaftsgüter, also für ein System der Naturalrestitution. Nur wo dies aus faktischen oder rechtlichen Gründen nicht möglich sein sollte, wurden den Geschädigten Ansprüche auf finanzielle Entschädigung eingeräumt.

Kirchen und Religionsgemeinschaften wurden in Art. 14 DenationalisierungsG direkt als Empfänger von Restitutionen angesprochen. Allerdings wurde dort als Voraussetzung normiert, dass diese zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes auf dem slowenischen Staatsgebiet tätig sein mussten. Dies hatte vor allem für einige Einrichtungen der Katholischen Kirche die Konsequenz, dass ihnen trotz nachweisbarer Enteignungen kein Anspruch zustehen konnte. Da nicht die Katholische Kirche als ganze, sondern immer nur eine bestimmte kirchliche juristische Person Eigentümerin von Vermögenswerten sein kann – ein Umstand, der auch dem kanonischen Recht entspricht – wurde beispielsweise ein Antrag der kroatischen Erzdiözese Zagreb auf Restitution abgewiesen.[14] Auch wenn seit 1991 über 40000 Verfahren geführt wurden, konnten bis 2025 immer noch nicht alle Anträge abschließend bearbeitet werden.[15]

Diesem Beitrag liegt folgende Literatur zugrunde:

Andrej Naglič, Svoboda cerkva v Sloveniji, The Freedom of Churches in Slovenia, in Res Novae 2 (2017), 7-32, https://doi.org/10.62983/rn2865.172.1 [Anm.: übersetzt mithilfe von deepl].

Lovro Šturm / Blaž Ivanc, State and Church in Slovenia, in: Gerhard Robbers (Hg.), State and Church in the European Union, Baden-Baden 32019, 539-561.

Ana Vlahek / Matija Damjan, The Denationalisation of Agricultural Land and Forests in Slovenia: Unfolding a Decades-Long Journey, in: Journal of Agricultural and Environmental Law, XIX (2024) No. 37, 347-382, https://doi.org/10.21029/JAEL.2024.37.347.

eurel – Sociological and legal data on religions in Europe and beyond: Länderseite „Slovenia“, https://eurel.info/spip.php?rubrique64&lang=en.


[1] Aktuelle offizielle Zahlen über die Religionszugehörigkeit der Bevölkerung gibt es nicht. Die Zahlen der Volkszählung 2002 sind nicht nur veraltet, sondern aufgrund einer großen Zahl von Nichtdeklarierungen auch nicht aussagekräftig. Die letzte offizielle Statistik der katholischen Bischofskonferenz zählte für das Jahr 2022 1.480.156 Katholik:innen, was 69,92 Prozent der Bevölkerung entsprach. Vgl. https://katoliska-cerkev.si/letno-porocilo-katoliske-cerkve-v-sloveniji-2023?utm_

[2] Zu den nachfolgend aufgezählten Bereichen der Trennung von Staat und Religionen vgl.  Andrej Naglič, Svoboda cerkva v Sloveniji, The Freedom of Churches in Slovenia, in Res Novae 2 (2017), https://doi.org/10.62983/rn2865.172.1 [Anm.: übersetzt mithilfe von deepl], 7-32,16.

[3] Vgl. Andrej Naglič, Svoboda cerkva v Sloveniji, 17.

[4] Vgl. ebd.

[5] Zakon o verski svobodi, Uradni list RS 14/07; zuletzt geändert durch Uradni list RS 102/2023.

[6] Ratifiziert am 28.05.2004, veröffentlicht u.a. im Kundmachungsorgan des Heiligen Stuhls, den Acta Apostolicae Sedis: AAS 103 (2011) 519-527.

[7] Vgl. Art. 59f. slowenisches KöStG.

[8] Diese Vorteile sind freilich politisch umstritten. Vgl. die interreligiöse Stellungnahme vor der Erlassung des geltenden Gesetzes zur Grundsteuer, welches Ausnahmen für religiös genützte Liegenschaften enthält:  A Declaration by the Council of Christian Churches and the Islamic Community in the Republic of Slovenia regarding the Property Tax Law and the Freedom of Religion Law, 30.09.2013, http://en.katoliska-cerkev.si/a-declaration-by-the-council-of-christian-churches-and-the-islamic-community-in-the-republic-of-slovenia-regarding-the-property-tax-law-and-the-freedom-of-religion-law?utm_.

[9] Vgl. Art. 142 ff. slowenisches EStG.

[10] Vgl. https://cof.org/sites/default/files/Slovenia-ia.pdf.

[11] Sieh https://rechtundreligion.at/2024/07/15/steuerwidmung-fur-alle-statt-kirchenbeitrag-vor-und-nachteile-einer-mandatssteuer-zur-kirchenfinanzierung/ hier auf rechtundreligion.at.

[12] https://www.cnvos.si/en/ngo-sector-slovenia-arhiv/personal-income-tax-donations/.

[13] Zakon o denacionalizaciji,  Uradni list RS 27/1991.

[14] Dieses Verfahren ging bis zum EGMR und erlangte dadurch eine Bedeutung für die Beurteilung der Menschenrechtskonformität von rechtlichen Voraussetzungen für die Restitution langer zurückliegender Enteignungen auch außerhalb Sloweniens. Vgl. EGMR 4, Nadbiskupija Zagrebačka v. Slovenia, 27.05.2004, Rs. 60376/00. Der Gerichtshof gesteht dort den Mitgliedstaaten einen weiten Gestaltungspielraum zu. Obwohl die Tätigkeiten der Erzdiözese Zagreb auch (geringe) Bezüge zu Slowenien aufweist, hatte die Klage keinen Erfolg.

[15] Vgl. den Bericht auf: https://sloveniatimes.com/40158/denationalisation-still-ongoing-three-decades-on.

Kirche als Partner bei der Bewahrung der nationalen Identität und des kulturellen Erbes – Finanzierung der römisch-katholischen Kirche in Estland

Von Alexander Muhr.  ORCID logo

Die Finanzierung religiöser Gemeinschaften in Estland bewegt sich in einem komplexen Spannungsfeld zwischen dem verfassungsrechtlich verankerten Prinzip staatlicher Neutralität gegenüber Religion, den überwiegend privat-zivilen Finanzierungsstrukturen und den nur in begrenztem Umfang vorhandenen staatlichen Unterstützungsmechanismen. Das estnische Religionsrecht sieht keine institutionalisierte Kirchensteuer oder vergleichbare Formen öffentlicher Finanzierung vor. Religiöse Gemeinschaften sind daher in hohem Maße auf Eigenmittel, Spenden und internationale Unterstützung angewiesen.

In Estland sind über 500 religiöse Vereinigungen beim Innenministerium registriert.[1] Dabei ist zu beachten, dass das Ministerium jede Gemeinde einer Kirche oder Religionsgemeinschaft einzeln erfasst. Die römisch-katholische Kirche nimmt innerhalb dieses pluralen und stark säkularisierten Religionssystems eine zahlenmäßig sehr kleine Minderheitenposition ein. Nach Angaben des Annuario Pontificio 2024 zählt die katholische Kirche in Estland bei einer Gesamtbevölkerung von rund 1,39 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern lediglich etwa 6.800 Mitglieder.[2]  Damit gehören nur rund 0,5 Prozent der estnischen Bevölkerung der katholischen Kirche an. Ein bedeutsamer institutioneller Entwicklungsschritt erfolgte im September 2024, als Papst Franziskus die bisherige Apostolische Administratur von Estland zur immediaten Diözese Tallinn erhob.[3]

Rechtsrahmen der Kirchenfinanzierung in Estland

Das estnische Verfassungsrecht garantiert die Religionsfreiheit und stellt zugleich das Prinzip der Säkularität klar. Im Artikel 40 der estnischen Verfassung von 1992 heißt es dazu:

„Everyone is entitled to freedom of conscience, freedom of religion and freedom of thought. Everyone is free to belong to any church or any religious society. There is no state church. Everyone is free to practise his or her religion, alone or in community with others, in public or in private, unless this is detrimental to public order, public health or public morality.” [4]

Diese Bestimmung bildet die normative Grundlage dafür, dass der Staat grundsätzlich keine besonderen oder dauerhaften Privilegien zugunsten einzelner Religionsgemeinschaften vorsieht.

Das zentrale Instrument zur Organisation und Rechtsstellung religiöser Gemeinschaften in Estland ist der Kirikute ja koguduste seadus (Churches and Congregations Act),[5] der erstmals im Jahr 2002 erlassen und seither mehrfach novelliert wurde. Dieses Gesetz definiert unter anderem die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Finanzierung, Registrierung religiöser Körperschaften, die Rechtsfähigkeit einzelner Gemeinden, die Vertretungsbefugnisse ihrer Organe sowie die grundlegenden Beziehungen zwischen Staat und Religionsgemeinschaften.[6]

Gemäß § 5 Abs. 1 des Gesetzes besitzen Religionsgemeinschaften in Estland grundsätzlich den Status juristischer Personen, auf die ergänzend das Vereinsgesetz (Non-profit Associations Act)[7] Anwendung findet. Damit wird der rechtliche Status religiöser Organisationen im Sinne des Privatrechts festgelegt.[8] Darüber hinaus räumt
§ 25 des Churches and Congregations Act den Kirchen und Religionsgemeinschaften das Recht ein, von ihren Mitgliedern Mitgliedsbeiträge zu erheben, Gebühren für religiöse Riten einzuheben, Spendensammlungen für bestimmte Zwecke zu organisieren, Spenden und Nachlässe anzunehmen sowie Erträge aus dem eigenen Vermögen zu erzielen.[9] Damit verweist die gesetzliche Regelung auf ein im Wesentlichen privatrechtlich-autonomes Finanzierungsmodell, das auf Eigenmitteln und freiwilligen Zuwendungen beruht.

Neben diesen privatrechtlichen Finanzierungsformen bestehen in begrenztem Umfang staatliche oder kommunale Förderinstrumente, die über haushalts-, kultur- oder denkmalpolitische Programme gewährt werden. Ein zentrales Referenzdokument in diesem Zusammenhang ist das Grundsatzpapier Pühakodade säilitamine ja areng („Preservation and Development of Sacred Buildings“), das Möglichkeiten öffentlicher Zuschüsse zur Erhaltung und Entwicklung historisch oder kulturell bedeutsamer Kirchen und Sakralbauten vorsieht.[10]

Für die römisch-katholische Kirche gelten zusätzlich die Bestimmungen des bilateralen Abkommens zwischen der Republik Estland und dem Heiligen Stuhl[11]  (Konkordat). Dieses Abkommen verleiht der katholischen Kirche ausdrücklich den Status einer juristischen Person im Sinne des estnischen Zivilrechts[12]  und regelt darüber hinaus Fragen des Eigentums, der religiösen Bildung sowie der pastoralen Betreuung in öffentlichen Institutionen wie Schulen, Krankenhäusern und sozialen Einrichtungen.[13]

Struktur und Quellen der Kirchenfinanzierung

Während die Estnische Evangelisch-Lutherische Kirche und die Estnische Apostolische Orthodoxe Kirche[14] im Jahr 2018 einmalig insgesamt 8,2 Millionen Euro an Direktzahlungen als Ausgleich für Schäden und Zerstörungen infolge des Zweiten Weltkriegs und der sowjetischen Besatzung erhielten,[15]  erhält die katholische Kirche in Estland keine direkte oder automatische finanzielle Unterstützung.[16]  Die wichtigste Einnahmequelle der katholischen Kirche sind freiwillige Spenden und Kollekten ihrer Mitglieder. Zwar besteht grundsätzlich die Möglichkeit, einen verpflichtenden Mitgliedsbeitrag zu erheben, doch wird dieser von der katholischen Kirche in Estland derzeit nicht eingezogen. Daher hängt die finanzielle Stabilität der Kirche maßgeblich von der Spendenbereitschaft der Gläubigen ab. Leider liegen seitens der katholischen Kirche in Estland beziehungsweise der Diözese Tallinn keine umfassenden Berichte über die finanzielle Situation vor.

Abgesehen davon gibt es Begünstigungen und Steuerbefreiungen für religiöse Gemeinschaften. Diese sind jedoch nicht als direkte Förderungen zu verstehen, sondern stellen eine Form indirekter Unterstützung dar. Während solche indirekten Zuschüsse in früheren Zeiten in Form von Steuervergünstigungen vergleichsweise großzügig ausfielen, ist in jüngerer Zeit eine Abkehr von automatischen Vergünstigungen und eine stärkere Gleichstellung zwischen religiösen Gemeinschaften und anderen gemeinnützigen Organisationen zu beobachten. Beispielsweise gibt es seit 2011 keine automatische Befreiung von der Einkommensteuer mehr, wie sie zuvor galt. Vor 2011[17]  wurden in Estland registrierte religiöse Vereinigungen automatisch in die Liste der steuerbefreiten Organisationen aufgenommen, während herkömmliche gemeinnützige Organisationen einen entsprechenden Antrag stellen mussten. Mit der Änderung des Einkommenssteuergesetzs 2011[18]  wurde ein Kompromiss geschaffen: Alle religiösen Vereinigungen, die am 31. Dezember 2010 bereits in der Liste der steuerbefreiten Organisationen verzeichnet waren, wurden ab dem 1. Januar 2011 automatisch übernommen. Seitdem müssen neu gegründete religiöse Vereinigungen, ebenso wie andere Organisationen, einen Antrag auf Aufnahme in die Liste der steuerbefreiten Organisationen stellen.[19]

Religiöse Vereinigungen genossen bis 2007 bestimmte Privilegien in Bezug auf die Mehrwertsteuer. Diese wurden in der Regel als Vergünstigungen auf den regulären Steuersatz gewährt. So konnten religiöse Organisationen beispielsweise bis zum 1. Juli 2007 Strom zu einem reduzierten Steuersatz von 5 % statt des regulären Satzes von 18 %[20]  beziehen. Dieses Privileg galt nicht für andere gemeinnützige Organisationen und besteht heute nicht mehr.[21]

Darüber hinaus sind religiöse Vereinigungen von der Grundsteuer befreit.[22]  Die Grundsteuer wird nicht auf Grundstücke erhoben, auf denen Kultstätten von Kirchen und Gemeinden liegen.[23]

Eine weitere Form der zumindest indirekten Kirchenfinanzierung stellen staatliche Mittel zum Erhalt von Kirchen und anderen religiösen Gebäuden dar. Da sakrale Bauwerke in der Regel einen erheblichen historischen, kulturellen und künstlerischen Wert besitzen, ist der Staat verpflichtet, zusätzliche Finanzmittel zur Unterstützung von Kirchen und Religionsgemeinschaften bei der Erhaltung dieser Gebäude bereitzustellen.[24] Die Höhe der bereitgestellten Mittel hängt dabei von den verfügbaren Haushaltsressourcen ab. Am 18. März 2003 verabschiedete die estnische Regierung das bereits eingangs erwähnte Grundsatzpapier Pühakodade säilitamine ja areng (Erhaltung und Entwicklung sakraler Gebäude). Obwohl es sich hierbei nicht um ein Gesetz handelt, bildete das Dokument die Grundlage für eine Reihe finanzieller Maßnahmen zur Förderung und Entwicklung von Kirchen im Zeitraum von 2003 bis 2013. Das Programm wurde später für die Jahre 2014–2018 überarbeitet und fortgeführt. Auf Basis dieses Grundsatzpapiers, das die historische, kulturelle und gemeinschaftliche Bedeutung christlicher Kirchen ausdrücklich anerkannte, wurden jährlich Mittel für die Erhaltung und Renovierung sakraler Gebäude aus dem Staatshaushalt bereitgestellt. Zwischen 2003 und 2013[25] wurden insgesamt 9,23 Millionen Euro für entsprechende Projekte gewährt. Für das Anschlussprogramm 2014–2018 standen 3,6 Millionen Euro zur Verfügung. Insgesamt stellte der Staat zwischen 2004 und 2018[26] rund 13 Millionen Euro zur Umsetzung der Programmziele bereit. Da der überwiegende Teil der historisch wertvollen Kirchen im Besitz der Evangelisch-Lutherischen Kirche Estlands sowie der Estnisch-Apostolischen Orthodoxen Kirche liegt, entfiel der größte Anteil der Mittel auf diese beiden Gemeinschaften.[27]

Spenden und Projektunterstützung durch kirchliche Einrichtungen aus dem Ausland

Neben Mitteln aus Spenden und Kollekten der Mitglieder sowie Zuschüssen und Steuererleichterungen der öffentlichen Hand erhält die Katholische Kirche in Estland auch Projektförderungen von anderen kirchlichen Einrichtungen und Stiftungen.

So fördern beispielsweise die kirchliche Stiftung Bonifatiuswerk[28] und der Verein Renovabis[29]  seit Jahrzehnten gemeinsam Projekte in Estland. Das Bonifatiuswerk finanzierte in der Vergangenheit vor allem Bauhilfen für verschiedene kirchliche Gebäude in Estland, darüber hinaus aber auch Personalkosten sowie pastorale Projekte.[30]  Der Verein Renovabis unterstützt die katholische Kirche in Estland jährlich mit etwa 100.000 Euro. Nach Angaben des Vereins wurden seit 1992 insgesamt rund 3,67 Millionen Euro für die Unterstützung der Kirche in Estland bereitgestellt.[31]

Besoldung der Priester und Angestellten der Katholischen Kirche in Estland

Die Vergütung von Priestern sowie anderer Personen, die für Kirchen oder sonstige Religionsgemeinschaften tätig sind, erfolgt durch die jeweiligen religiösen Organisationen selbst.[32]  Militär-, Gefängnis- und Polizeiseelsorger hingegen besitzen den Status von Beamten und werden vollständig aus öffentlichen Haushaltsmitteln finanziert. Die Gefängnisseelsorge untersteht der Koordination des Justizministeriums, während die Militärseelsorge dem Zuständigkeitsbereich des Verteidigungsministeriums zugeordnet ist. Ein institutionell verankertes Seelsorgesystem in Krankenhäusern besteht derzeit nicht. Im Jahr 2007 wurde der Seelsorgedienst innerhalb der estnischen Polizei eingeführt. Zur Ausübung des Seelsorgeamtes sind ausschließlich Personen berechtigt, die einer Kirche angehören, welche Mitglied des Estnischen Kirchenrats[33] ist. Die Seelsorgetätigkeit ist dabei interkonfessionell und ökumenisch ausgerichtet. Die Organisation dieser Seelsorgebereiche beruht gegenwärtig auf einer Kooperationsvereinbarung[34] zwischen dem Estnischen Kirchenrat und dem Staat.[35]

Lehrkräfte für den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen werden aus staatlichen beziehungsweise kommunalen Mitteln vergütet. [36]

Aktuelle Entwicklung – Novellierung des Church Acts

Seit den Jahren 2024/2025 wird in Estland intensiv über die Novellierung des Churches and Congregations Act[37] debattiert, die das Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaften neu zu definieren sucht. Nach offiziellen Angaben verfolgen die geplanten Änderungen das Ziel, den Einfluss ausländischer politischer Akteure über religiöse Organisationen einzuschränken. In der politischen und öffentlichen Diskussion richtete sich der Fokus jedoch vornehmlich auf die Verbindungen der Esnisch-Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriachats.[38]

Das Parlament hat mehrere Fassungen des Gesetzes beraten und in überarbeiteter Form verabschiedet. Präsident Alar Karis hat das Gesetz jedoch bereits zweimal aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken an das Parlament zurückverwiesen und es zuletzt im September 2025 dem Obersten Gerichtshof zur verfassungsrechtlichen Prüfung vorgelegt. Zentrale Streitpunkte betreffen insbesondere die mögliche Verletzung des Grundrechts auf Religionsfreiheit sowie die unbestimmten Formulierungen im Gesetzestext, die staatliche Eingriffe in religiöse Lehren und Organisationsstrukturen ermöglichen könnten.[39]


[1] Siehe dazu die Übersicht des estnischen Innenministeriums aus dem Jahr 2012: Eestis registreeritud usulised ühendused (In Estland registrierte religiöse Vereinigungen), https://www.siseministeerium.ee/sites/default/files/documents/2020-12/Eestis%20registreeritud%20usulised%20%C3%BChendused.pdf (Abgerufen, am 22.10.2025); Die Übersicht ist über die Webseite des Innenministeriums unter der Rubrik „Religiöse Angelegenheiten“ Abrufbar: https://www.siseministeerium.ee/tegevusvaldkonnad/sidus-uhiskond/usuasjad (Abgerufen, am 22.10.2025).

[2] Vgl. Annuario Pontificio per l‘anno 2024, S. 1217.

[3] Vgl. Presseamt des Hl. Stuhls, Elevation to diocese of the apostolic administration of Estonia, and appointment of first bishop, Estonia, in: Tägliches Bulletin vom 26. September 2024,  https://press.vatican.va/content/salastampa/en/bollettino/pubblico/2024/09/26/240926b.html (Abgerufen, am 21.10.2025).

[4] § 40 Eesti Vabariigi põhiseadus (The Constitution of the Republic of Estonia), RT 1992, 26, 349, https://www.riigiteataja.ee/en/eli/521052015001/consolide?utm (Abgerufen, am 21.10.2025).

[5] Kirikute ja koguduste seadus (Churches and Congregations Act), RT I 2002, 24, 135, https://www.riigiteataja.ee/en/eli/511012018004/consolide?utm (Abgerufen, am 21.10.2025).

[6] Vgl. §§ 1, 5, 13, 24, 25, 26 und 27 Churches and Congregation Act.

[7] Mittetulundusühingute seadus (Non-profit Associations Act) RT I 1996, 42, 811, https://www.riigiteataja.ee/en/eli/510042014003/consolide (Abgerufen, am 21.10.2025).  

[8] Churches and Congregations Act § 3

[9] Ebd. § 25

[10] Vgl. Kiviorg, Merilin, Financing of Religious Communities in Estonia, in: Brigitte Basdevant-Gaudemet, Salvatore Berlingó (Hg.), The Financing of Religious Communities in the European Union, Leuven 2009, S. 138f.

[11] Eesti Vabariigi ja Püha Tooli vaheline kokkulepe katoliku kiriku õigusliku staatuse kohta Eesti Vabariigis (Abkommen zwischen der Republik Estland und dem Heiligen Stuhl über die Rechtsstellung der katholischen Kirche in der Republik Estland), RT II 1999, 7, 47, https://www.riigiteataja.ee/akt/79173 (Abgerufen, am 21.10.2025).

[12] Vgl. Ebd. Art. 2.

[13] Vgl. Ebd. Art. 2, 7 und 9.

[14] Anm.: In Estland gibt es aus historischen Gründen zwei orthodoxe Kirchen. Einerseits existiert die Estnische Apostolische Orthodoxe Kirche, die unter dem Ökumenischen Patriarchat steht, und andererseits die Estnisch-Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats. Einer Statistik des estnischen Innenministeriums aus dem Jahr 2013 zufolge zählt die Estnische Apostolische Orthodoxe Kirche rund 27.000 Mitglieder und die Estnisch-Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats rund 170.000 Mitglieder. Vgl. Statistische Daten des estnischen Innenministeriums, https://www.siseministeerium.ee/sites/default/files/documents/2020-12/Statistilisi%20andmeid%20vaimulike%20kohta.pdf (Abgerufen, am 22.10.2025); Die Übersicht ist über die Webseite des Innenministeriums unter der Rubrik „Religiöse Angelegenheiten“ Abrufbar: https://www.siseministeerium.ee/tegevusvaldkonnad/sidus-uhiskond/usuasjad (Abgerufen, am 22.10.2025).

Für weitere Informationen zur Orthodoxie in Estland: Laitinen, Aappo, Die orthodoxen Kirchen Finnlands und Estlands, in: Thomas Bremer, Hacik Rafi Gazer, Christian Lange (Hgg.), Die orthodoxen Kirchen der byzantinischen Tradition, Darmstadt 2013, S. 101-106.

[15] Vgl. Vahtla, Aili, Estonian government supports legalizing damages compensation to churches, in news.err (05.04.2018), https://news.err.ee/694209/estonian-government-supports-legalizing-damages-compensation-to-churches (Abgerufen, am 17.10.2025). Anm.: Der Eesti Rahvusringhääling (ERR) ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Estland.

[16] Vgl. Kiviorg, Merilin, Religion and Law in Estonia. Third Edition, Alphen aan den Rijn, 2021, S. 124.

[17] Siehe dazu den Gesetzestext, der bis 2011 gültig war: § 11 Income Tax Act (Tulumaksuseadus) RT I 1999, 101, 903, https://www.riigiteataja.ee/akt/78069 (Abgerufen, am 21.10.2025).

[18] Siehe dazu: Income Tax Act (Tulumaksuseadus) RT I, 23.12.2013, 23, https://www.riigiteataja.ee/akt/123122013023 (Abgerufen, am 21.10.2025).

[19] Vgl. Kiviorg, Religion and Law in Estonia, 2021, S. 125.

[20] Siehe dazu das estnische Mehrwertsteuergesetz: Value Added Tax Act (Käibemaksuseadus) RT I 2001, 64, 368, https://www.riigiteataja.ee/akt/603989 (Abgerufen, am 21.10.2025).

[21] Vgl. Kiviorg, Religion and Law in Estonia, 2021, S. 126.

[22] Siehe dazu: § 4 Abs. 5 Land Tax Act (Maamaksuseadus) RT I 1993, 24, 428, https://www.riigiteataja.ee/akt/MaaMS (Abgerufen, am 31.10.2025).

[23] Vgl. Kiviorg, Religion and Law in Estonia, 2021, S. 126.

[24] Siehe dazu: Heritage Conservation Act (Muinsuskaitseseadus) aus 2002 (bis 2019 gültig), RT I 2002, 27, 153, https://www.riigiteataja.ee/akt/27815 (Abgerufen, am 22.10.2025). In Verbindung mit dem Heritage Conservation Act (Muinsuskaitseseadus) aus 2019, RT I, 19.03.2019, 13, https://www.riigiteataja.ee/akt/119032019013 (Abgerufen, am 22.10.2025).

[25] Vgl. Estnische Denkmalschutzbehörde (Muinsuskaitseamet), Erhaltung und Entwicklung von Kultstätten Nationales Programm 2003–2013, Tallinn 2013, S. 11, https://muinsuskaitseamet.ee/sites/default/files/documents/2024-02/Pühakodade säilitamine ja areng_Riiklik progamm 2003 kuni 2013.pdf? (Zugriff, am 17.10.2025).

[26] Vgl. Estnische Denkmalschutzbehörde (Muinsuskaitseamet), Erhaltung und Entwicklung von Kultstätten Nationales Programm 2014–2018, Tallinn 2019, S. 18, https://www.muinsuskaitseamet.ee/sites/default/files/documents/2024-02/Raamat_Puhakodade%20sailitamine%20ja%20areng%202014-2018_v.pdf (Zugriff, am 17.10.2025).

[27] Vgl. Kiviorg, Religion and Law in Estonia, 2021, S. 126f.

[28] Siehe dazu den Onlineauftritt des Bonifatiuswerk und dort die Übersicht über die geförderten Projekte in Estland: https://www.bonifatiuswerk.de/de/projekte/estland (Zugriff, am 17.10.2025).

[29] Siehe dazu die Übersichtsseite des Vereins Renovabis: https://www.renovabis.de/laender/baltikum/estland/#projektfoerderung (Zugriff, am 17.10.2025).

[30] Vgl. Nowak, Markus, Katholisch im Baltikum. Estland und Lettland – Facetten einer Diasporakirche, Paderborn 2024, S. 73-75.

[31] Vgl. Ebd. S. 78.

[32] Vgl. Kiviorg, Religion and Law in Estonia, 2021, S. 130.

[33] Anm. Der Estnische Kirchenrat wurde am 16. Februar 1989 gegründet und besteht aus zehn christlichen Kirchen, darunter die beiden größten Kirchen Estlands – die Evangelisch-Lutherische Kirche und die Estnisch-Apostolisch-Orthodoxe Kirche, aber auch die wesentlich kleinere Katholische Kirche in Estland ist Mitglied. Er koordiniert die Zusammenarbeit der Kirchen untereinander sowie die Zusammenarbeit mit dem estnischen Staat. Siehe dazu: Offizielle Webseite des estnischen Kirchenrats: https://ekn.ee/ (Zugriff, am 20.10.2025). 

[34] Protokoll über gemeinsame Interessen zwischen der Regierung der Republik Estland und dem Estnischen Kirchenrat vom 17. Oktober 2002, https://www.siseministeerium.ee/sites/default/files/documents/2021-10/eesti_vabariigi_valitsuse_ja_eesti_kirikute_noukogu_uhishuvide_protokoll.pdf (Zugriff, am 20.10.2025).

[35] Vgl. Kiviorg, Religion and Law in Estonia, 2021, S. 130. 

[36] Vgl. Kiviorg, Merilin, State and Church in Estonia, in: Gerhard Robbers (Hg.), State and Church in the European Union, Baden-Baden 2019, S. 141.

[37] Siehe dazu: Stand der Beratung zur geplanten Änderung des Gesetzes auf der Webseite des estnischen Parlaments: https://www.riigikogu.ee/tegevus/eelnoud/eelnou/133fc804-5a56-46f8-b595-84cc2a66465f/kirikute-ja-koguduste-seaduse-muutmise-seaduse-eelnou-570-ua/ (Zugriff, am 20.10.2025). Bzw. die Veröffentlichung des estnischen Innenministeriums zum geplanten Gesetz: https://www.siseministeerium.ee/kirikute-ja-koguduste-seaduse-muudatus (Abgerufen, am 22.10.2025).

[38] Vgl. Pressemitteilungen des estnischen Parlaments vom 18. Juni 2025, https://www.riigikogu.ee/pressiteated/oiguskomisjon-et-et/riigikogu-kiitis-heaks-uuenenud-kirikute-ja-koguduste-seaduse-muudatused (Zugriff, am 20.10.2025).

[39] Vgl. Krjukov, Aleksander; Turovski, Marcus, President takes controversial church law amendments to Supreme Court, in news.err.ee (03.10.2025), https://news.err.ee/1609819758/president-takes-controversial-church-law-amendments-to-supreme-court (Abgerufen, am 20.10.2025).

Tradition verpflichtet? Zur Finanzierung von Religionsgemeinschaften in Litauen

Von Julia Weingartler.  ORCID logo

DOI: 10.25365/phaidra.728

Als einziges Land im Baltikum hat Litauen eine mehrheitlich katholische Bevölkerung. Die Volkszählung 2021 ergab, dass sich 74,2 % der Bevölkerung als katholisch verstanden.[1] Jedoch findet sich in Litauen keine Staatsreligion,[2] sondern ein kooperatives Miteinander zwischen Staat und Religionsgemeinschaften[3]. Art. 26 der Verfassung garantiert die Gewissens- und Religionsfreiheit. Es wird zwischen traditionellen und gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften unterschieden. Die traditionellen Religionsgemeinschaften sind jene, die das historische, spirituelle und soziale Erbe Litauens beeinflussen. Hierzu zählen die Römisch-Katholische, die Griechisch-Katholische, die Evangelisch-Lutherische, die Evangelisch-Reformierte, die Orthodoxe Kirche, die Altgläubigen[4], die jüdische und die sunnitisch-muslimische Gemeinschaft, sowie die Karäer[5].[6] Viele staatliche Privilegien sind auf diese Gruppe beschränkt, etwa im Bereich des Religionsunterrichts oder auch hinsichtlich staatlicher finanzieller Zuschüsse. Zusätzlich zu den traditionellen Religionsgemeinschaften können noch weitere staatlich anerkannt werden, wobei diese mindestens seit 25 Jahren in Litauen bestehen müssen.[7]

Staatliche Unterstützungszahlungen

Im staatlichen Haushaltsplan des Finanzministeriums ist jährlich ein Budget für die Erhaltung von kulturellen Denkmälern und anderen Aufwänden von traditionellen Religionsgemeinschaften vorgesehen.[8] Für die Jahre 2025 bis 2027 sind den Religionsgemeinschaften jährlich 1,9 Mio. Euro zugewiesen.[9] Hiervon erhält jede traditionelle Religionsgemeinschaft einen Fixbetrag von 3.000 €. Die restliche verfügbare Summe wird entsprechend der Mitgliederzahlen der Religionsgemeinschaften aufgeteilt.[10] Dadurch entfällt der Größte Teil der Summe auf die Katholische Kirche[11], während den anderen Religionsgemeinschaften nur relativ geringe Beiträge zukommen. Im Konkordat ist mit Blick auf die Katholische Kirche geregelt, dass karitative und soziale Einrichtungen staatliche Unterstützung erhalten sollen.[12]

Seit 2024 wird bei der Verteilung des Budgets zwischen zwei orthodoxen Gemeinschaften unterschieden: der litauisch-orthodoxen Erzdiözese, die dem Moskauer Patriarchat unterstellt ist, und dem Exarchat des Ökumenischen Patriarchats. Ursprünglich erhielten beide denselben Betrag in der Höhe von 77.600 €.[13] 2025 wichen die zugewiesenen Beträge jedoch voneinander ab, denn die litauisch-orthodoxe Erzdiözese des Moskauer Patriarchats erhielt 72.800 € und das Exarchat des Ökumenischen Patriarchats nur noch 18.500 €.[14]

Darüber hinaus besteht ein Förderprogramm des Kulturministeriums, dass auf Antrag bestimmte Projekte finanziell unterstützt. Unter den geförderten Projekten finden sich auch zahlreiche Denkmäler von Religionsgemeinschaften.[15] Im Jahr 2023 entfielen 3,3 Prozent der Staatsausgaben auf den Bereich „Erholung, Kultur und Religion“.[16]

Unterstützung im Bildungsbereich

Das Gesetz über die Religionsgemeinschaften legt fest, dass in staatlichen Schulen Religionsunterricht traditioneller und staatlich anerkannter Religionsgemeinschaften abgehalten werden kann, wenn dies von den Eltern und Erziehungsberechtigten beantragt wird.[17]  Eine Eingrenzung hierzu findet sich im Bildungsgesetz, in dem nur noch von einer Wahl zwischen dem Religionsunterricht einer traditionellen Religionsgemeinschaft und einem Ethikunterricht festgeschrieben wird.[18] Ab dem 14. Lebensjahr dürfen die Schüler:innen diese Entscheidung selbstständig treffen, zuvor kommt sie ihren Eltern und Erziehungsberechtigten zu.[19] Die Lehrpläne für den Religionsunterricht sollen von der jeweiligen traditionellen Religionsgemeinschaft erstellt werden und erhalten im Anschluss eine Genehmigung des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft.[20] Ähnlich ist für den katholischen Religionsunterricht festgelegt, dass die Lehrpläne und Schulbücher von der Litauischen Bischofskonferenz in Zusammenarbeit mit den staatlichen Stellen organisiert und zur Verwendung freigegeben werden sollen. Die Finanzierung der Schulbücher soll nach einem Verfahren erfolgen, dass von den beteiligten Parteien erstellt wurde.[21]

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass Religionsgemeinschaften eigene Schulen und auch Einrichtungen für die Ausbildung ihrer Geistlichen und Religionslehrer:innen gründen, wobei jene Bildungseinrichtungen traditioneller Religionsgemeinschaften, die sich auf staatlichem Niveau der Allgemeinbildung widmen, staatlich finanziert werden. Die Finanzierung entspricht hierbei jener, die auch eine gleichwertige kommunale Bildungseinrichtung je Schüler:in erhalten würde.[22] Darüber hinausgehende katholische Bildungsangebote werden von ihrem jeweiligen Verantwortlichen finanziert.[23] Für das Jahr 2026 erhalten 11 Schulen von Religionsgemeinschaften eine staatliche Unterstützung.[24]

Wirtschaftliche und arbeitsrechtliche Aspekte

Die Religionsgemeinschaften haben das Recht wirtschaftlich und publizistisch tätig zu sein,[25] wobei die Besteuerung ihrer Einkünfte gemäß dem Steuergesetz erfolgt.[26] Einige Ausnahmen in Bezug auf Religionsgemeinschaften werden im Kapitel über die indirekte Finanzierung aufgegriffen.

Sozialversicherungsbeiträge

Es besteht die Möglichkeit, dass der Klerus durch Mittel der Religionsgemeinschaft oder auch unmittelbar durch die Gläubigen unterstützt wird.[27] Für die Angestellten müssen die gesetzlichen Beiträge an die Sozialversicherungskassen entrichtet werden. Für Geistliche und andere Personen, die ohne Arbeitsvertrag für eine Religionsgemeinschaft tätig sind, ist hier geregelt, dass sie Sozialversicherungsbeiträge selbst bezahlen können.[28] Im Sozialversicherungsgesetz wird jedoch spezifiziert, dass die Beiträge von Klerikern und Mönchen entsprechend des Mindestlohns durch den Staat bezahlt werden.[29] Dieses Privileg bezieht sich nicht auf andere Personen, die bei Religionsgemeinschaften angestellt sind. Diese haben die Möglichkeit selbst oder durch ihren Arbeitgeber eine freiwillige Pensionsversicherung abzuschließen. Auch Kleriker, die säkularen Institutionen angestellt sind, müssen dieselben Leistungen zur Pensionsversicherung abführen wie auch andere Personen.

Anstaltsseelsorge

In Litauen ist eine Zusammenarbeit zwischen Staat und Religionsgemeinschaften im Bereich der Anstaltsseelsorge vorgesehen. Etwa für den Bereich des inneren Dienstes, zu dem die Polizei gehört, ist festgelegt, dass mit den Religionsgemeinschaften Vereinbarungen über die Seelsorge in diesem Bereich getroffen werden können.[30] Auch in Einrichtungen im Bereich der Gesundheit kann die Seelsorge zwischen den Leitern der Einrichtungen und anerkannten Religionsgemeinschaften, wobei die Katholische Kirche und die Evangelisch-Reformierte Kirche hervorgehoben werden, vertraglich geregelt werden.[31]

Militärkapläne können von traditionellen Religionsgemeinschaften entsandt werden.[32] Im Bereich der katholischen Militärseelsorge ist eine angemessene materielle Unterstützung seitens des Staates vorgesehen.[33] Detaillierter beinhaltet diese Unterstützung eine Finanzierung des Ordinariatshaushaltes und die Erstattung weiterer Ausgaben.[34] Darin enthalten sind auch die Kosten für die Ausstattung, Instandhaltung und den Betrieb von Kirchen und Kapellen, die in den Militärstützpunkten zur Verfügung gestellt werden.[35] Darüber hinaus ist die Vergütung des Ordinarius in der Höhe dem Gehalts eines Brigadegenerals im ersten Dienstjahr gleichgestellt.[36] Die Militärkapläne erhalten Offiziersränge und die damit verbundenen sozialen Sicherheiten.[37]  Die Evangelisch-Reformierte Kirche hat ebenfalls einen Vertrag mit der Republik Litauen über die Militärseelsorge getroffen,[38] worin jedoch keine finanzielle Unterstützung des Staates zugesagt wird.

Restitution

1995 wurde die Rückgabe von enteignetem unbeweglichem Eigentum an staatlich anerkannte Religionsgemeinschaften gesetzlich geregelt. Jene Gebäude, die den Religionsgemeinschaften vor dem Beginn der sowjetischen Zeit 1940 gehörten, waren davon betroffen. Anderer Grundbesitz wie etwa Wälder oder Parks sind von diesem Gesetz ausgenommen.[39] Der Religionsgemeinschaft soll die Immobilie mit einigen Ausnahmen direkt zurückgegeben werden.[40] Wenn eine direkte Rückgabe etwa im Falle einer Zerstörung oder Weiterveräußerung nicht möglich ist, kann die Entschädigung durch ein gleichwertiges anderes unbewegliches Vermögensgut, durch eine Finanzzahlung oder durch Unterstützung bei Restaurierungsarbeiten erfolgen.[41]

Außerdem bestehen Gebäude, die in der sowjetischen Zeit verstaatlicht wurden, jedoch weiterhin von den Religionsgemeinschaften genutzt werden konnten.[42] Obwohl die Grundstücke in staatlichem Eigentum bleiben, sind die Nutzungsrechte der Religionsgemeinschaften rechtlich gesichert.

Schließlich verfolgt die sogenannte „Good Will Compensation“ das Ziel das Eigentum der jüdischen Religionsgemeinschaft wiederherzustellen, wenn eine Rückgabe an Rechtsnachfolger nicht möglich war. Der Staat verpflichtete sich zwischen 2013 und 2023 37 Mio. € an eine Stiftung, den „Good Will Fund“, zu bezahlen.[43] Die Mittel sollen für religiöse, kulturelle und soziale Zwecke der jüdischen Gemeinden verwendet werden.[44]

Steuerbegünstigungen

Eine Befreiung von der Einkommenssteuer liegt mit Blick auf den Unterhalt von Geistlichen, religiösen Amtsträgern und anderem Personal traditioneller Religionsgemeinschaften vor. Ausgenommen sind hiervon nur jene Personen, die in Bau, Reparatur oder Restaurierung arbeiten.[45] Außerdem haben natürliche Personen die Möglichkeit 1,2% ihrer Einkommenssteuer juristischen Personen zu widmen.[46] Bis Ende 2024 konnte eine solche Steuerwidmung auch für Religionsgemeinschaften und Bildungseinrichtungen vorgenommen werden, durch eine Gesetzesänderung können nun jedoch nur noch NGOs begünstigt werden.[47]

Handlungen und Dienstleistungen von Religionsgemeinschaften, die für die Erfüllung ihrer internen Ziele benötigt werden, sind von der Umsatzsteuer befreit.[48] Darüber hinaus besteht eine Befreiung von der Umsatzsteuer, wenn sie Personal für das Gesundheitswesen, den Sozial- oder den Bildungsbereich zur Verfügung stellen.[49]

Spenden für religiöse Zwecke sind steuerbegünstigt.[50] Spenden an die Katholische Kirche, die für pastorale, erzieherische oder karitative Bereiche verwendet werden, werden nicht besteuert.[51] Traditionelle Religionsgemeinschaften müssen den Status als steuerbegünstigten Unterstützungsempfänger nicht beantragen, sondern besitzen diesen automatisch.[52] Die erhaltenen Spenden sind zweckgebunden. Sie dürfen nur für Tätigkeiten verwendet werden, die in den Normen und Statuten der Religionsgemeinschaft als gesellschaftlich nützlich erklärt wurden.[53] Die Religionsgemeinschaften sollen die Unterstützungen gemäß ihren eigenen Normen verbuchen, wobei es den traditionellen Religionsgemeinschaften freisteht anonyme Spenden anzunehmen, ohne dass diese in ihrer Buchhaltung aufscheinen. Wenn eine traditionelle Religionsgemeinschaft in einem Kalenderjahr nur anonyme Spenden erhalten hat, ist sie von den staatlichen Berichtspflichten befreit.[54]

Religiöse Gebäude, die im Besitz von natürlichen Personen stehen, sind bis zu einem Betrag von 150.000 € von der Immobiliensteuer befreit.[55] Außerdem ist auch das unbewegliche Vermögen traditioneller Religionsgemeinschaften sowie das unbewegliche Vermögen anderer Religionsgemeinschaften, das nicht kommerzielle Zwecke verwendet wird, von der Immobiliensteuer befreit.[56] Hinzu kommt eine Steuerbefreiung für unbewegliches Vermögen auf einem Friedhof.[57] Dazu regelt das Konkordat, dass Gebäude im Besitz der Katholischen Kirche, deren Verwendung im Bereich der Pastoral, der Caritas, des Sozialen, der Erziehung oder der Kultur liegen, steuerbefreit sind.[58] Auch Grundstücke im Besitz von traditionellen und anderen Religionsgemeinschaften sind von der Grundsteuer befreit.[59]

Hilfsmittel

DeepL wurde in der gesamten Arbeit zur Übersetzung aller zitierten fremdsprachigen Textpassagen verwendet.

Weiterführende Literatur

Kuznecoviene, Jolanta, The financing of religious communities in Lithuania, in: Brigitte Basdevant-Gaudemet (Hg.), The financing of religious communities in the European Union, Leuven u. a. 2009, 241–249.

Kuznecoviene, Jolanta – Glodenis, Donata, State and Church in Lithuania, in: Gerhard Robbers (Hg.), State and Church in the European Union, Baden-Baden 32019, 325–351.


[1] Vgl. Oficialiosios statistikos portalas: 2021 m. gyventojų ir būstų surašymas: gyventojų etnokultūrinės charakteristikos (Volks- und Wohnungszählung 2021: ethnokulturelle Merkmale der Bevölkerung). 15.03.2022. URL https://osp.stat.gov.lt/informaciniai-pranesimai?articleId=9792051 (Abruf: 18.10.2025).

[2] Vgl. Art. 43 Lietuvos Respublikos Konstitucija (Verfassung der Republik Litauen) 25.10.1992. URL: https://www.e-tar.lt/portal/lt/legalAct/TAR.47BB952431DA (Abruf: 18.10.2025).

[3] Vgl. Art. 7 Lietuvos Respublikos religinių bendruomenių ir bendrijų įstatymas (Gesetz der Republik Litauen über religiöse Gemeinschaften und Vereinigungen). 04.10.1995 idF 1.5.2023. URL: https://www.e-tar.lt/portal/lt/legalAct/TAR.B4DBBD7C388A/kjfjWxeKwX (Abruf: 18.10.2025).

[4] Die Altgläubigen trennten sich im 17. Jahrhundert im Zuge einer Kultusreform von der Großkirche. Nähere Informationen: Hauptmann, Peter: Altgläubige – Raskol, in: LTHK3 1, Sp. 465–467.

[5] Die Karäer sind eine jüdische Gruppierung, die die mündliche Tradition ablehnen und sich rein auf die Schrift beziehen. Nähere Informationen: Chiesa, Bruno: Karäer, in: LTHK3 5, Sp. 1228–1229.

[6] Vgl. Art. 5 Gesetz über religiöse Gemeinschaften.

[7] Vgl. Ebd., Art. 6.

[8] Vgl. Art. 13 (3) Nr. 4 Lietuvos Respublikos 2025–2027 metų biudžeto patvirtinimo įstatymas (Gesetz zur Verabschiedung des Haushaltsplans der Republik Litauen für die Jahre 2025–2027) 24.12.2024. URL: https://e-seimas.lrs.lt/portal/legalAct/lt/TAD/c46cb880c13d11ef940bca4d136e126f?positionInSearchResults=0&searchModelUUID=7fb97694-b35d-4515-8b9b-b462162430b6 (Abruf: 20.10.2025).

[9] Vgl. Gesetz zur Verabschiedung des Haushaltsplans.

[10] Vgl. Art. 3 Lėšų tradicinių lietuvos religinių bendruomenių, bendrijų ir centrų maldos namams atstatyti ir kitoms reikmėms paskirstymo tvarkos aprašas (Beschreibung der Verfahren zur Verteilung von Mitteln für die Wiederherstellung von Gebetshäusern und andere Zwecke traditioneller religiöser Gemeinschaften, Vereinigungen und Zentren in Litauen) 25.02.2025. URL: https://www.e-tar.lt/portal/lt/legalAct/c49b0856f2bd11ef8bf78f8ccc0e0474 (Abruf: 20.10.2025).

[11] 2025 erhielten die Römisch-Katholische Kirche 1.751.000 € und die Griechisch-Katholische Kirche 3.700 €. Vgl. Art. 1–2  Dėl lėšų paskirstymo tradicinių Lietuvos bažnyčių ir religinių organizacijų vadovybėms (Über die Verteilung der Mittel an die Leitungen der traditionellen Kirchen und religiösen Organisationen Litauens) 01.04.2025. URL: https://www.e-tar.lt/portal/lt/legalAct/09f33c010e3011f08e9f87c0d053bf09 (Abruf: 20.10.2025).

[12] Vgl. Art. 16 (4) Lietuvos Respublikos ir Šventojo Sosto sutartis dėl santykių tarp Katalikų bažnyčios ir valstybės teisinių aspektų (Vertrag zwischen der Republik Litauen und dem Heiligen Stuhl über die rechtlichen Aspekte der Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und dem Staat). 16.09.2000. URL: https://www.e-tar.lt/portal/lt/legalAct/TAR.049590AF20E5 (Abruf: 20.10.2025).  

[13] Vgl. Art. 5 Dėl lėšų paskirstymo tradicinių Lietuvos bažnyčių ir religinių organizacijų vadovybėms (Über die Verteilung der Mittel an die Leitungen der traditionellen Kirchen und religiösen Organisationen Litauens) 19.02.2024. URL: https://www.e-tar.lt/portal/lt/legalAct/ a5c304e0cee811eea5a28c81c82193a8 (Abruf: 20.10.2025).

[14] Vgl. Art. 5 Über die Verteilung der Mittel 2025.

[15] Vgl. Kultūros paveldo departamentas prie Kultūros Ministerijos: Programos (Programme). URL: https://kpd.lrv.lt/lt/veiklos-sritys/finansine-parama-kulturos-paveldui/paveldotvarkos-programa/programos/ (Abruf: 20.10.2025).

[16] Vgl. Oficialiosios statistikos portalas. Valdžios sektoriaus išlaidos (Ausgaben des öffentlichen Sektors). 18.12.2024. URL: https://osp.stat.gov.lt/paieska?p_p_id=101&p_p_lifecycle=0&p_p_state=maximized&p_p_mode=view&p_p_col_id=column-1&p_p_col_count=1&_101_struts_action=%2Fasset_publisher%2Fview_content&_101_assetEntryId= 13014222&_101_type=content&_101_urlTitle=2024-12-18-i-valdzios-sektoriaus-islaidos&redirect=%2Fpaieska%3Fq%3Dreligija (Abruf: 20.10.2025).

[17] Vgl. Art. 9 Gesetz über religiöse Gemeinschaften.

[18] Vgl. Art. 31 Lietuvos Respublikos švietimo įstatymas (Bildungsgesetz der Republik Litauen). 01.07.1991 idF 01.01.2025. URL: https://e-tar.lt/portal/lt/legalAct/TAR.9A3AD08EA5D0/asr (Abruf: 20.10.2025).

[19] Vgl. Ebd., Art. 31 (2–3).

[20] Vgl. Ebd., Art. 31 (4).

[21] Vgl. Art. 6 Lietuvos Respublikos ir Šventojo Sosto sutartis dėl bendradarbiavimo švietimo ir kultūros srityje (Abkommen zwischen der Republik Litauen und dem Heiligen Stuhl über die Zusammenarbeit im Bereich Bildung und Kultur). 16.09.2000. URL: https://www.e-tar.lt/portal/lt/legalAct/TAR.3F6B5CFF8AB4 (Abruf: 20.10.2025).

[22] Vgl. Art. 14 Gesetz über religiöse Gemeinschaften. Art. 9 (1) Abkommen im Bereich Bildung und Kultur. Art. 67 (10) Bildungsgesetz.

[23] Vgl. Art. 9 (3) Abkommen im Bereich Bildung und Kultur.

[24] Vgl. Dėl Nevalstybinių tradicinių religinių bendruomenių ar bendrijų mokyklų, finansuojamų iš Lietuvos Respublikos valstybės biudžeto 2026 metais, sąrašo patvirtinimo (Über die Genehmigung der Liste der Schulen nichtstaatlicher traditioneller Religionsgemeinschaften, die im Jahr 2026 aus dem Staatshaushalt der Republik Litauen finanziert werden) 25.09.2025. URL: https://e-seimas.lrs.lt/portal/legalAct/lt/TAD/475f51719a4711f0bb51b0620d4bdb93?jfwid=19sv1u76jv (Abruf: 20.10.2025).

[25] Vgl. Art. 15 Gesetz über religiöse Gemeinschaften.

[26] Vgl. Ebd., Art. 16.

[27] Vgl. Ebd., Art. 17.

[28] Vgl. Ebd., Art. 18.

[29] Vgl. Art. 6 (6) Lietuvos Respublikos valstybinio socialinio draudimo įstatymas (Gesetz über die staatliche Sozialversicherung der Republik Litauen) 01.06.1991 idF 01.07.2025. URL: https://e-tar.lt/portal/lt/legalAct/TAR.0F9036415DBD/asr (Abruf: 20.10.2025).

[30] Vgl. Art. 72 Lietuvos Respublikos vidaus tarnybos statuto patvirtinimo įstatymas (Gesetz zur Genehmigung des Statuts der inneren Dienste der Republik Litauen) 01. Mai 2003 idF 01.01.2025. URL: https://e-tar.lt/portal/lt/legalAct/TAR.4FC026AC03AE/asr (Abruf: 20.10.2025).

[31] Vgl. Art. 1 Dėl sielovados patarnavimų teikimo sveikatos priežiūros įstaigose (Über die Erbringung von Seelsorgediensten in Gesundheitseinrichtungen) 27.11.2009 idF 10.07.2014. URL: https://www.e-tar.lt/portal/lt/legalAct/TAR.D952437A0286/asr (Abruf: 20.10.2025).

[32] Vgl. Art. 55 (7) Lietuvos Respublikos krašto apsaugos sistemos organizavimo ir karo tarnybos įstatymas (Gesetz über die Organisation des Verteidigungssystems und den Militärdienst der Republik Litauen) 27.05.1998 idF 01.07.2025. URL: https://www.e-tar.lt/portal/lt/legalAct/TAR.15C705E93776/asr (Abruf: 20.10.2025).

[33] Vgl. Art. 7 Lietuvos Respublikos ir Šventojo Sosto sutartis dėl kariuomenėje tarnaujančių katalikų sielovados (Vertrag zwischen der Republik Litauen und dem Heiligen Stuhl über die Seelsorge für Katholiken im Militärdienst). 16.09.2000. URL: https://www.e-tar.lt/portal/lt/legalAct/TAR.6045525D299C (Abruf: 20.10.2025).  

[34] Vgl. Art. 4 Dėl Lietuvos kariuomenės Ordinariato reglamento (Über die Verordnung des Ordinariats der litauischen Armee) 29.08.2002 idF 07. September 2018. URL: https://www.e-tar.lt/portal/lt/legalAct/TAR.C6A096809687/asr (Abruf: 20.10.2025).

[35] Vgl. Ebd., Art. 15.

[36] Vgl. Ebd., Art. 5.

[37] Vgl. Ebd., Art. 29.

[38] Vgl. Lietuvos Evangelikų Reformatų Bažnyčia: Evangelinės sielovados Lietuvos Kariuomenėje STATUTAS (Statut der evangelischen Seelsorge in der litauischen Armee). 20.04.2018. URL: https://ref.lt/senjoratas/825-evangelines-sielovados-lietuvos-kariuomeneje-statutas (Abruf: 20.10.2025).

[39] Vgl. Art. 1 Lietuvos Respublikos religinių bendrijų teisės į išlikusį nekilnojamąjį turtą atkūrimo tvarkos įstatymas (Gesetz der Republik Litauen über die Wiederherstellung der Rechte religiöser Gemeinschaften auf erhaltenes Immobilienvermögen) 29.03.1995 idF 04.07.2002. URL: https://e-tar.lt/portal/lt/legalAct/TAR.579F0B8C810D/TAIS_173488 (Abruf: 20.10.2025).

[40] Vgl. Ebd., Art. 4.

[41] Vgl. Ebd., Art. 12.

[42] Vgl. Art. 1 (1) Lietuvos Respublikos religinių bendruomenių ir bendrijų nuosavybės teisės į religinės paskirties nekilnojamąjį turtą registravimo tvarkos įstatymas (Gesetz der Republik Litauen über die Registrierung der Eigentumsrechte religiöser Gemeinschaften und Vereinigungen an Immobilien für religiöse Zwecke) 01.07.2012. URL: https://e-seimas.lrs.lt/portal/legalAct/lt/TAD/TAIS.415882 (Abruf: 20.10.2025).

[43] Vgl. Art. 2 Lietuvos Respublikos geros valios kompensacijos už neteisėtai nusavintą Lietuvos žydų ir Lietuvos žydų religinių bendruomenių nekilnojamąjį turtą įstatymas (Gesetz der Republik Litauen über die Entschädigung aus gutem Willen für unrechtmäßig enteignetes Immobilienvermögen litauischer Juden und litauischer jüdischer Religionsgemeinschaften) 01.12.2011 idF 01.01.2023. URL: https://e-tar.lt/portal/lt/legalAct/TAR.6EFCEA60E654/asr (Abruf: 20.10.2025).

[44] Vgl. Ebd., Art. 3 (1) Nr. 1–2.

[45] Vgl. Art. 17 (1) Nr. 42. Lietuvos Respublikos gyventojų pajamų mokesčio įstatymas (Gesetz über die Einkommensteuer der Einwohner der Republik Litauen). 01.01.2003 idF 02.01.2025. URL: https://www.e-tar.lt/portal/lt/legalAct/TAR.C677663D2202/asr (Abruf: 20.10.2025).

[46] Vgl. Art. 4 (2) Nr. 2 Lietuvos Respublikos labdaros ir paramos įstatymas (Gesetz der Republik Litauen über Wohltätigkeit und Unterstützung). 04.06.1993 idF 01.01.2025. URL: https://e-tar.lt/portal/lt/legalAct/TAR.C0FF21832A85/asr (Abruf: 20.10.2025).

[47] Vgl. Mokslo Lietuva: Sugrąžinti paramą švietimo įstaigoms ir religinėms bendruomenėms (Wiederaufnahme der Unterstützung für Bildungseinrichtungen und Religionsgemeinschaften). 3.Februar 2025 URL: https://mokslolietuva.lt/2025/02/sugrazinti-parama-svietimo-istaigoms-ir-religinems-bendruomenems/ (Abruf: 20.10.2025).

[48] Vgl. Art. 24 (2) Lietuvos Respublikos pridėtinės vertės mokesčio įstatymas (Gesetz der Republik Litauen über die Mehrwertsteuer). 05.03.2002 idF 28.06.2025. URL: https://e-tar.lt/portal/lt/legalAct/TAR.ED68997709F5/asr (Abruf: 20.10.2025).

[49] Vgl. Ebd., Art. 24 (3).

[50] Vgl. Art. 3 (2–3) und Art. 7 (1) Nr. 5 Gesetz über Wohltätigkeit.

[51] Vgl. Art. 10 (3) Vertrag zwischen der Republik Litauen und dem Heiligen Stuhl.

[52] Vgl. Art. 13 (8) Gesetz über Wohltätigkeit.

[53] Vgl. Ebd., Art. 10 (1) Nr. 2.

[54] Vgl. Ebd., Art. 11 (5).

[55] Vgl. Art. 7 (1) Nr. 6 Lietuvos Respublikos nekilnojamojo turto mokesčio įstatymas (Gesetz der Republik Litauen über die Immobiliensteuer) 07.06.2005 idF 01.07.2022. URL: https://www.e-tar.lt/portal/lt/legalAct/TAR.B4FAA1DD73CF/asr (Abruf: 20.10.2025).

[56] Vgl. Ebd., Art. 7 (2) Nr. 5.

[57] Vgl. Ebd., Art. 7 (2) Nr. 7.

[58] Vgl. Art. 10 (2) Vertrag zwischen der Republik Litauen und dem Heiligen Stuhl.

[59] Vgl. Art. 8 (1) Nr. 2 Lietuvos Respublikos žemės mokesčio įstatymas (Gesetz der Republik Litauen über die Grundsteuer) 25.06.1992 idF 03.05.2024. URL: https://www.e-tar.lt/portal/lt/legalAct/TAR.D267FBDC094B/asr (Abruf: 20.10.2025).

Zur Finanzierung von Kirchen und Religionsgemeinschaften in Polen 

Harald Tripp stellt in seinem Artikel zunächst die religiöse Prägung Polens sowie den rechtlichen Rahmen von Staat und Religionsgemeinschaften dar. Anschließend werden Formen der Kirchenfinanzierung beschrieben: von Selbstfinanzierung und Kirchenfonds über staatlich finanzierte Seelsorge bis hin zu steuerlichen Begünstigungen. Abschließend skizziert er aktuelle Reformfragen.

Von Harald Tripp

In ganz Europa wird Polen allgemein als katholischer Staat angesehen, eine Ansicht, die auch durch statistische Daten bestätigt wird.1 Im Gegensatz zu einigen anderen Staaten ist die genaue Anzahl der Mitglieder der verschiedenen Konfessionen in Polen nicht bekannt, da die Religionszugehörigkeit in keinen offiziellen Dokumenten erfasst wird – nicht einmal in Schulzeugnissen, in denen die Noten im Religionsunterricht aufgeführt sind. Diese Situation ist gesetzlich in der Verfassung verankert. 

Gelebte religiöse Vielfalt

Polen ist religiös relativ einheitlich. Etwa 32 Millionen Menschen, die in Polen leben, gehören der katholischen Kirche des lateinischen Ritus an, was etwa 84,5 % der Gesamtbevölkerung entspricht.2 Die Grundstruktur der römisch-katholischen Kirche in Polen umfasst vierzehn Kirchenprovinzen und einundvierzig Diözesen. Die Militärseelsorge ist im Rahmen des Militärordinariats (das rechtlich einer Diözese gleichgestellt ist) organisiert. Die Zahl der römisch-katholischen Pfarreien in Polen liegt deutlich über 10.000, während die Zahl der (Diözesan- und Ordens-)Priester etwa 30.000 beträgt. Darüber hinaus sind etwa 17.000 Nonnen in Polen tätig.3 Das religiöse Engagement der Polen nimmt seit Jahren ab, und bei den jüngeren Generationen ist diese Tendenz sehr stark (mehr als 30 % der jüngeren Erwachsenen haben jeglichen Kontakt zur Kirche verloren).4 Infolgedessen sind erwachsene Polen unter 40 Jahren deutlich weniger religiös als ihre Ältesten (der Unterschied zwischen jüngeren und älteren Erwachsenen beträgt 29 % beim Gottesdienstbesuch und 25 % beim täglichen Gebet, was Polen in dieser Hinsicht zu einem weltweiten „Spitzenreiter” gemacht hat).5

Die Beziehungen zwischen dem Staat und den Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften in Polen sind in der Verfassung der Republik von 1997, im Konkordat von 1993 zwischen Polen und dem Heiligen Stuhl der Römisch-Katholischen Kirche, im Gesetz über die Gewissens- und Religionsfreiheit von 1989 sowie in detaillierten Gesetzen und Verordnungen unterschiedlichen Datums geregelt. Unter den Rechtsquellen in Bezug auf religiöse Angelegenheiten ist Artikel 25 der Verfassung von grundlegender Bedeutung (Artikel 25 CRP).6 Da er sich auf Kirchen und Religionsgemeinschaften und nicht auf Einzelpersonen bezieht, kann er als Bestimmung zur kollektiven Religionsfreiheit definiert werden, während Artikel 53 sich auf die individuelle Religionsfreiheit bezieht. In Polen gibt es keine gesetzliche Definition einer religiösen Minderheit, aber angesichts der Tatsache, dass Katholiken eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung ausmachen, werden alle anderen Konfessionen de facto als Minderheiten betrachtet. Rechtlich gesehen gibt es drei Gruppen von Religionsgemeinschaften: 

  • solche, die auf der Grundlage eines gesonderten, vom Parlament verabschiedeten Gesetzes über die Beziehungen zum Staat tätig sind (es gibt 14 solcher Kirchen und Religionsgemeinschaften); 
  • solche, die gemäß dem Gesetz über die Gewissens- und Religionsfreiheit von 1989 registriert sind; 
  • nicht registrierte Religionsgemeinschaften, deren Bedeutung und Aktivitäten sehr begrenzt sind. 

Neben dem lateinischen (römisch-katholischen) Ritus gibt es in Polen drei weitere katholische Riten. Die Zahl der Menschen, die diesen Riten angehören, ist jedoch nicht groß. Etwa 50.000 Katholiken gehören dem byzantinisch-ukrainischen (griechisch-katholischen) Ritus an, der in Polen drei Eparchien umfasst, die zu einer kirchlichen Provinz zusammengefasst sind. Die Zahl der Katholiken, die den beiden anderen in Polen vertretenen Riten (armenisch und byzantinisch-slawisch) angehören, übersteigt insgesamt nicht 1.000 Personen (wobei letzterer nur eine Gemeinde und etwas mehr als 100 Gläubige hat).7 Unter den anderen christlichen Kirchen ist die Polnisch-Orthodoxe Kirche am zahlreichsten.8 Mehrere Dutzend (relativ kleine) religiöse Organisationen gehören in Polen der protestantischen Tradition an. Die zahlreichste ist die Evangelische Kirche der Augsburger Konfession, die mehr als 60.000 Gläubige umfasst. Zu erwähnen sind auch mehrere Kirchen, die dem Altkatholizismus angehören (vor allem die Altkatholische Mariavitenkirche, die Polnisch-Katholische Kirche und die Katholische Mariavitenkirche), von denen jedoch keine mehr als 23.000 Mitglieder hat.9 Die Zeugen Jehovas sind eine relativ große religiöse Minderheit in Polen. Ihre Organisation hat etwa 115.000 Gläubige.10 Nach offiziellen Angaben beträgt die Zahl der Muslime in Polen nicht mehr als 25.000.11 Nach inoffiziellen Schätzungen könnte die Zahl der Menschen, die sich zum Islam bekennen, in Polen jedoch etwas höher sein und ist in den letzten Jahren sicherlich gestiegen, was vor allem auf die jüngsten Migrationsbewegungen zurückzuführen ist. Es sei darauf hingewiesen, dass neben den jüngsten Einwanderern seit mehreren Jahrhunderten eine gut integrierte tatarische Gemeinschaft in Polen lebt.12 Infolge des Holocaust sind auch die jüdischen Religionsgemeinschaften in Polen – trotz ihrer langjährigen Traditionen – sehr klein. 23 Auch religiöse Organisationen, die sich auf die fernöstliche Tradition beziehen, haben in Polen nur wenige Mitglieder. Nach offiziellen Angaben haben die zahlreichsten von ihnen (die Karma-Kagyü-Buddhistische Vereinigung, die Internationale Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein und die Buddhistische Vereinigung Karma Bancien Kamstang) jeweils nicht mehr als einige Tausend Mitglieder.13

Das Panorama der religiösen Organisationen im heutigen Polen wird durch breit gefasste neue religiöse Bewegungen (einschließlich neuheidnischer Organisationen, die in erster Linie das slawische Heidentum wiederbeleben)14 und einige andere schwer einzuordnende Organisationen ergänzt. Die Gesamtzahl ihrer Anhänger macht jedoch nur einen sehr kleinen Teil der polnischen Bevölkerung aus (einige Tausend Menschen).15

Direkte Finanzierung religiöser Organisationen 

a. Der Grundsatz der Selbstfinanzierung 

Die Tätigkeit von Kirchen und anderen religiösen Organisationen in Polen basiert grundsätzlich auf dem Grundsatz der Selbstfinanzierung. Im Allgemeinen „existieren und arbeiten diese Einrichtungen dank der freiwilligen Spenden ihrer Mitglieder”.16 Artikel 10 Absatz 2 AGFCB17 legt fest, dass „der Staat und öffentliche Einrichtungen Kirchen und andere religiöse Organisationen nicht finanzieren oder subventionieren” und dass Ausnahmen von dieser Regel durch Gesetze oder auf deren Grundlage erlassene Vorschriften festgelegt werden müssen. Es sollte jedoch anerkannt werden, dass es mehrere solcher Ausnahmen im polnischen Recht gibt. Sie sind durch den Charakter und die Art der finanzierten Aktivitäten religiöser Institutionen oder durch die Tatsache gerechtfertigt, dass nicht alle während der Zeit der Volksrepublik Polen verstaatlichten Vermögenswerte an religiöse Organisationen zurückgegeben wurden. Gleichzeitig wird ausdrücklich anerkannt, dass Religionsgemeinschaften das Recht haben, bewegliches und unbewegliches Vermögen zu erwerben, zu besitzen, zu veräußern und zu verwalten. Ihnen wird auch das Recht garantiert, Gebühren zu erheben sowie Spenden, Erbschaften und andere Vorteile sowohl von natürlichen als auch von juristischen Personen zu erhalten. In gewissem (in der Regel geringem) Umfang wird die Tätigkeit einzelner religiöser Organisationen auch aus den Einnahmen ihrer eigenen Unternehmungen finanziert. 

Dazu gehören regelmäßige Kollekten, die während der Sonntagsgottesdienste gesammelt werden, sowie de facto Gebühren, die von Interessierten anlässlich von Ereignissen wie Hochzeiten, Taufen usw. gezahlt werden. Im Falle der Katholischen Kirche gibt es eine besondere, zusätzliche Form der Finanzierung, die sogenannte Kolęda (=“Kollende“-freiwillige Abgaben), ein altes Ritual des Zusammenkommens.18 In diesem Zusammenhang bezieht sich koleda auf eine Tradition, die im Januar stattfindet, wenn Priester alle Einwohner der Gemeinde besuchen, die sie in ihren Häusern empfangen möchten. Diese Besuche bieten Gelegenheit zum Gespräch und ermöglichen es den Priestern und Gemeindemitgliedern, sich gegenseitig kennenzulernen, was natürlich stark vom Interesse beider Gesprächspartner abhängt. In der Regel erhalten die Priester bei diesen Besuchen etwas Geld in Umschlägen. Einige Autoren vermuten, dass die Kolęda etwa 25 % des Jahreseinkommens der Geistlichen ausmacht. Die Kolęda ist in allen Teilen Polens bekannt, sowohl in Städten als auch in Dörfern. 

b. Kirchenfonds 

Der Kirchenfonds wurde 1950 als Folge der Verstaatlichung des Großteils des Grundbesitzes von Kirchen und anderen religiösen Organisationen (insbesondere der römisch-katholischen Kirche) eingerichtet.19 Er wurde gemäß dem Gesetz vom 20. März 1950 über die Beschlagnahmung von Nachlässen durch den Staat, die Sicherung des Besitzes von Ackerland durch Pfarrer und die Einrichtung des Kirchenfonds gegründet. Gemäß diesem Gesetz sollte der Kirchenfonds aus den Erträgen des verstaatlichten Vermögens und aus staatlichen Zuschüssen des Ministerrats gespeist werden. Die Einnahmen aus den beschlagnahmten Vermögenswerten sollten ausschließlich für kirchliche und karitative Zwecke verwendet werden. Die verstaatlichten Vermögenswerte wurden jedoch weder ordnungsgemäß katalogisiert, noch wurden die damit erzielten Einnahmen in irgendeiner Weise geschätzt. Infolgedessen wurde der Kirchenfonds von Anfang an ausschließlich aus dem Staatshaushalt finanziert. Die Höhe der jährlichen Subventionen wurde ohne Bezugnahme auf die Einnahmen aus den verstaatlichten Vermögenswerten festgelegt. Derzeit wird der Betrag für den Kirchenfonds in einem jährlichen Haushaltsgesetz festgelegt (im Haushaltsgesetz von 2022 belief er sich auf fast 193 Millionen PLN, also etwa 41 Millionen Euro) und hängt in erster Linie von den geplanten Ausgaben für Sozial- und Krankenversicherungsbeiträge von Geistlichen ab.20

In der Zeit der Volksrepublik Polen wurde der Kirchenfonds als Instrument der antikirchlichen Politik der kommunistischen Behörden genutzt. Ihr vorrangiges Ziel war es, die gesellschaftliche Rolle der römisch-katholischen Kirche in Frage zu stellen und sie zu spalten. Um dies zu erreichen, subventionierten die Behörden einige nicht-katholische religiöse Organisationen, regierungsfreundliche Organisationen des katholischen Klerus und Priester, die dem Regime gegenüber loyal waren.21

Im Jahr 1989 wurde im Zusammenhang mit dem Demokratisierungsprozess des polnischen Rechts beschlossen, dass der Kirchenfonds einheitlich allen religiösen Organisationen mit einem geregelten Rechtsstatus zugutekommen sollte. Die Liste der Ziele und Aufgaben, denen der Kirchenfonds dienen sollte, wurde geändert. Zunächst einmal wurde der Kirchenfonds in die Subventionierung des neu geschaffenen Sozialversicherungssystems für Geistliche einbezogen. Zu den Zielen, die gemäß der Satzung des Kirchenfonds von 1991 und im Rahmen der verfügbaren Mittel derzeit vom Kirchenfonds finanziell unterstützt werden, gehören darüber hinaus kirchliche Wohltätigkeitsaktivitäten, Bildung und Erziehung, Bildung und Betreuung, Initiativen zur Bekämpfung sozialer Probleme (und die diesbezügliche Zusammenarbeit zwischen Regierungsstellen und der katholischen Kirche und anderen religiösen Organisationen) sowie die Instandhaltung und Renovierung von Kirchen und anderen historischen Sakralbauten. 

Im Jahr 1989 wurde auch der Prozess der (teilweisen) Rückgabe von kirchlichem Eigentum eingeleitet, das in der Zeit der Volksrepublik Polen verstaatlicht worden war. Infolgedessen begann der Umfang des Vermögens, das (theoretisch) die Grundlage für den Kirchenfonds bildete, zu schrumpfen. Es sollte jedoch betont werden, dass – in Bezug auf die katholische Kirche – mehrere Dutzend Hektar, die 1950 beschlagnahmt wurden, nicht zurückgegeben wurden, was die Existenz des Kirchenfonds nach wie vor rechtfertigt. 

Seit 1989 verzeichnet der Kirchenfonds einen relativ systematischen Anstieg der Ausgaben für die Sozialversicherung (und seit 1999 auch für die Krankenversicherung) von Geistlichen. Heute verschlingt er einen großen Teil der Mittel des Fonds. 

In den ersten Monaten des Jahres 2012 legte die Regierung einen Vorschlag vor, den Kirchenfonds durch die Möglichkeit für Einkommensteuerzahler zu ersetzen, 0,3 % ihrer fälligen Steuer einer ausgewählten religiösen Organisation zuzuweisen. Der Vorschlag wurde von speziellen Arbeitsgruppen geprüft, die von Vertretern der Regierung sowie der katholischen Kirche und nicht-katholischen religiösen Organisationen gebildet wurden. In der ersten Phase war die Arbeit der Gruppen relativ intensiv (es wurde vorläufig vereinbart, dass Steuerzahler nicht 0,3 %, sondern 0,5 % ihrer Einkommensteuer zuweisen können). Eine endgültige Einigung wurde jedoch nicht erzielt, und die Arbeit kam Mitte 2013 zum Stillstand.22 Die Regierung Tusk möchte den Kirchenfonds abschaffen. Derzeit (2024) hat der Fonds ein Budget von 257 Millionen Zloty aus dem Staatshaushalt. Ursprünglich galt der 1950 eingerichtete Fonds als eine Art Entschädigung für die vom kommunistischen Staat beschlagnahmten Kirchengüter. Liberalkatholische Stimmen, die für eine deutlichere Trennung von Kirche und Staat stehen, beobachten allerdings schon lange eine fehlende politische Bereitschaft, sich mit einer Neugestaltung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche und der Kirchenfinanzierung im Besonderen zu befassen. Ein Beispiel wäre das italienische „Otto-per-Mille-Modell“, das vorsieht, dass alle Steuerzahlenden 0,8 Prozent ihres Einkommens für eine (deklarierte) zivilgesellschaftliche Einrichtung ihrer Wahl aufbringen. Damit verschiebt sich die Verantwortung vom Staat auf die Mitglieder der Religionsgemeinschaften. Angesichts der rasant sinkenden Zahlen religiös Praktizierender insbesondere in der jungen Generation könnte dieses an gesellschaftlichem Zuspruch orientierte Modell jedoch gerade die katholische Kirche in Bedrängnis bringen.23

c. Sonstige staatliche Subventionen 

Der Kirchenfonds ist nicht die einzige Quelle öffentlicher Mittel für bestimmte sozial nützliche Aktivitäten von Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften. Dies gilt für Seelsorgedienste in Strafvollzugsanstalten, Gesundheitseinrichtungen, in der Armee und einigen anderen uniformierten Diensten. Die betreffende Gründung hat eine vielfältige Rechtsgrundlage, basiert jedoch in erster Linie auf dem verfassungsmäßig garantierten „Recht jedes Einzelnen, unabhängig von seinem Aufenthaltsort, religiöse Dienste in Anspruch zu nehmen” (Artikel 53 Absatz 2 CRP).24 Schätzungen zufolge sind zwischen 1.000 und 1.500 Seelsorger in öffentlichen Krankenhäusern mit bezahlten Verträgen beschäftigt. Was die Gefängnisseelsorge betrifft, so würde die kürzlich vom Staat bereitgestellte Finanzierung für die Ausübung pastoraler Funktionen die Bezahlung der Dienste von etwa neunzig Seelsorgern ermöglichen, die mit einem Vollzeitvertrag beschäftigt sind. In der Praxis sind Gefängnisgeistliche jedoch in der Regel in Teilzeit beschäftigt, und ihre derzeitige Zahl liegt bei fast 200. In der polnischen Armee werden die ständigen Seelsorgestrukturen von drei Kirchen aus öffentlichen Mitteln (d. h. aus dem Haushalt des Verteidigungsministeriums) finanziert. Dies betrifft die katholische Kirche, die polnisch-autokephale orthodoxe Kirche und die evangelische Kirche der Augsburger Konfession. Insgesamt gibt es über 150 Seelsorger und mehr als 100 Laienmitarbeiter in polnischen Militärseelsorgeeinrichtungen, die 2019 fast 23,5 Millionen PLN (d. h. fast 5,5 Millionen EUR) aus dem Staatshaushalt erhielten. Seelsorger sind auch beim Grenzschutz, der Polizei, der nationalen Finanzverwaltung, der staatlichen Feuerwehr und dem Sicherheitsbüro der Regierung beschäftigt, allerdings in viel geringerer Zahl.25 Direkte öffentliche Mittel stehen auch religiösen Organisationen zur Verfügung, die sich für das Gemeinwohl engagieren, insbesondere im Bildungsbereich. Die Zuweisung öffentlicher Mittel für Bildungsinitiativen religiöser Organisationen ist gut etabliert. Dies ist eine Möglichkeit, die von diesen Organisationen erfüllten öffentlichen Aufgaben zu finanzieren, und im Falle des Religionsunterrichts ergibt sich dies aus dem Recht der Eltern, ihre Kinder gemäß ihren eigenen Überzeugungen zu erziehen. Daher werden Religionslehrer an Schulen, einschließlich Geistlicher, wie andere Lehrer vergütet, und religiöse Schulen, die als Teil des Bildungssystems fungieren, erhalten öffentliche Mittel gemäß den für Privatschulen geltenden Regeln. Nach gesonderten Gesetzen wurden auch mehreren kirchlichen Universitäten öffentliche Mittel zur Verfügung gestellt. Doch auch hier scheint vieles in Bewegung geraten zu sein und ein Streit um die Neubestimmung des Religionsunterrichts ausgebrochen zu sein. Auch angesichts rückläufiger Schülerzahlen sah das erste Reformprojekt des Bildungsministeriums ab dem 1. September 2024 vor, Religionsunterricht auch in jahrgangsübergreifenden Gruppen (maximal 28 Kinder) zu gestalten.  Ungeachtet des Widerspruchs der Kirche und weiterer katholischer Akteure setzte das Bildungsministerium  weitreichendere Reformschritte durch: So wird zum 1. September 2025 der wöchentliche Religionsunterricht von zwei auf eine Stunde reduziert und auf die Randzeiten des Stundenplans platziert; aus Sicht der Kirche eine Marginalisierung, die ein Abwählen des Unterrichts forcieren würde. Außerdem fällt das Fach Religion aus der zeugnisrelevanten Gesamtbewertung heraus. 

Indirekte Finanzierung religiöser Organisationen 

a. Indirekte Unterstützung von sozial notwenigen Aktivitäten privater Einrichtungen aus öffentlichen Mitteln 

In Polen spielen, wie auch in anderen europäischen Staaten, Steuerbefreiungen und -erleichterungen eine wichtige Rolle im System der Finanzierung von Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften. Sie können gemäß dem polnischen Religionsrechtler Piotr Stanisz vernünftigerweise als indirekte Finanzierung religiöser Gruppen aus öffentlichen Mitteln angesehen werden.26 Steuerbefreiungen führen zwar nicht zu einer Erhöhung der öffentlichen Ausgaben, aber zu einer Verringerung der öffentlichen Einnahmen. 

Grundsätzlich (d. h. „mit gesetzlich festgelegten Ausnahmen”) unterliegen „das Vermögen und die Einkünfte von Kirchen und anderen religiösen Organisationen den allgemein geltenden Steuerbestimmungen” (Artikel 13(1) AGFCB). Dennoch gibt es zahlreiche und praktisch relevante Ausnahmen von dieser Regel. Es sollte jedoch betont werden, dass indirekte öffentliche Mittel in Polen nicht nur religiösen Einrichtungen, sondern auch anderen Organisationen, die sich für das Gemeinwohl engagieren, zur Verfügung stehen. In der Praxis sind die vorteilhaftesten die Befreiungen von der Körperschaftsteuer und der Grundsteuer sowie Steuererleichterungen für Spenden an religiöse Organisationen.  

b. Befreiungen von der Körperschaftssteuer 

Die sogenannten kirchlichen juristischen Personen unterliegen ebenso wie juristische Personen im Allgemeinen der Einkommensteuer gemäß dem Gesetz vom 15. Februar 1992 über die Körperschaftssteuer (ACIT).27 Gemäß Artikel 17 Absatz 1.4a hängen die Besteuerungsregeln für kirchliche juristische Personen in erster Linie von der Art ihrer einkommensschaffenden Tätigkeit ab. Einkünfte aus nichtwirtschaftlicher satzungsmäßiger Tätigkeit werden anders behandelt als Einkünfte aus der anderen (geschäftlichen) Tätigkeit. 

Die Rechtsvorschriften für Einkünfte aus nichtwirtschaftlichen satzungsmäßigen Tätigkeiten kirchlicher juristischer Personen sind besonders vorteilhaft. Diese Einkünfte sind vollständig von der Steuer befreit. Darüber hinaus sind kirchliche juristische Personen auch von der Verpflichtung zur Führung von Aufzeichnungen gemäß den Bestimmungen des Gesetzes vom 29. August 1997 – dem Steuergesetz – befreit. In Bezug auf Einkünfte aus nichtwirtschaftlichen satzungsmäßigen Tätigkeiten sind sie gemäß Artikel 27 (1) ACIT nicht verpflichtet, Steuererklärungen einzureichen.28 

Die vollständige Befreiung von der Einkommensteuer gilt nicht für Einkünfte aus der Geschäftstätigkeit kirchlicher juristischer Personen. Diese Einkünfte sind in dem Teil steuerfrei, der für Zwecke im Zusammenhang mit den regulären und typischen Aktivitäten religiöser Einrichtungen verwendet wird und in Artikel 17(1.4a.b) ACIT aufgeführt ist. Gemäß dieser Bestimmung gilt die diskutierte Befreiung für Einnahmen, die für Gottesdienst, Bildung und Erziehung, Wissenschaft, Kultur, Wohltätigkeit und Soziales, Denkmalpflege, Bau und Verwaltung religiöser Bildungseinrichtungen sowie den Bau von Gottesdiensträumen und Bildungs- und Wohltätigkeitszentren verwendet werden.29

c. Befreiungen von der Grundsteuer 

Die Befreiungen, die kirchlich juristischen Personen in Bezug auf die Grundsteuer gewährt werden, sind in den einschlägigen Gesetzen zur Festlegung des rechtlichen Status religiöser Organisationen festgelegt. Auf diese Gesetze wird ausdrücklich in Artikel 1b (1) des Gesetzes vom 12. Januar 1991 über lokale Steuern und Abgaben Bezug genommen, dessen Kapitel 2 für die Grundsteuer gilt. 

In Übereinstimmung mit den Bestimmungen des polnischen Religionsrechts ist für die Besteuerung von Immobilien kirchlicher juristischer Personen der Charakter dieser Immobilien von entscheidender Bedeutung. Der Gesetzgeber hebt den Unterschied zwischen Immobilien, die zu Wohnzwecken genutzt werden, und solchen, die zu anderen Zwecken genutzt werden, hervor. 

Grundsätzlich sind Immobilien, die von religiösen Organisationen zu anderen Zwecken als zu Wohnzwecken genutzt werden, von der Besteuerung befreit. Dies gilt jedoch nicht für Immobilien (oder Teile davon), die für gewerbliche Tätigkeiten genutzt werden; diese Immobilien unterliegen der Besteuerung nach den allgemeinen Regeln.30 So werden beispielsweise keine Steuern auf Immobilien erhoben, die den Status von Gebäuden haben, die im Denkmalregister eingetragen sind. Steuerfrei sind auch Immobilien, die als Wohnheime für theologische Schulen und Seminare dienen, sowie solche, die von den Leitungsgremien einzelner Religionsgemeinschaften oder den Vorständen von Diözesen (Bezirken, Gemeinden) genutzt werden, die zu den Strukturen dieser Organisationen gehören. Darüber hinaus sehen die Gesetze für einzelne religiöse Organisationen weitere, auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Ausnahmen vor.31 Bei Kirchen, deren Lehre kein Zölibat für Geistliche vorschreibt, gelten Ausnahmen beispielsweise auch für Altenheime für Priesterwitwen.32

d. Steuerermäßigungen für die Tätigkeiten religiöser Organisationen   

Im polnischen Recht gibt es auch Vorschriften, die als Anreize betrachtet werden können, um Gläubige zu Spenden an religiöse Organisationen zu motivieren. Das Recht auf Steuererleichterungen wird Personen- und Körperschaftsteuerzahlern gewährt, die solche Spenden leisten. Gemäß Artikel 18(1.1 und 1.7) ACIT und Artikel 26(1.9) des Gesetzes vom 26. Juli 1991 über die Einkommensteuer kann die Steuerbemessungsgrundlage (das zu versteuernde Einkommen) beispielsweise um den Betrag der Spenden für religiöse Zwecke und gemeinnützige Aktivitäten reduziert werden.33

Besonders vorteilhaft – wenn auch gleichzeitig recht kompliziert – ist die Rechtsordnung für Spenden von natürlichen Personen an kirchliche Wohltätigkeits- und Sozialaktivitäten. In diesem Fall bilden die Bestimmungen der Gesetze über die Beziehungen zwischen dem Staat und einzelnen religiösen Organisationen (verabschiedet seit 1989) die Rechtsgrundlage.34 Die folgenden Steuererleichterungen gelten nicht für Spenden zugunsten von Einrichtungen aller religiösen Organisationen, was nicht mit dem in Artikel 25 Absatz 1 CRP verankerten Grundsatz der Gleichberechtigung vereinbar ist. Entscheidend ist, dass für die fraglichen Erleichterungen keine in den Steuergesetzen festgelegten Grenzen gelten. Daher können Spenden für diese Art von kirchlichen Aktivitäten unabhängig von ihrer Höhe vom steuerpflichtigen Einkommen ausgeschlossen werden.  

e. Zuweisung von 1,5% der Einkommenssteuer an öffentliche Wohlfahrtsorganisationen  

Eine weitere Lösung, die einige kirchliche Einrichtungen bei der Beschaffung von Mitteln für ihre Tätigkeit unterstützen kann, besteht darin, dass Steuerzahler, die natürliche Personen sind, 1,5 % (bis 2022 – 1 %) ihrer Einkommensteuer an gemeinnützige Organisationen spenden können.In der Literatur wird diese Lösung, etwas ungenau, sogar als „Quasi-Kirchensteuer” bezeichnet).35 Den Status einer gemeinnützigen Organisation können gemäß dem Gesetz vom 24. April 2003 über gemeinnützige Aktivitäten und Freiwilligenarbeit unter anderem juristische Personen von Kirchen und anderen religiösen Organisationen erhalten.36

Sie können diesen Status beantragen, wenn ihre satzungsmäßigen Ziele sozial nützliche Aktivitäten umfassen, die zum Bereich der öffentlichen Aufgaben gehören (es reicht nicht aus, streng religiöse Aktivitäten durchzuführen); außerdem müssen sie die Bedingungen hinsichtlich der Art und Weise ihrer Tätigkeit und Verwaltung erfüllen. Sie können einen Antrag auf Erlangung dieses Status stellen, wenn ihre satzungsmäßigen Ziele sozial nützliche Aktivitäten im Bereich öffentlicher Aufgaben umfassen. Die Ausübung rein religiöser Aktivitäten reicht dabei aber nicht aus.37

Das Recht, 1,5 % der Einkommensteuer an gemeinnützige Organisationen zu spenden, steht Steuerzahlern zu, die der allgemeinen Besteuerung unterliegen (d. h. gemäß den Bestimmungen des Gesetzes vom 26. Juli 1991 über die Einkommensteuer) oder der Pauschalbesteuerung des registrierten Einkommens (gemäß dem Gesetz vom 20. November 1998 über die pauschale Einkommensteuer auf bestimmte Einkünfte natürlicher Personen). Das Recht wird ausgeübt, indem in der jährlichen Steuererklärung eine Organisation angegeben wird, die den Gegenwert von 1,5 % der Steuer erhält. Die zuständigen Steuerbehörden sind verpflichtet, den berechneten Betrag an die vom Steuerzahler angegebene Stelle zu überweisen. 

Abschließende Bemerkung 

Kirchen und Religionsgemeinschaften scheinen im Allgemeinen mit den aktuellen Bedingungen im Hinblick auf die Kirchenfinanzierung in Polen grundsätzlich zufrieden zu sein. Eine der wichtigsten Fragen ist jedoch die Zukunft des Kirchenfonds. Es zeigt sich aber auch, dass sich die kirchliche Weltsicht und die damit verbundenen Privilegien immer weiter von der gesellschaftlichen Realität entfernen. Hier wird es interessant sein zu beobachten, inwieweit ein bereits begonnener Generationswechsel in der polnischen Kirchenhierarchie schrittweise vielleicht doch auch zu einer moraltheologisch wie kirchenstrategisch zeitgemäßeren Anpassung an diese veränderten Realitäten führt. 

  1. Siehe dazu Der neue Kosmos Welt-Almanach & Atlas Weltalmanach 2025, Daten, Fakten, Karten, Stuttgart 2024, 336-338. ↩︎
  2. Vgl. dazu M. Rynkowski, State and Church in Poland, in: Robbers, G. (ed.), State and Church in the European Union, 3rd edition, Baden-Baden 2019, 461-482, 462. ↩︎
  3. Vgl. Annuarium statisticum Ecclesiae in Polonia. Dane za rok 2020 (Warszawa: Instytut Statystyki Kos´cioła Katolickiego SAC 2021); Wyznania religijne w Polsce w latach 2019-2021. Religious denominations in Poland 2019-2021, Warszawa 2022, 69–70. ↩︎
  4. Siehe dazu Rocznik Statystyczny Rzeczypospolitej Polskiej 2021. Statistical Yearbook of the Republic of
    Poland 2021, Warszawa 2021, 197; Ludnos´c´. Stan i struktura demograficzno-społeczna. Narodowy Spis Powszechny Ludnos´ci i Mieszkan´ 2011, Warszawa 2013, 99. ↩︎
  5. Siehe dazu The Age Gap in Religion around the World (Pew Research Center: 2018), besonders 43 and 48. ↩︎
  6. Verfassung der Republik Polen vom 2. April 1997 (Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej z 2 kwietnia 1997 r.) ↩︎
  7. Rocznik Statystyczny Rzeczypospolitej Polskiej 2021, 197; Wyznania religijne w Polsce w latach 2019-2021, 74–80. ↩︎
  8. Ludnos´c´. Stan i struktura demograficzno-społeczna. Narodowy Spis Powszechny Ludnos´ci i Mieszkan´ 2011, 99–100. ↩︎
  9. Wyznania religijne w Polsce w latach 2019-2021, 81–212. ↩︎
  10. Ibid., 216. ↩︎
  11. Ibid., 241–248. ↩︎
  12. Vgl. A. S. Nalborczyk/P. Borecki, „Relations Between Islam and the State in Poland: The Legal Position of Polish Muslims“, in: Islam and Christian-Muslim Relations 22/3(2011), 344–349. ↩︎
  13. Wyznania religijne w Polsce w latach 2019–2021, 282–303. ↩︎
  14. Vgl. dazu Z. Pasek, „Religious Minorities in Contemporary Poland“, in: S. Ramet/I. Borowik (ed.), Religion, Politics, and Values in Poland: Continuity and Change Since 1989, New York  2017, 161–181. ↩︎
  15. Wyznania religijne w Polsce w latach 2019–2021, 282–303. ↩︎
  16. Siehe dazu besonders M. Rynkowski, „Financing of Churches and Religious Communities in Poland“, in: B. Basdevant-Gaudemet/S. Berlingò (eds), The Financing of Religious Communities in the European Union, Leuven 2009, 277. ↩︎
  17. Gesetz vom 17. Mai 1989 über die Gewährleistung der Gewissens- und Glaubensfreiheit (ustawa z 17 maja 1989 r. o gwarancjach wolnos´ci sumienia i wyznania) ↩︎
  18. W. Weinberger, Republik Polen, in: W.Rees (ed.). Katholische Kirche im neuen Europa, Berlin 2007, 413-426, hier 418-419. ↩︎
  19. Die Fläche des verstaatlichten Grundbesitzes religiöser Organisationen betrug etwa 155.000 ha (davon gehörten fast 144.000 ha der römisch-katholischen Kirche). Darüber hinaus verlor die römisch-katholische Kirche infolge der Verlagerung der ostpolnischen Grenze nach Westen nach dem Zweiten Weltkrieg weitere 200.000 ha Land. Vgl. dazu D. Walencik, Nieruchomos´ci Kos´cioła Katolickiego w Polsce w latach 1918–2012. Regulacje prawne – nacjonalizacja – rewindykacja, Katowice 2013, 231. ↩︎
  20. Siehe dazu P. Stanisz, „Poland“, in: International Encyclopaedia of Laws: Religion, ed. Von Wouter Druwé. Alphenaan den Rijn, NL: Kluwer Law International, 2023, 108. ↩︎
  21. Siehe dazu M. Zawis´lak, Fundusz Kos´cielny w latach 1950-1989, Lublin 2021. ↩︎
  22. Vgl. P. Stanisz, „Ubezpieczenia społeczne osób duchownych – charakterystyczne cechy i perspektywy Zmian“, in: Marian Z˙ukowski (ed.), Systemy ubezpieczen´ społecznych – miedzy solidaryzmem a indywidualizmem, Warszawa 2014, 121–127. ↩︎
  23. Vgl. dazu A. Henning, Analyse: Kirche und Staat entflechten? Zum Stand von kirchenbezogenen Reformvorhaben der Regierungskoalition in Polen  Polen-Analysen Nr. 344, in: https://www.bpb.de/themen/europa/polen-analysen/nr-344/561139/analyse-kirche-und-staat-entflechten-zum-stand-von-kirchenbezogenen-reformvorhaben-der-regierungskoalition-in-polen/ (eingesehen am 23.09.2025). ↩︎
  24. Constitution of the Republic of Poland of 2 April 1997 (Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej z 2 kwietnia 1997 r.) ↩︎
  25. A.  Mezglewski, „Finansowanie nauczania religii w placówkach publicznych oraz wynagrodzen´ kapelanów z budz˙ etu pan´stwa“, in: D. Walencik/M. Worbs (ed.), Finansowanie zwia zków wyznaniowych w krajach niemieckoje zycznych i w Polsce, Opole 2012), 114–120; auch P. Stanisz, „Spiritual care in public institutions in Poland: searching for a balanced model“, in J. R. Tretera/Z. Horák (ed.), Spiritual Care in Public Institutions in Europe, Berlin 2019, 90–96. ↩︎
  26. Vgl. dazu P. Stanisz, „Poland“, in: International Encyclopaedia of Laws: Religion, ed. Von Wouter Druwé. Alphenaan den Rijn, NL: Kluwer Law International, 2023, 135. ↩︎
  27. Act of 15 February 1992 on Corporate Income Tax ustawa z 15 lutego 1992 r. o podatku dochodowym od osób prawnych ↩︎
  28. Vgl. dazu P. Stanisz, „Poland“, in: International Encyclopaedia of Laws: Religion, ed. Von Wouter Druwé. Alphenaan den Rijn, NL: Kluwer Law International, 2023, 135-136. ↩︎
  29. T. Stanisławski, Finansowanie instytucji wyznaniowych ze s´rodków publicznych w Polsce, Lublin 2011,74–81. ↩︎
  30. Immobilien, die zu Wohnzwecken genutzt werden, unterliegen in der Regel der Besteuerung. Die Gesetze, die den rechtlichen Status einzelner religiöser Organisationen regeln, enthalten jedoch eine Reihe von Ausnahmen für Immobilien, die als Wohnsitz für Geistliche oder Mitglieder religiöser Orden genutzt werden. ↩︎
  31. Im Falle der katholischen Kirche betreffen diese Ausnahmen beispielsweise Klöster kontemplativer Orden, Ausbildungszentren religiöser Orden und Gebäude, in denen deren General- oder Provinzvorstände untergebracht sind, sowie Altersheime für Nonnen und Priester. ↩︎
  32. B. Pahl, Majatek kos´ciołów i innych zwiazków wyznaniowych. Zasady opodatkowania, Olsztyn 2008), 84–98. ↩︎
  33. Vgl. dazu P. Stanisz, „Poland“, in: International Encyclopaedia of Laws: Religion, ed. Von Wouter Druwé. Alphenaan den Rijn, NL: Kluwer Law International, 2023, 137. ↩︎
  34. P. Borecki, „Zasada równouprawnienia wyznan´ w prawie polskim“, in: Studia z Prawa Wyznaniowego
    10(2007), 146–147. ↩︎
  35. M. Rynkowski, „Financing of Churches and Religious Communities in Poland“, in: B. Basdevant-Gaudemet/ S.Berlingò (ed.), The Financing of Religious Communities in the European Union, Leuven 2009), 278. ↩︎
  36. Vgl. dazu P. Stanisz, „Poland“, in: International Encyclopaedia of Laws: Religion, ed. Von Wouter Druwé. Alphenaan den Rijn, NL: Kluwer Law International, 2023, 138. ↩︎
  37. Außerdem müssen sie die Bedingungen hinsichtlich der Art und Weise der Betriebsführung und der Verwaltung des Vermögens erfüllen. Sie erwerben den Status einer gemeinnützigen Organisation mit der Eintragung in das Landesgerichtsregister und verlieren diesen Status mit der Löschung aus dem Register. ↩︎

Auf dem Weg zur Selbstständigkeit: Wie Religionsgemeinschaften in Tschechien finanziert werden

Von Julia Weingartler.  ORCID logo

DOI: 10.25365/phaidra.665

Tschechien gilt als eines der säkularsten Länder Europas.[1] Die Frage, wie Kirchen und Religionsgesellschaften finanziert werden, ist deshalb politisch sensibel und rechtlich komplex. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die aktuelle Rechtslage zur Finanzierung religiöser Organisationen in der Tschechischen Republik.

Das Ende der staatlichen Kirchenfinanzierung

Die staatliche Finanzierung der Gehälter der Kleriker stellt ein Überbleibsel aus kommunistischen Zeiten dar. Nachdem die Kirchen und Religionsgemeinschaften enteignet wurden, stellte dies eine weitere Form der Einflussnahme dar. In Tschechien dauerte es, im Gegensatz zu anderen ehemals kommunistischen Ländern, vergleichsweise lange, bis Regelungen zur Restitution der unrechtmäßig enteigneten Grundstücke getroffen wurden.[2] Erst 2012 wurde ein entsprechendes Gesetz verabschiedet,[3] und auch dieses war politisch sehr umstritten. Mit diesem Gesetz geht eine schrittweise Beendigung des bisherigen Finanzierungsmodells einher.[4]

Bis zu diesem Zeitpunkt war es verboten, Eigentum, das ursprünglich den Religionsgemeinschaften gehörte, weiterzuverkaufen.[5] Diese Regelung sollte die Restitution in der Zukunft erleichtern, führte jedoch gleichzeitig dazu, dass teilweise wenig in die Erhaltung wertvollen Eigentums investiert wurde, da unsicher war, was mit diesem geschehen würde.[6]

Eine erste Möglichkeit enteignete Güter zurückzufordern stellte das Gesetz 298/1990 Sb. dar. Die Restitution von Eigentum der Religionsgemeinschaft war nicht unter dem bereits zuvor existierenden allgemeinen Gesetz möglich, und auch bei dieser Regelung gab es eine Beschränkung auf Gebäude, die für Religionsausübung und als Wohnräume genutzt wurden. Eigentum, das wirtschaftlich genutzt werden würde, konnte nicht restituiert werden. Hinzu kam, dass die Gebäude, die die Religionsgemeinschaften auf diese Weise erhielten, sich oft in einem schlechten Zustand befanden[7] und durch das komplizierte Verfahren nur wenige Anträge bewilligt wurden.[8]

Einen Versuch, einen Eigentumsvergleich mit den Kirchen und Religionsgesellschaften zu erzielen, gab es erst 2007 wieder,[9] der jedoch an der politischen Lage in Tschechien scheiterte.[10] Fünf Jahre später wurde das Vorhaben erneut aufgegriffen, wobei sich auch hier politischer und gesellschaftlicher Widerstand regte.[11] Ein entscheidender Unterschied zur vorherigen Version ist, dass sich die Menge der physischen Restitution erhöhte, während sich die Kompensationszahlungen gleichzeitig verringerten. Das hängt damit zusammen, dass nun alle Religionsgemeinschaften und nicht mehr nur die katholischen Ordensgemeinschaften und Kongregationen sowohl Eigentum zurückerhalten, das für die Religionsausübung genutzt wird, als auch solches, das ökonomischen Zwecken dient.[12] Insgesamt sollen 56% des ehemaligen Eigentums im Wert von 75 Milliarden CZK physisch restituiert werden, für das restliche Eigentum sollen die Religionsgemeinschaften Kompensationen in der Höhe von 59 Milliarden CZK erhalten.[13] Die Kompensationen werden an die Inflation angepasst.[14] Zu beachten ist jedoch, dass nur jenes Eigentum von dem Gesetz erfasst wird, dass sich im Besitz des Staates und der staatlichen Organisationen befindet, nicht jedoch Eigentum im Besitz der Gemeinden oder Privatpersonen.[15] In der Römisch-Katholischen Kirche werden die Kompensationen zwischen der Bischofskonferenz und den Konferenzen für die männlichen und weiblichen höheren Oberen aufgeteilt, die eine weitere Verteilung auf Diözesen bzw. Ordensinstitute und Gesellschaften des apostolischen Lebens vornehmen.[16]

Zusätzlich sind Verträge zwischen den Religionsgemeinschaften und dem Staat gesetzlich vorgesehen, in denen die Kirchen und Religionsgesellschaften der Vereinbarung zustimmen und bestätigen, dass sie keine weiteren Ansprüche geltend machen werden, und der Staat sich zur Zahlung der Beiträge in der Übergangszeit verpflichtet. Diese Abkommen sollen innerhalb von neun Monaten geschlossen werden.[17]

Da die Kompensationen über einen Zeitraum von 30 Jahren bezahlt werden sollen und das Eigentum häufig verwahrlost übergeben wurde, wurden die staatlichen Finanzierungsmaßnahmen nicht sofort eingestellt,[18] sondern sollten über einen Zeitraum von 17 Jahren langsam auslaufen, wobei sich der Betrag nach den ersten drei Jahren jährlich um 5% verringern soll. Der Staat bezahlt nun nicht mehr die Gehälter und Sozialversicherungsbeiträge, sondern überweist den Gesamtbetrag einmal pro Jahr, welcher dann von den Religionsgemeinschaften frei verwendet werden kann. Diese Überweisung ist steuerbefreit.[19]

Unterstützungen für Religionsgemeinschaften mit „speziellen Rechten“

In Tschechien existiert ein zweigliedriges Anerkennungssystem für Religionsgemeinschaften. 2002 kam es zu einer Lockerung des Gesetzes, wodurch nur noch 300 Unterstützungserklärungen, anstatt der bisherigen 10.000, benötigt wurden,[20] weshalb weitere Religionsgemeinschaften anerkannt wurden. Allerdings wurden bestimmte Privilegien an zusätzliche Bedingungen geknüpft.[21] Hierzu zählt das Recht Religionsunterricht in staatlichen Schulen abzuhalten.[22]  Eine Bedingung hierfür ist, dass zumindest sieben Schüler:innen einer Schule am Religionsunterricht teilnehmen. Die Lehrpersonen werden staatlich finanziert, benötigen allerdings eine Autorisierung durch die Religionsgemeinschaften.[23] Außerdem haben diese Religionsgemeinschaften das Recht, Schulen zu errichten,[24] deren Kosten, im Gegensatz zu anderen privaten Schulen, teilweise vom Staat getragen werden.[25]

Außerdem werden die Militär- und Gefangenenseelsorge als spezielle Rechte garantiert.[26] Hierzu gibt es auch Vereinbarungen mit dem Ökumenischen Rat der Kirchen und der Bischofskonferenz. Die Seelsorger sind staatliche Angestellte, wobei es in der Gefängnisseelsorge auch einen hohen Anteil an Freiwilligen gibt.[27] Die Seelsorge in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen gehört nicht zu den speziellen Rechten der Religionsgemeinschaften, stellt jedoch gemäß dem Gesetz über Gesundheitsdienstleistungen von 2011 ein Recht der Patient:innen dar.[28]

Steuerbegünstigungen und Subventionen

Es bestehen Ausnahmen von der Grund- und Gebäudesteuer für Gotteshäuser[29] und von der Einkommenssteuer für Sammlungen und Spenden, die Religionsgemeinschaften erhalten,[30] sowie für die staatliche Unterstützungsbeiträge.[31] Personen, die unentgeltliche Leistungen für karitative/religiöse Zwecke oder für eingetragene Religionsgemeinschaften tätigen, können diese von der Bemessungsgrundlage der Einkommenssteuer abziehen.[32] Religiöse Tätigkeiten sind darüber hinaus von der Umsatzsteuer befreit.[33] Der Import von liturgischen Instrumenten ist zollbefreit.[34] Staatliche Subventionen werden für bestimmte Zwecke, wie sozialen Projekten, Bildungsarbeit, Kulturveranstaltungen oder dem Erhalt denkmalgeschützter Bauten gewährt, wobei die Religionsgemeinschaften anderen Non-Profit Organisationen gleichgestellt werden.[35]

Eigenfinanzierung

Die Religionsgemeinschaften finanzieren sich zum Teil auch durch Spenden ihrer Mitglieder und durch Beiträge für ihre religiösen Tätigkeiten, wie den Messstipendien in der Katholischen Kirche. Andere Religionsgemeinschaften erheben auch Beiträge von ihren Mitgliedern, wobei sie jedoch keine organisatorische staatliche Unterstützung erhalten.[36] Da in der tschechischen Bevölkerung eine sehr geringe Bindung an die Kirchen und Religionsgesellschaften vorherrscht, ist es jedoch eine Herausforderung auf diese Weise Einnahmen zu erzielen.[37]

Weiterführende Literatur

Minarik, Pavol, Church-State Separation and Church Property Restitution in the Czech Republic, in: Society 54/5 (2017) 459–465 [DOI: 10.1007/s12115-017-0173-2].

Němec, Damián, Das Tschechische Gesetz Über den Eigentumsvergleich mit Kirchen und Religionsgemeinschaften aus dem Jahr 2012, in: AfkKR 182/1 (2013) 161–200 [DOI: 10.30965/2589045X-18201007].

Přibyl, Stanislav, The Status of Churches under Public Law in the Czech Republic and their Transition to Financial Self-Sustainability, in: Copernican Journal of Law 1 (2024) 77–90 [DOI: 10.71042/cjl01202406].


[1] Vgl. Stanislav Přibyl, The Status of Churches under Public Law in the Czech Republic and their Transition to Financial Self-Sustainability, in: CJL 1 (2024) 77–90, hier: 79.

[2] Vgl. Pavol Minarik, Church-State Separation and Church Property Restitution in the Czech Republic, in: Soc 54/5 (2017) 459–465, hier: 460.

[3] Gesetz 428/2012 Sb.

[4] Vgl. § 17 Gesetz 428/2012 Sb.

[5] Vgl. § 29 Gesetz 229/1991 Sb.

[6] Vgl. Minarik, Church-State Separation and, 462.

[7] Vgl. ebd.

[8] Vgl. Damián Němec, Das Tschechische Gesetz Über den Eigentumsvergleich mit Kirchen und Religionsgemeinschaften aus dem Jahr 2012, in: AfkKR 182/1 (2013) 161–200, hier: 166.

[9] Vgl. Minarik, Church-State Separation and, 463.

[10] Vgl. Němec, Das Tschechische Gesetz, 168.

[11] Vgl. ebd., 172–178.

[12] Vgl. ebd., 178 f.

[13] Vgl. ebd., 171.

[14] Vgl. § 15 Abs. 5 Gesetz 428/2012 Sb.

[15] Vgl. Minarik, Church-State Separation and, 463.

[16] Vgl. Němec, Das Tschechische Gesetz, 181.

[17] Vgl. § 16 Gesetz 428/2012 Sb.

[18] Vgl. Minarik, Church-State Separation and, 464.

[19] Vgl. § 17 Gesetz 428/2012 Sb. 2019 kam es zu dem Versuch, eine Steuer auf die Kompensationen einzuführen, der jedoch gescheitert ist (vgl. Přibyl, The Status of, 87).

[20] Vgl. § 10 Abs. 2 lit. c Gesetz 3/2002 Sb.

[21] Vgl. § 11 Gesetz 3/2002 Sb.

[22] Vgl. § 7 Abs. 1 lit. a Gesetz 3/2002 Sb.

[23] Vgl. Jiří Rajmund Tretera/Záboj Horák, State and Church in the Czech Republic, in: Gerhard Robbers (Hg.), State and Church in the European Union, Baden-Baden 32019, 69–85, hier: 81.

[24] Vgl. § 7 Abs. 1 lit. d Gesetz 3/2002 Sb.

[25] Vgl. Přibyl, The Status of, 84.

[26] Vgl. § 7 Abs. 1 lit. b Gesetz 3/2002 Sb.

[27] Vgl. Tretera/Horák, State and Church in the Czech Republic, 83.

[28] Vgl. § 28 Abs. 3 lit. j Gesetz 372/2011 Sb.

[29] Vgl. § 4 Abs. 1 lit. e und § 9 Abs. 1 lit. e Gesetz 338/1992 Sb.

[30] Vgl. § 19 Abs. 1 lit. b Gesetz 586/1992 Sb.

[31] Vgl. § 17 Abs. 5 Gesetz 428/2012 Sb.

[32] Vgl. § 20 Abs. 8 Gesetz 586/1992 Sb.

[33] Vgl. § 61 lit. a Gesetz 235/2004 Sb.

[34] Vgl. Rajmund Tretera/ Záboj Horák, The financing of religious communities in the czech republic, in: Brigitte Basdevant-Gaudemet/Salvatore Berlingò (Hgg.), The financing of religious communities in the european union, Leuven – Paris – Dudley, MA 2009, 119–128, hier: 127.

[35] Vgl. Minarik, Church-State Separation and, 464.

[36] Vgl. Tretera/Horák, The financing of religious communities in the czech republic, 123.

[37] Vgl. Přibyl, The Status of, 87.

Norwegen – Das Land mit dem weltweit großzügigsten Finanzierungsmodell für Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften

Von Iris Robinigg.

Mit einem Bruttoinlandsprodukt von 82.832 USD (76.557,48 €)1 pro Kopf zählte Norwegen nicht nur im Jahr 2024, sondern auch in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zu den vermögendsten Ländern der Erde. Neben dem seit den 1970er Jahren andauernden und auf Basis von Erdöl, Gas und Fonds basierendem Reichtum ist auch die liberale und glaubens- und weltanschauungsoffene Religionsgesetzgebung Grund für das Anwachsen der äußerst üppigen Anzahl von über 700 Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften, die eine äußerst großzügige Finanzierung genießen.2

Historische Grundlage der Finanzierung

Die Entwicklung des heutigen Finanzierungsmodells der Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften steht in enger Verbindung mit der historischen Entwicklung der evangelisch-lutherischen Kirche (Den norske kirke „DNK“), die seit 1537 die religiöse Identität des Landes prägt. Auch heute noch ist sie die Majoritätskirche des Landes, welcher etwa 62 % der norwegischen Bevölkerung angehören. Das Ende des als „veraltet“ angesehenen Modells der evangelisch-lutherischen Staatskirche (20123) hatte naturgemäß eine Weiterentwicklung des bereits etablierten Finanzierungsmodells für Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften zur Folge. Das ursprüngliche und erste Finanzierungsmodell wurde durch die Einführung des Dissentergesetzes von 1845 ermöglicht und erfolgte in Form einer individuellen Steuererleichterung. Personen außerhalb der Staatskirche (Dissenter) konnten die Möglichkeit ergreifen, sich von der evangelisch-lutherischen Kirchensteuer befreien zu lassen. 1969 ermöglichte der norwegische Staat mit der Einführung des Gesetzes über die Glaubensgemeinschaften zuerst den eingetragenen Glaubensgemeinschaften und ab 1984 auch den eingetragenen Weltanschauungsgemeinschaften eine jährliche finanzielle Unterstützung zu beantragen, die an die Anzahl der Mitglieder gebunden war.

In Rahmen des Prozesses der Trennung von Staat und evangelisch-lutherischer Kirche (2012) stellte sich erneut die Frage der Gestaltung und eines zeitgemäßen Finanzierungsmodells, das sowohl die DNK als auch die anderen Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften in ein ebenbürtiges Modell einbinden konnte. Dieser Prozess mündete in einer grundlegenden Frage: Fortsetzung und Novellierung der Finanzierung für alle oder Beendigung der Finanzierung der DNK und der anderen Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften. Die Zustimmung zur Beibehaltung einer Finanzierung von sowohl der DNK und den anderen Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften führte zu einem Finanzierungsmodell, in welchem die jährliche Grundfinanzierung der DNK als Richtwert für die Finanzierung der anderen Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften dient. Als Richtwert dient somit der jährlich neu zwischen der norwegischen Regierung und der DNK ausgehandelte Betrag, den die DNK zur Aufrechterhaltung ihrer kirchlichen Basisstrukturen benötigt und der anschließend in selbst Höhe den Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften – gerechnet an der Anzahl der Mitglieder – zu Gute kommen soll. Auf diese Weise soll die gleichberechtigte Finanzierung der DNK und der Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften gewährleistet werden, aber auch das in der Gesellschaft mehrheitlich positiv wahrgenommene Wirken der DNK in einer wertschätzenden Kontinuität bewahrt werden. Zugleich werden jedoch auch die anderen Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften als gleichwertige Partner im Verhältnis zwischen Staat und Religionen aufgewertet, indem der Staat gem. § 2 der Verfassung auf Basis der „evangelisch-lutherischen Wurzeln und der humanistischen Werte“ agiert.4 Im Jahr 2024 bedeutete diese großzügige Geste für die registrierten Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften die Möglichkeit der Ausbezahlung von ca. 120 € (ca. 114 NOK) finanzieller Unterstützung pro Mitglied. Zusammengerechnet konnten im Jahr 2024 somit 708 Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften für ihre insgesamt 713.208 Mitglieder eine Gesamtsumme von 1.066.959.168 NOK – umgerechnet 92.665.442,20 € empfangen. Neben der DNK gehörten die Katholische Kirche mit ca. 166.000 Mitgliedern, der Human-Ethische Verband mit 132.000 Mitgliedern und die Evangelisch-Lutherische Freikirche mit 19.000 Mitgliedern zu den zahlenmäßig größten Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften in Norwegen.5

Finanzierung der Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften

Die Grundlagen der Finanzierung der Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften sind in der norwegischen Verfassung von 1814 (Grl.), dem Gesetz und der Vorschrift über die Registrierung und finanzielle Unterstützung der Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften von 2020 verankert. Gemäß § 16 Grl. ist der norwegische Staat zur Unterstützung der Norwegischen Kirche und der anderen Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften verpflichtet. Im Gegenzug müssen die staatlich registrierten Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften vor dem Erhalt der finanziellen Unterstützung die vom Staat geforderten Bedingungen zur Registrierung erfüllen, damit sie um eine jährliche finanzielle Unterstützung ansuchen können. Der Gesetzgeber verpflichtet die Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften zu der rein zweckgebundenen Verwendung der ausbezahlten Summen. Der rein zweckgebundene Gebrauch der Finanzmittel ist im jährlich einzureichenden Rechnungsbericht hinreichend zu dokumentieren. Bei einem Verstoß der Registrierungs- oder Finanzierungsbedingungen kann der Glaubens- oder Weltanschauungsgemeinschaft die finanzielle Unterstützung entzogen und eine Rückzahlung der Summe gefordert werden.6

Neben der zuvor genannten jährlichen finanziellen Unterstützung können die Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften zusätzlich noch um staatliche und wiederum rein zweckgebundene Zuschüsse für den Erhalt religiöser (möglicherweise denkmalgeschützter) Gebäude und den Ausbau von Kinder- oder Jugendorganisationen, den Studentenverbänden, und zusätzlicher Aus- und Fortbildung je nach Zuordnung beim Ministerium für Familie und Bildung, dem Ministerium für Kultur, den Kommunen und anderen Einrichtungen beantragen. Zusätzlich ermöglicht der norwegische Staat den Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften eine indirekte Finanzierung in Form von Steuer- und Gebührenbefreiungen wie der Kompensation der Mehrwertsteuerabgabe für freiwillige Organisationen oder der Subventionen für Spenden, Schenkungen und Lotterien. Eine weitere mögliche Einnahmequelle stellt die Möglichkeit der Erhebung von jährlichen Mitgliederbeiträgen durch die Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften dar.7 Diese Möglichkeit wählen vor allem kleinere Gemeinschaften, wie z. B. die Mosaische Glaubensgemeinschaft in Oslo.8 Auch wenn die religiöse Bildung an öffentlichen Schulen in Form des breitflächig ausgestalteten Unterrichts im Fach „Christentum, Religion, Weltanschauung und Ethik“ geschieht, können private Kindergärten und Schulen, die auf Basis einer bestimmten Lehre einer Religionsgemeinschaft agieren und sich größtenteils durch die Erhebung von Schulgeld finanzieren, zusätzlich noch finanzielle Unterstützung beim Ministerium für Familie und Kinder beantragen.9

Die Sondierung neuer und zukunftsfähiger Finanzierungsmodelle (2024–2025)

Vor allem Kritiker betrachten das aktuelle Finanzierungsmodell als veraltet und nicht mehr tragfähig und sprechen sich für die Etablierung eines zukunftsträchtigen Modells aus. Deswegen beauftragte die norwegische Regierung im Dezember 2024 ein Expertenkomitee mit der Ausarbeitung von möglichen zukünftigen Finanzierungsmodelle für die Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften und die Norwegische Kirche, die im August 2025 zu präsentieren sind. Sofern sich der Staat für die Weiterfinanzierung aller Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften ausspricht, ist damit zu rechnen, dass diese wieder an die Anzahl der Mitglieder gebunden werden wird. Diese war in den vergangenen Jahrzehnten beträchtlichen Umbrüchen unterworfen. Während die ehemalige evangelisch-lutherische Majoritätskirche DNK in den Jahren 2019 bis 2023 bis zu 210.000 Mitglieder verlor, konnten sich andere Glaubens– und Weltanschauungsgemeinschaften im selben Zeitraum über eine steigende Zahl von etwa 60.000 Mitgliedern sowie dem damit einhergehenden ökonomischen Zuwachs von 210. Mill. NOK (10 Mill. €) erfreuen. Eine beachtenswerte Entwicklung, da immer noch acht von zehn Norwegern einer Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaft angehören. Zwar betrachtet auch der von der Regierung beauftragte Expertenausschuss die Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften als wichtige Werteinstanz der Gesellschaft, doch da diese von der finanziellen Wohltätigkeit des Staates nutznießen, gälte es, die Grundwerte der norwegischen Gesellschaft, wie sie in § 2 Grl. verankert sind, mit jener der Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften abzuwägen und dementsprechende Bedingungen für die Finanzierung an diese stellen.10 Eine solche denkbare Bedingung könnte die Etablierung einer Mindestquote von Frauen in Leitungspositionen sein, die bereits 2003 für börsennotierte Unternehmen verpflichtend festgelegt wurde.11 In der Praxis ist für die meisten Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften und abgesehen von der DNK eine solche Quote schwer zu erreichen. Neben der Fixierung einer Mindestquote wäre auch die Anhebung der Mindestanzahl der Mitglieder oder aber ein breitflächiger Um- und Abbau des bisherigen Finanzierungsmodells denkbar. Dieser könnte mitunter die Einstellung der Beihilfen und die Einführung einer „Glaubens- und Weltanschauungssteuer“ mit sich bringen.12

Weiterführende Literatur

Folkestad, Breistein Ingunn, Statlig tilskudd til tros- og livssynssamfunn – et historisk riss, in: Kirke & Kultur 121/4 (2016), 325-334.

Folkestad, Breistein Ingunn, Ingen sunn ordning at staten fullfinansierer tros- og livsynssamfunn, in: https://www.vl.no/meninger/kommentar/2025/03/03/ingen-sunn-ordning-at-staten-fullfinansierer-tros-og-livsynssamfunn/?cx_testId=11&cx_testVariant=cx_1&cx_artPos=0&cx_experienceId=EX5NBVDF55VB&cx_experienceActionId=showRecommendationsT5A1UT59L6DD57#cxrecs_s [letzter Zugriff: 18.3.2025].

Robinigg, Iris, Das Verhältnis von Staat und Religionen. Unter besonderer Beachtung der Katholischen Kirche in Norwegen, Berlin 2025.

  1. Währungsrechner, USD in EUR (Kursdatum: 31.03.2025), in: https://www.finanzen.net/waehrungsrechner/us-dollar_euro?amount=1&date=2025-04-01&interbankrate=0 [letzter Zugriff: 1.4.2025]. ↩︎
  2. Vgl. Ventura, Luca, Richest Countries in the World 2024, in: https://gfmag.com/data/richest-countries-in-the-world/ [letzter Zugriff: 28.3.2025]. ↩︎
  3. Eine Änderung des § 2 der Verfassung von 1814 (Mai 2012) beendete das enge Band zwischen Staat und Kirche. Die evangelisch-lutherische Religion wurde nicht mehr als offizielle Staatsreligion des Landes betrachtet. Im Rahmen des Trennungsprozesses wurden auch Änderungen am Kirchengesetz v. 1996 vorgenommen, welche der DNK eine eigene, vom Staat getrennte Rechtspersönlichkeit verliehen (2017). Das Kirchengesetz v. 1996 wurde durch das Gesetz über die Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften v. 2020 ersetzt. ↩︎
  4. Vgl. Kongeriket Noregs grunnlov (17. Mai 1814), idF. 21. Mai. 2024 (Grl.). ↩︎
  5. Vgl. Statsforfalter, Utbetalte statstilskudd til tros- og livssynssamfunn, in: https://truoglivssyn.statsforvalteren.no/public/tilskudd [letzter Zugriff: 28.3.2025]. ↩︎
  6. Vgl. § 5 u. § 7 Lov 24. april 2020 nr. 31 om tros- og livssynssamfunn, idF. 25.6.2024 nr. 58; § 7 Forskrift 18. desember nr. 2825 om registrering av og tilskudd til tros- og livssynssamfunn, idF. 8.1.2024 nr. 52. ↩︎
  7. Vgl. § 3 Abs. 1 b. Forskrift 23. oktober 2018 nr. 1600 om merverdiavgiftskompensasjon for frivillige organisasjoner, idF. 23.3.2021 nr. 960; Skatteetaten, Gaver til frivillige organisasjoner, in: https://www.skatteetaten.no/satser/gaver-til-frivillige-organisasjoner/ [letzter Zugriff: 28.3.2025]. ↩︎
  8. Vgl. DMT, Bli Medlem, in: https://www.dmt.oslo.no/bli-medlem/ [abgerufen 28.3.2025]. ↩︎
  9. Vgl. § 6-1 u. 6-2 Lov 7. juli 2003 nr. 84 om private skolar med rett til statstilskot, idF. 14.6.2024 nr.36. ↩︎
  10. Vgl. Folkestad, Breistein Ingunn, Ingen sunn ordning at staten fullfinansierer tros- og livsynssamfunn, in: https://www.vl.no/meninger/kommentar/2025/03/03/ingen-sunn-ordning-at-staten-fullfinansierer-tros-og-livsynssamfunn/?cx_testId=11&cx_testVariant=cx_1&cx_artPos=0&cx_experienceId=EX5NBVDF55VB&cx_experienceActionId=showRecommendationsT5A1UT59L6DD57#cxrecs_s [letzter Zugriff: 18.3.2025]; Den Norske Kirke, Store forventningar til nytt utval, in: https://www.kirken.no/nb-NO/om-kirken/aktuelt/store-forventningar-til-nytt-utval/ [letzter Zugriff: 24.3.2025].   ↩︎
  11. Vgl. Stranden, Anne Lise, Lønner det seg å kvotere inn kvinner i styrer?, in: https://www.forskning.no/finans-okonomi/lonner-det-seg-a-kvotere-inn-kvinner-i-styrer/1999042 [letzter Zugriff: 24.3.2025]. ↩︎
  12. Vgl. Hoel, Anders Per/ Lindvag, W. H. Andreas, Erna klar for å rydde i livssynsstøtten – sender varsko mot dødshjelp, in: https://www.vl.no/nyheter/2025/03/20/erna-klar-for-a-rydde-i-livssynsstotten-sender-varsko-mot-dodshjelp/ [letzter Zugriff:  24.3.2025]. ↩︎

Wir bedanken und bei Dr. Iris Robinigg für diesen Beitrag zu unserer Serie über die Finanzierung von Kirchen und Religionsgemeinschaften in Europa. Iris Robinigg arbeitet als Universitätsassistentin am Institut für Praktische Theologie (Fachbereich Kirchenrecht) der Katholisch-Theologischen Fakultät der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck.

Finanzielle Privilegien? Gesetzliche Rahmenbedingungen zur Finanzierung von Religionsgemeinschaften in Bulgarien

Von Julia Weingartler.  ORCID logo

DOI: 10.25365/phaidra.642

In Bulgarien ist die Religionsfreiheit garantiert und eine Trennung von Staat und Kirche vorgesehen.[1] Der Umgang mit den Religionsgemeinschaften und hierbei auch deren finanzielle Unterstützung ist im Gesetz über die Religionsgemeinschaften rechtlich grundgelegt. Unter bestimmten Umständen können religiöse Organisationen staatliche Subventionen erhalten und von Steuererleichterungen profitieren. Diese Maßnahmen kommen allen Religionsgemeinschaften gleichermaßen zu, auch wenn die Bulgarisch-Orthodoxe Kirche wegen ihrer kulturellen und historischen Bedeutung hervorgehoben wird.[2] Wenn Unterstützungen in Anspruch genommen werden, müssen die Jahresabschlüsse der Religionsgemeinschaften einer Finanzprüfung unterzogen werden.[3]

Eine Religionsgemeinschaft hat die Möglichkeit sich beim Stadtgericht in Sofia registrieren zu lassen und dadurch als juristische Person anerkannt zu werden.[4] Infolge dieser Anerkennung ergibt sich auch das Recht Vermögen zu besitzen[5] und von den staatlichen Fördermaßnahmen zu profitieren. Dieser Registrierungsprozess ist im Falle der Bulgarisch-Orthodoxen Kirche nicht notwendig gewesen.[6] Insgesamt hat es 2023 in Bulgarien 223 registrierte Religionsgemeinschaften gegeben.[7]

Eigentum, dass im Zuge des Kommunismus enteignet worden ist, kann restituiert werden, wobei auch die Religionsgemeinschaften einen Anspruch hierauf haben.[8] Einige Verfahren zur Restiution sind noch im Gange, und insbesondere mehrere Anträge der muslimischen Gemeinschaft sind nicht genehmigt worden.[9]

Es besteht die Möglichkeit, dass Religionsgemeinschaften staatliche oder kommunale Grundstücke unentgeltlich nutzen können.[10] Explizit wird dieses Privileg für die Errichtung von Friedhöfen gewährt.[11]

Die Religionsgemeinschaften dürfen darüber hinaus Gegenstände herstellen und verkaufen, die im Zusammenhang mit ihren liturgischen Tätigkeiten, sowie mit ihren Ritualen und Riten stehen.[12] Außerdem können die Religionsgemeinschaften gewerbliche Körperschaften gründen oder sich an solchen beteiligen.[13] Mit ihren Gewinnen aus geschäftlicher Tätigkeit sowie aus Vermietung unterliegen sie der Körperschaftsteuer.[14]

Subventionen

Eine direkte staatliche Unterstützung stellen Subventionen dar, die nach der Anzahl der Mitglieder einer Religionsgemeinschaft vergeben werden. Grundsätzlich kann für jede Religionsgemeinschaft jährlich ein Beitrag im Gesetz über den Staatshaushalt festgelegt werden. Für Religionsgemeinschaften, deren Mitgliederzahl basierend auf den Daten der letzten Volkszählung mehr als ein Prozent der Bevölkerung ausmacht, muss dieser Beitrag mindestens 15 BGN[15] pro Person betragen.[16] Bei der Volkszählung 2023 sind alle protestantischen Religionsgemeinschaften gesammelt erfasst worden, wodurch ihre Mitgliederzahl die Ein-Prozent-Hürde überwinden konnte. Allerdings ist es unklar gewesen, wie diese Religionsgemeinschaften eine Mindestförderung geltend machen können, da sie als unterschiedliche Gruppierungen registriert sind.[17] Mehr als ein Prozent der Bevölkerung machen ansonsten nur die Mitglieder der Bulgarisch-Orthodoxen Kirche sowie die muslimische Glaubensgemeinschaft aus.[18] Zusätzlich werden den ausländischen Eparchien der Bulgarisch-Orthodoxen Kirche eigene Mittel zugewiesen.[19] Im Jahr 2024 sind insgesamt 48.754.100 BGN[20] für die Religionsgemeinschaften bewilligt worden. Eine genaue Übersicht bietet die folgende Tabelle:[21]

Tabelle 1: Subventionen an Religionsgemeinschaften 2024

ReligionsgemeinschaftBetrag in
BGNEUR[22]
Bulgarisch-Orthodoxe Kirche36.000.00018.406.790,06
Rila-Kloster600.000306.779,83
Trojan-Kloster200.000102.259,94
Batschkowo-Kloster200.000102.259,94
Bulgarisch-Orthodoxe Eparchie in West- und Mitteleuropa710.000363.022,80
Bulgarisch-Orthodoxe Eparchien im Ausland690.000352.796,81
Muslimische Gemeinschaft9.580.6004.898.558,13
Katholische Kirche580.700296.911,75
Protestantische Kirchen1.047.800535.739,85
Jüdische Gemeinschaft70.00035.790,98
Armenisch Apostolische Kirche75.00038.347,48

Die Subventionen sind zweckgebunden für die Gehälter der Geistlichen und Angestellten, für Bildungsmaßnahmen und für die Erhaltung von Friedhöfen zu verwenden.[23] Die Auszahlung kann quartalsweise oder monatlich erfolgen.[24] Darüber hinaus können den Religionsgemeinschaften zusätzliche Mittel gewährt werden.[25] Auch religiöse Schulen werden staatlich finanziert, wobei es zusätzlich möglich ist, dass die Religionsgemeinschaften Schüler:innen durch eigene Mittel unterstützen oder in die Instandhaltung der Einrichtungen investieren. Außerdem können auch außerschulische Bildungsprogramme staatlich finanziert werden, wobei die verfügbaren Mittel anteilig nach den Mitgliederzahlen an die Religionsgemeinschaften verteilt werden.[26] An einigen staatlichen Schulen wird Religion als Wahlfach angeboten, wobei es sich hierbei um ein kulturelles und nicht theologisches Fach handelt.[27] Die Religionsgemeinschaften können auch beim Bau und bei der Instandhaltung von Gebetshäusern, deren Nebengebäuden, Schulen und Friedhöfen unterstützt werden.[28]

Die Höhe der Gehälter der Geistlichen soll auf dem Niveau des Bildungswesens liegen, für andere Angestellte richtet sich die Höhe nach dem öffentlichen Sektor. Ausnahmen hiervon bilden die Leitungsfunktionen.[29]

Steuererleichterungen

Zu den wichtigsten Steuervergünstigungen zählt die Befreiung von der Grundsteuer für Gebetshäuser und Klöster, die für religiöse Zwecke genutzt werden, sowie für die Grundstücke, auf denen sie erbaut worden sind. Bei einer kommerziellen Nutzung von Gotteshäusern besteht jedoch eine Grundsteuerpflicht.[30] Auch eine Grundstücksübertragung im Zuge von Restitutionsverfahren für Eigentum, das während der kommunistischen Ära enteignet worden ist, ist steuerfrei.[31]

Außerdem besteht für Religionsgemeinschaften eine Befreiung von der Erbschaftssteuer[32] sowie von der Schenkungssteuer im Bereich von religiös genutzten Immobilien[33]. Gleichzeitig können Unternehmen und Privatpersonen finanzielle Zuwendungen an Religionsgemeinschaften bis zu einer gesetzlich festgelegten Grenze von der Steuer absetzen.[34] Dadurch entsteht ein Anreiz für die Spendenbereitschaft.

Weiters unterliegt der Verkauf von religiösen Artikeln, Bildungsmaßnahmen, Aktivitäten im Gesundheitsbereich und gemeinnützigen Dienstleistungen durch Religionsgemeinschaften nicht der Umsatzsteuer.[35]

Gesetzlich ist auch eine Befreiung von der kommunalen Hausmüllgebühr für Gebetshäuser vorgesehen.[36] Zusätzlich erhalten die Religionsgemeinschaften staatliche Unterstützungen zur Deckung der Energiekosten für Gotteshäuser.[37]

Weiterführende Literatur

Krussteff, Atanas, State and Church in Bulgaria, in: Gerhard Robbers (Hg.), State and Church in the European Union, Baden-Baden 2019, 51–67.


[1] Vgl. Art. 3; Art. 4 Abs. 1 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[2] Vgl. Art. 10 Abs. 1; Abs. 3 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[3] Vgl. Art. 25 Abs. 2 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[4] Vgl. Art. 15 Abs. 1 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[5] Vgl. Art. 21 Abs. 1 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[6] Vgl. Art. 10 Abs. 2 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[7] Vgl. Republik Bulgarien. Direktion für religiöse Angelegenheiten des Ministerrats, РЕЛИГИОЗНИ ИНСТИТУЦИИ регистрирани от Софийски градски съд за периода 1.01.2003 – 30.06.2023 г (30.06.2023). URL: https://view.officeapps.live.com/op/view.aspx?src=http%3A%2F%2Fveroizpovedania.government.bg%2Fdata%2Fdocs%2F1689147726580.docx&wdOrigin=BROWSELINK [letzter Zugriff: 11.02.2025].

[8] Vgl. Art. 3 Abs. 2 Gesetz 15/1992 idF. 70/2024.

[9] Vgl. United States Department of State, Bulgaria 2023 International Religious Freedom Report. URL: https://www.state.gov/reports/2023-report-on-international-religious-freedom/bulgaria/ [Abruf: 05.02.2025].

[10] Vgl. Art. 21 Abs. 3 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[11] Vgl. Art. 24 Abs. 3 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[12] Vgl. Art. 23 Abs. 1–2 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[13] Vgl. Art. 26 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[14] Vgl. Art. 1 Abs. 1 Zif. 2 Gesetz 105/22/2006 idF. 72/2024.

[15] Entspricht € 7,67. Vgl. European Central Bank, Currency converter. URL: https://data.ecb.europa.eu/currency-converter [letzter Zugriff: 13.02.2025].

[16] Vgl. Art. 28 Abs. 1–2 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[17] Vgl. Daniela Kalkandjieva, Financing of religions (22.05.2023). URL: https://www.eurel.info/spip.php?rubrique1197 [letzter Zugriff: 15.01.2025].

[18] Die Bulgarisch-Orthodoxe Kirche zählte bei der Volkszählung 2021 69,5 % der Bevölkerung, die muslimische Gemeinschaft 10,7 %. Vgl. United States Department of State, Bulgaria 2023 International Religious Freedom Report. URL: https://www.state.gov/reports/2023-report-on-international-religious-freedom/bulgaria/ [Abruf: 05.02.2025].

[19] Vgl. Art. 28 Abs. 4 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[20] Entspricht € 24.927.957,87. Vgl. European Central Bank, Currency converter. URL: https://data.ecb.europa.eu/currency-converter [letzter Zugriff: 13.02.2025].

[21] Vgl. Art. 6 Abs. 4 Gesetz 108/2023.

[22] Vgl. European Central Bank, Currency converter. URL: https://data.ecb.europa.eu/currency-converter [letzter Zugriff: 13.02.2025].

[23] Vgl. Art. 28 Abs. 8 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[24] Vgl. Art. 28 Abs. 9 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[25] Vgl. Art. 28 Abs. 5 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[26] Vgl. Art. 28 (17–19) Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[27] Vgl. Atanas Krussteff, State and Church in Bulgaria, in: Gerhard Robbers (Hg.), State and Church in the European Union, Baden-Baden 2019, 51–67, hier: 63.

[28] Vgl. Art. 28 Abs. 10 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[29] Vgl. Art. 29 Abs. 2 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[30] Vgl. Art. 24 Abs. 1 Zif. 9 Gesetz 117/1997 idF. 81/2024.

[31] Vgl. Art. 5 Abs. 1 Gesetz 15/1992 idF. 70/2024.

[32] Vgl. Art. 38 Abs. 1 Zif. 2a Gesetz 117/1997 idF. 81/2024.

[33] Vgl. Art. 48 Abs. 1 Zif. 1 lit. ж Gesetz 117/1997 idF. 81/2024.

[34] Vgl. Art 31 Abs. 1 Zif. 6 Gesetz 105/22/2006 idF. 72/2024; Art. 22 (1) Zif. 1 lit. ж Gesetz 95/2006 idF. 70/2024.

[35] Vgl. Art. 43 Gesetz 63/2006 idF. 79/2024.

[36] Vgl. Art. 71a Abs. 1–2 Gesetz 117/1997 idF. 81/2024.

[37] Vgl. § 2 Abs. 14 Gesetz 6/2025.

Steuerwidmung für alle statt Kirchenbeitrag? Vor- und Nachteile einer „Mandatssteuer“ zur Kirchenfinanzierung

Von Andreas KowatschORCID logo

DOI: 10.25365/phaidra.513

Der österreichische Kirchenbeitrag

Vor 85 Jahren, am 1. Mai 1939, erließen die Nationalsozialisten das „Gesetz über die Erhebung von Kirchenbeiträgen im Lande Österreich“, kurz: Kirchenbeitragsgesetz. Die erklärte Absicht des Regimes war, die Gläubigen massenhaft zum Austritt aus der Katholischen Kirche (aber auch der Evangelischen und der Altkatholischen Kirche) zu bewegen, weil sie sich dadurch der Pflicht zur Beitragszahlung entziehen konnten. Mit dem Kirchenbeitragsgesetz stellte der nationalsozialistische Staat die Zahlungen an die Kirche aus den Religionsfonds ein. Diese im Wesentlichen auf Klosteraufhebungen durch Kaiser Joseph II. zurückgehenden Sondervermögen wurden vom Staat verwaltet, hatten aber ihre kirchliche Zweckwidmung behalten. Hitler selbst hatte in den Wortlaut des Kirchenbeitragsgesetzes eingegriffen und angeordnet, dass die Kirche zur Einbringung von offenen Beiträgen wie jeder beliebige Verein auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurde. Gleichzeitig wurden die (innerkirchlichen) Kirchenbeitragsordnungen von einer staatlichen Genehmigung abhängig gemacht, womit die Rechtsstellung der Kirche de facto noch schlechter war als jene eines x-beliebigen Vereins. Zwar folgten mehrere zehntausend Katholiken dem Wunsch des Regimes, die gewünschte Schwächung der Kirche blieb jedoch aus. Obwohl die Österreicher mentalitätsmäßig nicht an private Leistungen für die Kirche gewöhnt waren, folgten diese dem Aufruf der Bischöfe zur Beitragszahlung in überwältigender Mehrheit. Mehr noch – durch die Zahlung des Kirchenbeitrags konnte man diskret gegen das Regime demonstrieren.

Der Wunsch, die Kirche in ihrer institutionellen Substanz zu schwächen, wurde durch weitere Maßnahmen des Regimes begleitet. So hatten die Nazis die „Ostmark“ zum konkordatsfreien Raum erklärt, mit der Folge, dass an der Frage der Weitergeltung des Konkordats nach 1945 Staats- und Völkerrechtler die Frage nach dem rechtlichen Schicksal der Republik Österreich zwischen 1938 und 1945 bearbeiteten. 1957 schließlich wurde die Weitergeltung offiziell bestätigt. Wenige Monate nach dem Inkrafttreten des Kirchenbeitragsgesetzes erfolgte die formelle Einverleibung der Religionsfondsvermögen – darunter etwa 66.000 ha Wald – in den Staat,[1] was materiell einer Enteignung von Kirchenvermögen entsprach.

Der Kirchenbeitrag nach 1945

Da die Nationalsozialisten das seit Josef II. vorherrschende System der Kirchenfinanzierung zerschlagen hatten, musste in der Zweiten Republik eine Lösung gefunden werden. In Art. 26 des Staatsvertrages 1955 verpflichtete sich Österreich zur Entschädigung von nationalsozialistischen Enteignungen „wegen der rassischen Abstammung oder der Religion des Eigentümers“. Im Vermögensvertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und Österreich verzichtete die Katholische Kirche 1960 auf die Rückübertragung der meisten Religionsfondsvermögen (darunter ca. 90 % der forstwirtschaftlich genutzten Flächen) und erhält seitdem im Gegenzug jährliche Entschädigungszahlungen, deren Höhe sich an einem durchschnittlichen Gehalt von 1250 Bundesbediensteten orientiert. Seit dem Jahr 2020 werden diese Entschädigungszahlungen automatisch valorisiert, wenn infolge der Inflation eine Wertminderung von 20 Prozent dauerhaft eingetreten ist. Zuvor bildeten die Wertanpassungen den Gegenstand von jeweils neu zu bestreitenden Verhandlungen zwischen Staat und Kirche.

Das Kirchenbeitragsgesetz wurde trotz seiner historisch belegten politisch eindeutigen Zwecksetzung in den Rechtsbestand der Republik Österreich übergeleitet.[2] Der Vermögensvertrag 1960 bestätigte dessen Fortgeltung. Auch in der Zweiten Republik blieb die Kirche, die im staatlichen Recht als Körperschaft des öffentlichen Rechts verfasst ist, auf die Klagemöglichkeit vor den Zivilgerichten beschränkt. Die Verwaltungsexekution von ausstehenden Kirchenbeiträgen ist daher nicht möglich.

Kirchenbeitrag als Finanzierung durch die eigenen Gläubigen

Die Erhebung des Kirchenbeitrags erfolgt durch die einzelnen Diözesen aufgrund der kircheneigenen Beitragsordnungen, welche vom Staat genehmigend zur Kenntnis genommen werden. Vereinfacht gesagt, sind nur jene Gläubige beitragspflichtig, die einkommensteuerpflichtiges Einkommen erzielen. Neben einem allgemeinen Absetzbetrag enthalten die Kirchenbeitragsregelungen eine Reihe von Ermäßigungs- und Härtefallregelungen. Anders als im System der deutschen Kirchensteuer verfügt die Kirche hierzulande über keine Daten, welche die genaue Beitragsberechnung von 1,1 % vom Einkommen (abzüglich eines allgemeinen Absetzbetrags) ermöglichen, sondern ist auf die freiwilligen Angaben der Kirchenmitglieder bzw. auf Schätzungen angewiesen. Das tatsächlich lukrierte Beitragsaufkommen dürfte daher erheblich geringer als die formellen Beitragssätze sein. Dennoch machen die Kirchenbeiträge 85 Jahre nach dem Inkrafttreten des Kirchenbeitragsgesetzes ungefähr drei Viertel der diözesanen Haushalte aus und sind somit mit Abstand die wichtigste Quelle der Kirchenfinanzierung.

Vor- und Nachteile

Aus der Sicht des religiös-weltanschaulich neutralen Staates haben die Kirchenbeiträge den erheblichen Vorteil, dass es sich um reine Mitgliederbeiträge handelt. Weder sind juristische Personen zur Zahlung verpflichtet, noch trifft die Beitragspflicht Angehörige anderer Religionsgemeinschaften bzw. konfessionslose Bürger. Dass die Kirchenbeiträge bis zum Höchstbetrag von 600 Euro pro Jahr als Sonderausgaben steuerlich geltend gemacht werden, durchbricht diesen Grundsatz teilweise. Bedenkt man jedoch, dass Spenden in Österreich bis zu einem Zehntel des Jahreseinkommens abzugsfähig sind, ist dieser Betrag jedoch nicht mehr als die Anerkennung des Staates für die Leistungen von Religionsgemeinschaften, die durch die gesetzliche Anerkennung zur öffentlichen Rechtssphäre zählen. Diese Anerkennung ist im Rahmen des staatlichen Auftrags zur Kulturförderung und des verfassungsrechtlich vorgesehenen Systems der Anerkennung von Religionsgesellschaften verfassungsrechtlich unbedenklich. Auch arbeiten Staat und Kirche im Bereich des Kirchenbeitrags nicht zusammen, was dem System einer institutionellen Trennung von Staat und Religion besser entspricht als etwa das deutsche Kirchensteuersystem. Freilich lässt sich die Bundesrepublik Deutschland die Eintreibung der Kirchensteuer durch die Finanzämter mit etlichen Millionen Euro jährlich teuer vergüten.

Kirchenrechtlich ist die Grundpflicht aller Gläubigen normiert, zu den materiellen Bedürfnissen der Kirche beizutragen (vgl. cc. 222 § 1 und 1260 CIC). Das österreichische Kirchenbeitragssystem ist weltweit betrachtet – vor allem aufgrund seiner historischen Herkunft – die Ausnahme. Kirchenrechtlich legitimiert ist es aber durch c. 1263 CIC, der partikulare Gesetze und Gewohnheiten zur Kirchenfinanzierung gewährleistet.

Aus der Sicht der Kirche hat der Kirchenbeitrag den Vorteil, trotz der wohl nicht immer bis ins Detail gehenden Bereitschaft der eigenen Gläubigen, das tatsächlich Gesollte auch wirklich zu leisten, im Großen und Ganzen ein gerechtes System zu sein. Die Koppelung an die einkommensteuerpflichtigen Einkommen zielt auf die tatsächliche Leistungsfähigkeit und gestaltet die Kirche somit analog zum Staat als Solidargemeinschaft. Die Koppelung an die Einkommen ermöglicht auch einen Gleichklang der kirchlichen Leistungsfähigkeit mit den konkreten sozioökonomischen Verhältnissen im Land. Neben diesen Vorteilen bringt der Kirchenbeitrag aber – aus der Sicht der Kirche betrachtet – Nachteile mit sich, deren Gewicht in den letzten Jahren so sehr zugenommen hat, dass vermehrt über die Zukunftsfähigkeit des Systems diskutiert wird. Der Nachteil besteht in der äußeren Verknüpfung von Kirchenzugehörigkeit und Beitragspflicht und wird verstärkt durch die kircheneigene Eintreibung. Dies führt dazu, dass junge Erwachsene anlässlich ihres 18. Geburtstages nicht selten den ersten Kontakt mit ihrer Religionsgemeinschaft nach der Firmung in Form der Aufforderung zur Offenlegung des Einkommens haben. Auch wenn es eine Reihe von gut gemeinten pastoralen Projekten gibt, die die dadurch entstehende Wirkung aufweichen wollen, ändert dies nichts am Grundbefund. Was für viele junge Erwachsene die Konsequenz ist, ist es angesichts einer lose gewordenen Kirchenbindung und angesichts vielfältiger kirchlicher Krisen auch für ältere Kirchenmitglieder: der Austritt aus der Kirche.

Wer aus der Kirche austritt, erklärt öffentlich, der Kirche in der Form, wie sie in Österreich verfasst ist, nicht mehr angehören zu wollen. Der Kirchenaustritt erfolgt vor der staatlichen Behörde und bringt (mit Beginn des Folgemonats) den Entfall der Kirchenbeitragspflicht mit sich. Innerkirchlich führt er zu einem formalen Bruch mit der eigenen Glaubensgemeinschaft, sofern nach einer Kontaktaufnahme durch den Ortspfarrer und dem Angebot zu einem Gespräch der Austritt nicht binnen dreier Monate widerrufen wird. Der Austritt kann aus Gründen der eigenen (geänderten) religiösen Überzeugung erfolgen oder auch ein Akt des Protests angesichts vielfältiger tatsächlicher oder vermeintlicher Skandale sein. In den meisten Fällen wird er die letzte Konsequenz einer unter Umständen schon lange brüchig gewordenen Bindung zum kirchlichen Glauben sein. Dass der Austritt allein aus finanziellen Gründen erfolgt, ist zwar nicht ausgeschlossen. Angesichts der Lösungsmöglichkeiten für Härtefälle in den Kirchenbeitragsordnungen bezieht sich die finanzielle Not aber tendenziell nicht auf das zum Leben Nötige, sondern auf die Frage, wie die eigenen Finanzen eingesetzt werden sollen. Auch der Verzicht auf Annehmlichkeiten zugunsten des Kirchenbeitrags ist freilich ein finanzieller Grund.

Eine „Mandatssteuer“ als Alternativmodell?

In Staaten, die weder den österreichischen Kirchenbeitrag noch eine Kirchensteuer kennen, fällt der finanzielle Anreiz zum Kirchenaustritt weg. Wer beispielsweise in Italien aus der Kirche austreten möchte, muss dies gegenüber dem eigenen Pfarrer (bzw. dem Ordinarius) erklären. Auf diese Idee werden Kirchenmitglieder nur dann kommen, wenn entweder eine neue Religionsgemeinschaft, der sie sich anschließen wollen, einen ausdrücklichen Austritt aus der Kirche verlangt, oder weil sie in Österreich, Deutschland oder der Schweiz die finanziellen Wohltaten des Kirchenaustritts beanspruchen wollen. Formal betrachtet, erlebt die Kirche in diesen Staaten daher einen viel geringeren Mitgliederschwund als in Österreich. Auch wenn dadurch wenig über die innere Kirchenbindung ausgesagt ist, führt dies dazu, dass auch in Österreich immer wieder über die Einführung einer sog. „Mandatssteuer“ nachgedacht wird, wobei dabei in den meisten Fällen auf das italienische Modell der „Otto per mille (8 Promille)“ zurückgegriffen wird. Vergleichbare Modelle der Finanzierung von Religionsgemeinschaften gibt es aber auch in anderen Staaten, etwa in Spanien, Ungarn oder Island.

Kern dieses Mandatssteuer-Systems (manchmal auch weniger aussagekräftig als „Kultursteuer“ bezeichnet) ist die direkte Finanzierung der Kirche bzw. sonstiger begünstigter Religionsgemeinschaften aus dem Staatshaushalt. Dabei übernimmt der Staat aber nicht die Verpflichtung zur Leistung eines im Vorhinein festgelegten Betrags. Die Höhe der Staatsleistungen ist vielmehr die Konsequenz einer Entscheidung der einkommensteuerpflichtigen Bürger. Je nach System haben diese die Möglichkeit, einen Teil ihrer eigenen Einkommensteuerlast für die Finanzierung einer bestimmten Religionsgemeinschaft zu widmen (so in Italien) oder zu bestimmen, dass ein (kleiner) Teil der staatlichen Gesamteinnahmen für die Verwendung der Finanzierung einer ausgewählten Religionsgemeinschaft verwendet wird (so beispielsweise in Spanien). Keine Widmung erfolgt hinsichtlich der Besteuerung von Gewinnen juristischer Personen.

In Italien widmen die Steuerpflichtigen acht Promille ihrer Einkommensteuerlast für eine von mehreren dafür vorgesehenen Religionsgesellschaften. Dabei kann die Widmung auch für eine Kirche erfolgen, der man gar nicht angehört. Um jedoch zu verhindern, dass nichtreligiöse Bürger eine persönliche Widmungsentscheidung für eine religiöse Gemeinschaft abgeben müssen, ist auch eine Widmung des entsprechenden Betrages für den Staatshaushalt vorgesehen. Theoretisch soll das dadurch erzielte Steueraufkommen für soziale oder humanitäre Zwecke[3] verwendet werden. Die italienische Praxis zeigt hier jedoch eine gewisse Flexibilität. Nicht alle Bürger machen von ihrem „Mandatsrecht“ Gebrauch. Der Clou des italienischen Systems ist, dass die nicht gewidmeten Mittel nicht einfach in den allgemeinen Staatshaushalt fließen, sondern in der Relation der erfolgten Widmungen an die begünstigten Gemeinschaften verteilt wird.

Vorteile der Mandatssteuer

Aus demokratiepolitischer Sicht hat das Mandatssteuersystem den großen Vorteil, die steuerpflichtigen Bürger in einem kleinen, aber nicht unerheblichen Umfang an der Entscheidung über die Verwendung der Staatsausgaben zu beteiligen. Ein effektives Mitbestimmungsrecht haben freilich nur jene Bürger, die auch tatsächlich Einkommensteuer abführen müssen. Aus der Sicht der Kirche bringt dieses System den Vorteil mit sich, dass der finanzielle Anreiz zum Kirchenaustritt wegfällt. Die Pflicht zur Mandatssteuer trifft alle Steuerpflichtigen unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit.

Aus diesem Grund ist dieses System auch mit der individuellen Religionsfreiheit besonders kompatibel. Die Steuerpflicht ist unabhängig von der eigenen Kirchenmitgliedschaft. Die Gläubigen haben auch die Möglichkeit, zugunsten einer Kirche zu votieren, der diese gar nicht angehören. Als Folge dieser Möglichkeit gelingt es beispielsweise der Evangelischen Kirche in Italien ca. zehnmal so hohe Staatsleistungen zu lukrieren, als es der Mitgliederzahl der Kirche entsprechen würde. Keinen Konflikt gibt es mit der individuellen (negativen) Religionsfreiheit, da jeder Bürger frei wählen kann, ob er eine Religionsgemeinschaft oder den Staat begünstigen möchte. Dass die nicht gewidmeten Beträge nach dem Verhältnis der gewidmeten verteilt werden, ist verfassungsrechtlich unbedenklich, solange auf die Wahlmöglichkeit explizit hingewiesen wird. Wer dieses Recht nicht wahrnimmt, ist sich der Konsequenz bewusst und nimmt diese freien Stückes in Kauf. Aus demokratiepolitischer Perspektive ist der dadurch entstehende sanfte Druck zur Widmung sogar wünschenswert, da die Nichtwidmung eine Verweigerung einer staatsbürgerlichen Partizipationsmöglichkeit gleichkommt. Die Folgen der Nichtwidmung entsprechen den Folgen einer nicht oder ungültig abgegeben Stimme bei der Parlamentswahl in der repräsentativen Demokratie. In Italien ist die Steuerwidmung dabei nicht auf die Finanzierung der Religionsgemeinschaften beschränkt. 5 Promille der persönlichen Einkommensteuer können für sozial-caritative Organisationen gewidmet werden. Sofern Institutionen der kirchlichen Caritas die entsprechende Widmung lukrieren können, erhöht sich der Anteil für die Kirche noch einmal. Auch das System der Parteienfinanzierung ist in Italien über die Möglichkeit der Widmung von 2 Promille der Einkommenssteuer normiert.

Ein weiterer Vorteil mag darin liegen, dass dieses System relativ stabile Einnahmen garantiert. Im Vergleich zum österreichischen Kirchenbeitrag und vor allem zu Systemen der Kirchensteuer sind diese jedoch erheblich geringer.

Nachteile der Mandatssteuer

Die genannten Vorteile haben jeweils eine Kehrseite, welche zumindest aus einer bestimmten Perspektive auch als Nachteil erscheinen kann.

Den Vorteilen auf der Seite der individuellen Religionsfreiheit steht die schwächere Berücksichtigung der korporativen Religionsfreiheit gegenüber. So sind etwa die Staatsleistungen in Spanien zweckgewidmet und können von der Kirche nicht für jeden beliebigen Zweck, der ihrem Selbstverständnis entspricht, verwendet werden. Es kann auch sein, dass die Zuwendung von Beiträgen von Nichtmitgliedern dem eigenen religiösen Selbstverständnis widerspricht. Das italienische System begegnet diesem Problem damit, dass die „Assemblee di Dio in Italia“ und die „Chiesa Apostolica in Italia“ nur den Steueranteil der ihnen durch die Widmungen der eigenen Gläubigen zugewiesen ist, erhalten. An der Verteilung der nicht gewidmeten Beträge partizipieren sie in Ausübung ihres Rechts auf korporative Religionsfreiheit nicht. Die entsprechenden Beträge fallen in den allgemeinen Staatshaushalt.

Mit der korporativen Religionsfreiheit in einer gewissen Spannung steht auch die Wahlmöglichkeit zugunsten einer anderen Religionsgemeinschaft. Aus kirchenrechtlicher Sicht wirft dies Fragen nach der Ernsthaftigkeit der Kirchenzugehörigkeit auf. Jedoch lässt sich aus der reinen Widmungsentscheidung nicht ohne Hinzutreten weiterer Faktoren auf die innere Haltung schließen. Kirchenrechtlich relevant wäre diese im äußeren Rechtsbereich überhaupt erst nach Durchführung eines Strafverfahrens, was nicht nur angesichts des mangelnden Zugriffs der Kirche auf die Steuerformulare aussichtslos ist. Übrig bleibt die Frage, wie die Kirchen ihre eigenen Mitglieder motivieren können, bei ihrer eigenen Religionsgemeinschaft die widmende Unterschrift zu leisten. Aus verfassungsrechtlicher Sicht überwiegt in diesem Konflikt zwischen korporativer und individueller Religionsfreiheit jedenfalls die Freiheit des Einzelnen, die auch gegen die eigene Kirche ausgeübt werden darf. Über innerkirchlichen Dissens welcher Art auch immer zu urteilen, ist nicht die Sache des weltanschaulich-religiös neutralen Staates.

Mit der Motivation der eigenen Mitglieder durch die Kirche ist ein weiterer Aspekt angesprochen. Gerade weil nicht von vornherein damit gerechnet werden kann, dass zwischen der Kirchenmitgliedschaft und der Steuerwidmung ein notwendiger Konnex besteht, betreiben die Kirchen einen nicht unerheblichen und auch kostspieligen Werbeaufwand. Entgegen einer nüchternen Darstellung, wofür die Kirchen die Finanzmittel benötigen, ist damit quasi unausweichlich die PR-mäßige Konzentration auf gesellschaftlich „gefällige“ Wirkungsbereiche gelenkt. Tatsächlich macht der Unterhalt der Kleriker und die Zahlungen für Löhne und Gehälter der Mitarbeitenden den weitaus größten Anteil kirchlicher Budgets aus. Dies ist angesichts der Bedeutung der Ressource Mensch für das Leben einer Religionsgemeinschaft unausweichlich, führt aber nicht zwangsläufig zu einem erhöhten Widmungsaufkommen. Die Frage, wie die Motivation durch Werbung geweckt werden kann, ist daher auch eine Frage, die mit der Wahrhaftigkeit der kirchlichen Sendung zusammenhängt. Selbst wenn man eine breite Bereitschaft in der Bevölkerung zur Finanzierung von Personalkosten unterstellt, führt das System der Mandatssteuer fast zwangsläufig zu einem Import politischer Logiken, die nicht immer mit dem Selbstverständnis der einzelnen Religionsgemeinschaften kompatibel sein müssen.

Zwei weitere Nachteile führten zumindest bislang dazu, dass in Österreich das System des Kirchenbeitrags wenigstens aus Sicht der Katholischen Kirche trotz der genannten Schwierigkeiten nur vereinzelt hinterfragt wird. Zum einen wirft die scheinbar so gleichmäßige Verpflichtung aller Bürger zu erheblichen Gleichheitsproblemen. Zum anderen handelt es sich um ein System der reinen Staatsfinanzierung.

Der erste Nachteil betrifft die Frage, welche Religionsgemeinschaften in den Genuss der Rechtswohltat kommen, mögliche Empfänger gewidmeter Steuergelder zu sein. In der italienischen Praxis schließt der Staat mit einzelnen Gemeinschaften Verträge, nachdem das System ursprünglich das vermögensrechtliche Verhältnis zwischen Italien und der Katholischen Kirche nach dem Abschluss des Konkordats 1984 neu geregelt hatte. Ähnlich wie bei den österreichischen Staatsleistungen standen auch bei der Einführung der „Otto per mille“ Entschädigungsfragen nach der Einstellung staatlicher Finanzierungsformen am Beginn der Finanzierung. Die Eingliederung in das staatliche Steuerrecht führte jedoch rasch und verfassungsrechtlich nicht überraschend zu Gleichheitsüberlegungen, die dazu geführt haben, dass der Kreis der Begünstigten sukzessive ausgeweitet wurde. Dennoch stellt sich auch heute die Frage, nach welchen Kriterien der Staat die Begünstigteneigenschaft verleiht, bzw., noch deutlicher, nach welchen Kriterien er den Antrag einzelner Religions- und auch Weltanschauungsgemeinschaften ablehnen darf.

Die Übertragung der italienischen Praxis auf Österreich ist mangels verfassungsrechtlicher Ermächtigung des Bundes zum Abschluss von dem Konkordat nachgebildeten Staat-Religionen-Verträgen nicht möglich. Dennoch ist der verfassungsrechtliche Einwand in Österreich relativ leicht zu entkräften. Möglicher Anknüpfungspunkt wäre hierzulande die gesetzliche Anerkennung als Kirche oder Religionsgesellschaft. Mit dieser erwirbt die bislang als Bekenntnisgemeinschaft im staatlichen Recht konstituierte Religionsgemeinschaft den Rechtsstatus einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Unterscheidung von anerkannten und sonstigen Religionsgemeinschaften ist in Österreich verfassungsrechtlich vorgegeben und vom VfGH in ständiger Rechtsprechung aufrechterhalten. Der Körperschaftsstatus wäre ein diskriminierungsfreies Kriterium, da in ihm implizit eine über die allgemeine Religionsausübungsfreiheit, die allen Religionsgemeinschaften gem. Art. 9 EMRK zukommt, hinausgehende Bedeutung der betreffenden Gemeinschaft für die gesellschaftliche und staatliche Öffentlichkeit zum Ausdruck kommt.

Der letzte in diesem Zusammenhang zu besprechende Nachteil ist wahrscheinlich der gewichtigste: Die Hoheit, die Mandatssteuer festzusetzen, einzutreiben und widmungsgemäß zu verwenden, liegt ausschließlich in der Hand des Staates. In der staatlichen Kompetenz liegt auch die Festsetzung des Steuersatzes, sodass geänderte politische Verhältnisse erhebliche Auswirkungen auf die Verlässlichkeit der Kirchenfinanzierung haben. Wird der der Widmungssteuersatz auch nur um ein Promille reduziert, ist u.U. die Stabilität des ganzen Systems gefährdet. In Italien finden daher regelmäßige und durchaus komplexe Verhandlungen mit dem Staat statt, in deren Rahmen die Religionsgemeinschaften ihren Bedarf begründen müssen. Der Staat gewinnt damit auch ein politisches Druckmittel, das diskret oder auch ganz offen gegen gesamtgesellschaftlich nicht immer plausible Positionen einzelner Religionsgemeinschaften oder gegen deren politisches Engagement eingesetzt werden kann. Damit kollidiert das System letztlich doch auch mit der korporativen Religionsfreiheit i. S. d. Art. 15 StGG („innere Angelegenheiten“), freilich nicht im grundrechtlichen Dreiecksverhältnis Institution-Individuen-Staat, sondern im direkten Verhältnis Religionsgemeinschaft-Staat.

Resümee

Letztlich ist die Frage der Finanzierung von Religionsgemeinschaften wie das Religionsrecht überhaupt mehr als andere Rechtsbereiche geschichtlich pfadabhängig. Teilweise Jahrhunderte alte Praktiken wirkten kultur- und mentalitätsprägend, sodass die simple Auswechslung von Systemen voraussichtlich nicht ohne erhebliche Kollateralschäden für die Religionsgemeinschaften vonstattengehen würde. Den Religionsgemeinschaften eine verlässliche finanzielle Planung zu entziehen, liegt angesichts der vielfältigen Beiträge zur Kohäsion einer individualisierten Gesellschaft aber nicht im Interesse des Staates. Als politisches Ziel darf eine solche Schwächung vorgetragen und verfolgt werden, das geltende Verfassungsrecht bietet allerdings keine taugliche Grundlage für die laizistische Privatisierung von Religion.

Angesichts des historischen Unrechts der Enteignung und auch im Blick auf die erheblichen Vorteile, die die Republik aus dem Verzicht der Katholischen Kirche auf die Rückübereignung zehntausender Hektar forst- und landwirtschaftlich genutzter Flächen bis heute zieht, sollten sich Diskussionen über die Abschaffung der Restitutionszahlungen von selbst verbieten. Nicht verpönt ist und bleibt die Frage, ob das System des Kirchenbeitrags durch eine Mandatssteuer abgelöst werden sollte. Da geringere Austrittszahlen keine Aussage über die Gläubigkeit bzw. Kirchenbindung der Mitglieder aussagt, sollten sich die betroffenen Kirchen aber wohl nicht allzu viel an evangelisierendem Schwung erwarten. Im Blick auf das Grundrecht auf Religionsfreiheit, die Neutralität des Staates und den allgemeinen Gleichheitssatz bleibt die rein mitgliederbasierte Finanzierung der Religion, welche der Kirchenbeitrag garantiert, aber das weitaus sensiblere System.


[1] Dritte Verordnung des Reichskommissars für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich zur Durchführung und Ergänzung des Gesetzes über die Erhebung von Kirchenbeiträgen im Lande Österreich, GBI. f. d. L. Ö. Nr. 45/1940.

[2] Dies war nur aufgrund einer sehr engen Interpretation von § 1 Abs. 1 des Rechts-Überleitungsgesetzes 1945 möglich. Dieser für die Gründungsgeschichte der Zweiten Republik bedeutungsvollen Norm zufolge wurden alle nach dem 13. März 1938 erlassenen Gesetze und Verordnungen sowie alle einzelnen Bestimmungen in solchen Rechtsvorschriften aufgehoben, die mit dem Bestand eines freien und unabhängigen Staates Österreich oder mit den Grundsätzen einer echten Demokratie unvereinbar waren, die dem Rechtsempfinden des österreichischen Volkes widersprachen oder typisches Gedankengut des Nationalsozialismus enthielten.

[3] Im entsprechenden Steuerformular gibt es die Wahlmöglichkeit zwischen folgenden Zwecken: Bekämpfung des Hungers in der Welt; Katastrophenhilfe; Flüchtlingshilfe; Erhaltung von Schulgebäuden; Erhaltung von Kulturgütern.

Eng verwoben: Staatskasse und Religion. Finanzierung der Religionsgemeinschaften in der Slowakei

Von Julia Weingartler.  ORCID logo

DOI: 10.25365/phaidra.520

Nur knapp hinter der österreichischen Grenze, in der Slowakei, begegnet uns ein vollkommen anderes Modell der Finanzierung von Religionsgemeinschaften, als es uns vertraut ist. Hierbei nimmt der Staat eine bedeutende Rolle ein. In der Slowakei gibt es 18 anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften,[1] wobei der Römisch-Katholischen Kirche die meisten Mitglieder angehören. Die folgenden Regelungen beziehen sich nur auf diese anerkannten Religionsgemeinschaften.

Die Finanzierung der Religionsgemeinschaften hat sich in der Slowakei historisch entwickelt und war lange durch den Kommunismus geprägt. Unter dessen Herrschaft kam es zu Enteignungen von Religionsgemeinschaften und auch ihre Aktivitäten wurden eingeschränkt. Nach dem Zerfall des kommunistischen Regimes wurde den Religionen eine bedeutende Rolle bei der moralischen Erbauung der Gesellschaft zugeschrieben und auch eine Wiedergutmachung wurde angestrebt, die mit einer rechtlichen Neuordnung einherging. Den Religionsgemeinschaften wurde zugesprochen, dass sie Träger von Eigentumsrechten sind, und ihnen kam das Recht zu, die Herausgabe enteigneten Vermögens zu beanspruchen.

Im Bereich der staatlichen Unterstützungen kann man zwischen einem Beitrag, zweckgebundenen Zuschüssen und Steuer- und Gebührenbefreiungen und -ermäßigungen unterscheiden.

Finanzierung durch Staatsleistungen

Die Finanzierung der Religionsgemeinschaften in der Slowakei basiert hauptsächlich auf dem Gesetz vom 16. Oktober 2019 über die finanzielle Unterstützung der Tätigkeit von Kirchen und religiösen Vereinigungen, welches mit 1. Jänner 2020 in Kraft trat. Durch dieses wurde das bisherige Gesetz 218/1949 Zb in der novellierten Fassung aufgehoben. Vor allem die Bezüge der Geistlichen waren ein wichtiger Posten. Die Anzahl der Geistlichen bildete hierbei die Bezugsgröße, die für die Höhe der staatlichen Leistungen ausschlaggebend war. Das konnte zu einem Ungleichgewicht führen, da der Staat keinen Einfluss darauf hatte, wie viele Geistliche von einer Religionsgemeinschaft bestellt wurden. § 2 lit. b des Gesetzes 370/2019 Zz bestimmt nun hingegen, dass die Anzahl der Gläubigen, die bei der letzten Volkszählung zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft gehörten oder die dem Kultusministerium aus einer anderen Quelle, etwa der Registrierung einer neuen Religionsgemeinschaft, bekannt sind, ausschlagekräftig für die Höhe der Staatsleistungen ist.

Der Staatsbeitrag wird jährlich aus dem Haushalt des Kulturministeriums zur Verfügung gestellt, wobei die Berechnung auf dem Betrag des Vorjahres basiert, welcher jedoch anhand der Inflation und der Veränderung der Gehaltstabelle für öffentliche Angestellte angepasst wird. Der Beitrag muss von den Kirchen und Religionsgesellschaften eigens beantragt werden; momentan gibt es vier Religionsgemeinschaften, die keinen solchen Antrag gestellt haben und auf diese finanzielle Hilfe verzichten.[2] Die Verwendung der Mittel muss dem Kulturministerium jährlich anhand eines Berichts zur Kontrolle dargelegt werden. Bei einem Verstoß gegen die Haushaltsdisziplin, können Sanktionen verhängt werden.

Die Verwendung der Mittel ist den Religionsgemeinschaften zu großen Teilen freigestellt. Gesetzlich ist es zwar verboten, einige Tätigkeiten (wie z.B. die Gewährung von Darlehen und Krediten, die Übernahme einer Bürgschaft oder die Vergabe von Spenden) mit den zur Verfügung gestellten Beiträgen zu finanzieren, insgesamt bleibt jedoch eine größere Freiheit als früher, da die bisherigen Staatsleistungen konkreten Bereichen (Gehälter der Geistlichen inklusive der Versicherungsfonds, Kosten für Gottesdienst und Verwaltung) zugeordnet waren. Die Zuordnung des Beitrags zur Finanzierung gottesdienstlicher, erzieherischer, kultureller und karitativer Aktivitäten der Religionsgemeinschaften, sowie zur Deckung von Betriebskosten und Kosten, die dadurch entstehen, dass die Religionsgemeinschaften als Arbeitgeber tätig sind, öffnet hingegen einen sehr breiten Rahmen.

Im Jahr 2023 erhielten die Religionsgemeinschaften beinahe 52 Millionen Euro, an die Römisch-Katholische Kirche gingen hiervon 39,3 Millionen Euro. Der Großteil dieses Beitrags (ca. 98%) wurde für die Bezahlung von Gehältern und mit diesen einhergehenden Sozialleistungen aufgewandt.

Gebundene staatliche Zuschüsse

Zusätzlich zu diesem Beitrag können die Kirchen und Religionsgesellschaften Zuschüsse in verschiedenen Bereichen erhalten. Im Bereich des Denkmalschutzes besteht die Möglichkeit einen Zuschuss des Ministeriums für Kultur zu erhalten,[3] soziale Leistungen können durch das Ministerium für Arbeit, Soziales und Familie gefördert werden,[4] und auch durch beim Regierungsamt können Subventionen beantragt werden.[5]

Ein weiterer wichtiger Sektor ist der schulische Bereich. Der Staat finanziert konfessionelle Schulen, die denselben Status wie öffentliche Schulen besitzen. Diese finanzielle Unterstützung bezieht sich jedoch nur auf den Unterricht, nicht jedoch auf die Renovierung oder Ausstattung der Gebäude. Außerdem haben die anerkannten Religionsgemeinschaften das Recht, in den ersten zehn Schulstufen Religion als Alternative zum Ethikunterricht als Pflichtfach anzubieten. Danach wird Religion in den letzten beiden Schuljahren nur noch als Wahlfach angeboten. Der Umfang beträgt an den öffentlichen Schulen eine Unterrichtsstunde pro Woche, an den konfessionellen Schulen zwei Unterrichtsstunden. Religionslehrer:innen sind anderen Leherer:innen gleichgestellt und werden vom Staat bezahlt. Um Religion unterrichten zu dürfen, wird jedoch eine Lehrerlaubnis der Religionsgemeinschaft benötigt.[6]

Indirekte Finanzierung durch Steuerbegünstigungen

Die Religionsgemeinschaften profitieren jedoch nicht nur durch direkte staatliche Zuwendungen, sondern auch durch andere Erleichterungen. So sind etwa ihre Erträge aus Sammlungen für religiöse Zwecke sowie die Beiträge ihrer Mitglieder von der Körperschaftssteuer ausgenommen.[7] Außerdem besteht für natürliche oder juristische Personen die Möglichkeit, im Zuge des Steuerausgleichs freiwillig einen Teil ihrer Einkommens- bzw. Körperschaftssteuer zu widmen, wobei hierbei auch zweckgebundene Einrichtungen von Religionsgemeinschaften als Empfänger gewählt werden können. Dieser Betrag kann etwa für die Bereitstellung von Sozialhilfe, die Erhaltung kultureller Werte, die Förderung der Bildung, für Wissenschaft und Forschung oder für den Schutz der Menschenrechte verwendet werden. Die Höhe des zu widmeten Betrags kann zwischen 1% und 3% betragen. Natürliche Personen, die in dem Jahr, auf das sich die Steuererklärung bezieht, mindesten 40 Stunden ehrenamtliche Tätigkeiten ausgeübt haben, können bis zu 3% ihrer gezahlten Steuer widmen, ansonsten sind es bis zu 2%. Juristische Personen können 1% oder 2% ihrer Steuer assignieren, je nachdem ob sie einen Betrag in der Höhe von mindesten 0,5% ihrer gezahlten Steuer gespendet haben.[8]

Darüber hinaus sind Grundstücke und Gebäude, die für den Unterricht, für die wissenschaftliche Forschung oder für religiöse Riten genutzt werden, und die im Eigentum von Religionsgemeinschaften stehen, von der Grundsteuer befreit. Auch für Friedhöfe kann es in einzelnen Gemeinden eine Ermäßigung oder Befreiung von der Grundsteuer geben.[9]

Auch religiöse Gegenstände, die in Gottesdiensten Verwendung finden und hierfür von staatlich anerkannten Kirchen oder Religionsgesellschaften oder auch von Orden oder Kongregationen eingeführt werden, sind von Zöllen befreit.[10]

Schließlich besteht für Verfahren aus dem Bereich der Vermögensrestitutionen eine Befreiung von Verwaltungs- und Gerichtsgebühren und zusätzlich trägt der Staat die Kosten, die für die Vermessung unbeweglichen Vermögens anfallen.[11]

Weiterführende Literatur

Gyuri, Róbert – Molitoris, Peter, Financing of the Catholic Church in Slovakia under the Optics of the Basic Treaty between the Slovak Republic and the Holy See, in: Copernican Journal of Law 1 (2024) 53–66.

Martinková, Jana, The Financing of Religious Communities in Slovakia, in: Brigitte Basdevant-Gaudemet/Salvatore Berlingò (Hgg.), The Financing of Religious Communities in the European Union, Leuven u. a. 2009, 295–301. 

Nemec, Matúš, Zmeny v právnej úprave financovania registrovaných cirkví a náboženských spoločností v Slovenskej republike s prihliadnutím na právnu úpravu kánonického práva [Änderungen in der Rechtsregelung der Finanzierung der registrierten Kirchen und Religionsgemeinschaften in der Slowakischen Republik unter Berücksichtigung der kanonischen Rechtsregelung], in: Acta Facultatis Iuridicae Universitatis Comenianae 40/1 (2021) 169–184.


[1] Die anerkannten Religionsgemeinschaften sind: Altkatholische Kirche in der Slowakei; Apostolische Kirche in der Slowakei; Baha’i-Gemeinschaft in der Slowakischen Republik; Baptistenbruderschaft in der Slowakischen Republik; Christliche Kirchengemeinden in der Slowakei; Evangelische Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in der Slowakei; Evangelisch-Methodistische Kirche in der Slowakei; Griechisch-Katholische Kirche in der Slowakei; Kirche der Brüder in der Slowakischen Republik; Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten, Slowakische Vereinigung; Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage in der Slowakischen Republik; Neuapostolische Kirche in der Slowakischen Republik; Orthodoxe Kirche in der Slowakei; Reformierte christliche Kirche in der Slowakei; Religiöse Gesellschaft der Zeugen Jehovas in der Slowakischen Republik; Römisch-Katholische Kirche in der Slowakischen Republik; Tschechoslowakische Hussitische Kirche in der Slowakei; Zentralverband der jüdischen Religionsgemeinschaften in der Slowakischen Republik.

[2] Folgende Religionsgemeinschaften haben den Staatsbeitrag bisher nicht beantragt: Baha’i-Gemeinschaft in der Slowakischen Republik; Christliche Kirchengemeinden in der Slowakei; Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage in der Slowakischen Republik; Religiöse Gesellschaft der Zeugen Jehovas in der Slowakischen Republik.

[3] Vgl. § 2 Abs. 1 lit. 1 Gesetz 299/2020 Zz.

[4] Vgl. § 9a Abs. 3 lit. b und § 9b Abs. 3 lit. d Gesetz 544/2010 Zz.

[5] Vgl. § 3 Abs. 1 lit. h Gesetz 524/2012 Zz.

[6] Vgl. Art. 13 des Grundvertrags zwischen dem Heiligen Stuhl und der Slowakischen Republik (AAS 93 (2001) 136–155; Vertrag 326/2001 Zz); Art. 13 des Vertrags zwischen den anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften (Vertrag 250/2002 Zz).

[7] Vgl. § 13 Abs. 2 lit. a Gesetz 595/2003 Zz.

[8] Vgl. § 50 Gesetz 595/2003 Zz.

[9] Vgl. § 17 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 lit. b Gesetz 582/2004 Zz.

[10] Vgl. § 119 Verordnung 17/1994 Zz.

[11] Vgl. § 10 Gesetz 282/1993 Zz und § 8 Gesetz 161/2005 Zz.