Von Christian Faber.
DOI: 10.25365/phaidra.393
1. Einleitung
In den synodalen Bestrebungen der Weltkirche und dem Synodalen Weg in Deutschland stellt sich so prominent wie lange nicht mehr die Frage nach dem Verhältnis der Kirche zu ihren Gläubigen. Als Reaktion auf die sogenannte Missbrauchsstudie von 2018 und die hohe Anzahl an Kirchenaustritten, schickt sich das von der DBK und dem ZDK initiierte Forum an, den Gläubigen einen institutionalisierten Raum zu geben, damit die Partikularkirche den Glaubenssinn ihrer Gläubigen vernehmen kann, und so zu einer hörenden Kirche wird.
Schließlich sind die dogmatischen Voraussetzungen für eine breite Partizipation der Laien, durch die Feststellung des unbeirrbaren Glaubenssinn aller Gläubigen durch das 2. Vatikanische Konzil, schon längst gegeben. Doch wie so viele lehramtliche Texte und Schriften, die sich auf das vermittelte Wort Gottes berufen, sind auch die Verlautbarungen des Konzils hinsichtlich der Rolle der Laien interpretationsoffen. Dies führt zu einem Problem, das Sabine Demel prägnant zusammenfasst: „Seit jeher behaupten die einen, dass es eine Communio-Ekklesiologie ist, die anderen dagegen, dass es eine Hierarchie Ekklesiologie ist und beide Richtungen meinen, auf entsprechende Konzilsbelege verweisen können“ (Demel 2012: 15). Die bestimmte Ekklesiologie hat zentrale Konsequenzen für die Frage nach den Kompetenzen, die dem sensus fidei fidelium zugestanden werden. Jene, die das aktuelle Verhältnis zwischen Laien und Klerus kritisieren, tun dies explizit mit dem Verweis auf die verlautbarte Dogmatik des 2. Vatikanischen Konzils. Für sie bleibt der proklamierte übernatürliche Glaubenssinn aller Gläubigen zugunsten der gottgewollten Hierarchie wahrheitspolitisch auf der Strecke; sie fragen: „Wie läßt sich die eingetretene Schwerhörigkeit der Kirche als Institution heilen und in einen guten Dialog überführen“ (Wiederkehrer 1993: 79)? Doch kann eine solche Form der Zusammenkunft, wie die des Synodalen Weges, den jahrzehntelang gepflegten epistemologischen Graben zwischen Laien und Klerus überwinden? Handelt es sich dabei nicht viel eher um eine „Partizipationsattrappe“ (Lüdecke 2021: 12)? Oder gibt es vielleicht überhaupt keinen Grund die tradierte Hierarchie in der Kirche zu egalisieren? Die These, die diese Arbeit zu untermauern versucht, lautet: Obwohl das Konzil dem sensus fidei fidelium historisch unvergleichliche Autorität beimisst, haben es Lehramt und Kirchenrecht versäumt, diese Einsichten geistlich in die wahrheitspolitischen Prozesse zu integrieren. Der Synodale Weg in Deutschland stellt in diesem Kontext einen ersten Versuch dar, dieses Missverhältnis zu begradigen. Ob das gelingt, bzw. überhaupt so gelingen kann, soll hier versucht werden zu beantworten.
So erfolgt zunächst im 2. Kapitel die Erörterung des Glaubenssinns aller Gläubigen vor dem Hintergrund des II. Vatikanischen Konzils, um die daraus gewonnen Erkenntnis dem Lehramt gegenüberzustellen. Nach einem kurzen Resümee über das Verhältnis zwischen diesen beiden Quellen der Glaubenswahrheiten folgt eine Erläuterung über die kirchenrechtlichen Konsequenzen. In den Rechtsnormen über das Verhältnis von Laien und Klerikern zeigt sich, wie sich die dogmatischen Verlautbarungen des Konzils nach seinem Ende einseitig zugunsten der Kleriker im kanonischen Recht materialisiert haben. Schließlich wird die Einbeziehung des sensus fidei in die communio hierarchica am Beispiel des Synodalen Weges in Deutschland diskutiert. Das Fazit fasst letztlich die Ergebnisse zusammen und gibt einen kurzen Ausblick auf künftige Reformpotentiale.
2. Zum Verhältnis vom Glaubenssinn aller Gläubigen und dem Lehramt der katholischen Kirche
Die Frage nach den Grenzen und Potentialen der Partizipation von Laien in den aktuellen Synodalen Bestrebungen, sowohl im deutschen Synodalen Weg wie auch in der laufenden Weltsynode, fundiert sich in der grundsätzlichen Beziehung zwischen Klerikern und Laien, sowie der Frage nach dem Wesen und der Konstitution der Kirche selbst. Im Folgenden sollen deshalb mit dem sensus fidei fidelium und dem Lehramt zwei Elemente innerhalb der Kirche gegenübergestellt werden, die jeweils auf ihre Art und Weise fundamentale Einsichten in eben jenes Wesen der Kirche und die Praxis des Glaubens geben. Dieses Kapitel wird durch die Rekonstruktion dieser Opposition zu dem Ergebnis kommen, dass der sensus fidei fidelium ein zugunsten der Hierarchie und der Tradition vernachlässigtes Element innerhalb der Wahrheitspolitik der Kirche darstellt. Im dritten Teil werden die hier gewonnen Einsichten dann im Kontext der kirchenrechtlichen Dimension hinsichtlich der Laienpartizipation eingeordnet.
2.1 Heteronomie und Autonomie des sensus fidei fidelium
Das II. Vatikanum hob den „supernaturalis sensus fidei“ (LG 12) durch Ihre lehramtliche Gewalt aus einer verlorenen gegangen Tradition in eine prädestinierte Stellung, die sich im Dokument Lumen Gentium (LG) niederschlägt. Diese privilegierte Stellung erwächst zunächst aus der epistemologischen Autorität: „Die Gesamtheit der Gläubigen, welche die Salbung von dem Heiligen haben (vgl. 1 Joh 2,20.27), kann im Glauben nicht irren“ (LG 12). Der sensus fidei fidelium stellt eine „Gabe an das ganze Volk Gottes dar, die den einzelnen Gläubigen durch die Geistesgabe in Taufe und Firmung zugesprochen wird“ (Ohly 1999: 319). Im Idealfall äußert sich der sensus fidei fidelium dort, wo das Gottesvolk, vom Laien bis zum Bischof, „ihren universalen Konsens in Sachen des Glaubens und der Sitten äußert bzw. hervorbringt“ (Burghardt 2002: 23). Dieser Konsens ist „eine Manifestation der Beteiligung Gottes am Entscheidungsprozess“ (Wijlens 2022: 449). Das gesamte Gottesvolk schließt so eben jene mit ein, die nicht durch das Weihesakrament einen höheren Geistesbeistand genießen und bindet die Hirten an die Erkenntnisfähigkeit ihrer Herde, der Laien1. So wird gleich zu Beginn von LG 12 betont, dass das gesamte Gottesvolk (also auch die Laien) am dreifachen Priesteramt Jesu Christi teilhaben. Das dreifache Amt umschließt hierbei neben der priesterlichen und königlichen Würde auch das prophetische Amt, also das lehramtliche Amt. Eine eklektische Interpretation dieser Stelle im LG könnte nun annehmen, dass das amtliche Lehramt und das allgemeine Lehramt aller Gläubigen mindestens ein reziprokes Verhältnis zueinander pflegen. Das Laienapostolat ist Teil der Sendung der Kirche selbst und nicht ontologisch abhängig von der Hierarchie. Hier zeigt sich die relative Autonomie und die geistlich Subjektwerdung der Laien durch das II. Vatikanische Konzil (vgl. Neuner 2015: 121). LG 31 präzisiert dieses Postulat, wenn es im Abschnitt über die Laien heißt, dass sie „auf ihre Weise teilhaftig“ sind. Diese Partikularität wird durch nachfolgende Äußerungen über den bestimmten „Weltcharakter“ (LG 31) der Laien verdeutlicht. Peter Neuner verweist jedoch darauf, dass diese Äußerungen keine Wesensdifferenz zwischen Klerikern und Laien konstituieren und so nicht als „Einschränkung des Laienapostolats“ (Neuner 2015: 243) zu verstehen seien. Dieser Umstand wird dann für das Wesen der Kirche virulent, wenn es darum geht, wie Entscheidungen über die Wahrheit des rechten Glaubens getroffen werden. Thomas Schüller zitiert hierzu Papst Franziskus: „Der sensus fidei verbietet, starr zwischen Ecclesia docens [der lehrenden Kirche] und Ecclesia discens [der lernenden Kirche] zu unterscheiden, weil auch die Herde einen eigenen ‚Spürsinn‘ besitzt, um neue Wege zu erkennen, die der Herr für die Kirche erschließt“ (Papst Franziskus 2015, zitiert nach Schüller 2022: 347).
Dabei wirkt der Glaubenssinn nicht ausschließend auf der individuellen oder auf der kollektiven Ebene. Christoph Ohly betont die doppelte Seite des sensus; einerseits dient der sensus als sensus fidei zur persönlichen Vertiefung in die Glaubenseinsicht und andererseits als sensus fidei fidelium zur intersubjektiv geteilten Einheit mit anderen Gläubigen (vgl. Ohly 1999: 319). Durch die Wirksamkeit auf beiden Ebenen ist der Gläubige zum Erkennen und zur Annahme von Gottes Wort, zum Festhalten am Glauben selbst und zum tieferen Eindringen in den Glauben fähig. So gelingt es den christfidelis als Gemeinschaft, mit den Worten von Wijlens, „[to] arrive at an insight about what is a value for it“(Wijlens 1995: 25).
Doch ist nicht jede (vermeintliche) Einsicht eines Gläubigen über den Glauben und seine Praxis gleichsam vom Heiligen Geist getragen, der den Gläubigen ihren Glaubenssinn spendet. Immer wieder warnen Hierarchen davor, dass der Zeitgeist der öffentlichen Meinung oder der „Ungeist“ den Glaubenssinn korrumpieren. Denn es muss festgestellt werden: weil jemand gläubiger Christ ist und die Initiationssakramente empfangen hat, ist nicht jede seiner Aussagen und Handlungen vom Heiligen Geist beseelt. Peter Brauchart führt in seiner Dissertation (1983) die latente Anfälligkeit der Laien für solche Verirrungen auf die Erbsünde zurück, von der sie durch ihren Weltcharakter besonders betroffen seien; das falsche Erkennen sei „in der Schwäche des christlichen Volkes zu suchen, das aufgrund seiner sündigen Verfaßtheit das Wirken des Geistes behindert, der allen Kirchen zur Ausnahme der einen Wahrheit und zur Einheit treiben möchte“ (133). Im Gegensatz zu den Laien kommt den Geweihten qua ihrer göttlichen Berufung ein höherer Geistesbeistand zu. Schließlich sind Kleriker nicht durch machtpolitische Manöver und harten Fleiß in Amt und Würden gekommen, sondern weil sie von Gott auserwählt wurden, um das Hirtenamt für die Gemeinde resp. die Diözese auszuführen. Norbert Lüdecke spricht in diesem Kontext von der ontologischen Scheidung. Für ihn sind Kleriker und Laien bezüglich der spirituellen Epistemologie eben doch grundsätzlich dem Wesen nach verschieden. Deswegen trifft der Verdacht des Zeitgeistes oder Ungeistes weniger auf die Geweihten zu.
Um nun zu erkennen, welche Einsichten der Laien vom Heiligen Geist getragen sind, bedarf es einer „Unterscheidung der Geister“. Die Internationale Theologische Kommission gibt in Ihrer Verlautbarung „SENSUS FIDEI und SENSUS FIDELIUM im Leben der Kirche“ (2014) eine Übersicht darüber, wie sichergestellt werden kann, dass es sich um eine authentische geistliche Einsicht in die Glaubenswahrheiten handelt. Dort werden Charakteristika identifiziert, die die Gläubigen zu wahrhaftigen Subjekten des sensus fidei machen sollen. Diese Merkmale bündeln sich letztlich unter dem Begriff der Partizipation in der Kirche. Konkret muss der Laie folgende Aktivitäten wahrnehmen:
„[…] ständiges Gebet (vgl. 1 Thess 5,17), aktive Teilnahme an der Liturgie, besonders an der Eucharistie, regelmäßiger Empfang des Bußsakraments, Wahrnehmung und Anwendung der Gaben und Charismen, die man vom Heiligen Geist empfängt, aktives Engagement in der Mission der Kirche und in der diakonia.“ Hinzu kommt „das Akzeptieren der kirchlichen Lehre in Fragen des Glaubens und der Sitten […], die Bereitschaft, Gottes Gebote zu befolgen und den Mut, seine Brüder und Schwestern zu korrigieren, wie auch selbst Zurechtweisungen anzunehmen“ (89). Das bedeutet auf emotionaler-spiritueller Ebene „in Harmonie mit der Kirche fühlen, empfinden und wahrnehmen“ (90).
So stellt die Kommission bei jenen Gläubigen einen authentischen Glaubenssinn sicher, die bereits aktiv in die hierarchische Kirche eingebunden sind. An dieser Stelle leitet der Passus über das Akzeptieren der „kirchlichen Lehre in Fragen des Glaubens und der Sitten“ zum Teil über das Verhältnis zum Lehramt über.
Nun handelt sich bei Lumen Gentium selbst um einen lehramtlichen Text höchster Autorität. Peter Neuner verweist darauf, dass das Konzil den Text auch aus pragmatischen Gründen bewusst interpretationsoffen formulierte, um eine höchstmögliche Einmütigkeit zu erzielen (vgl. 2015: 130f.). Bezüglich der Rolle der Laien und des sensus fidei fidelium treten dadurch ambivalente Äußerungen auf. Im vorherigen Teil wurde der sensus fidei fidelium weitestgehend als egalitäres Moment in der Kirche erörtert, der die Subjekt-Werdung des einzelnen Gläubigen innerhalb der Hierarchie stärkt und somit den sensus fidei als autonome Quelle der Erkenntnis über die Glaubenswahrheit in den Mittelpunkt stellt. Doch wie bereits in der Erklärung der Internationalen Theologischen Kommission zitierten Verlautbarung, lässt Lumen Gentium auch eine Interpretation zu, die den Glaubenssinn aller Gläubigen unter die Fittiche des Glaubenssinns des Klerus nimmt. Deswegen sollen hier kurz die Argumente vorgebracht werden, die in der nachkonziliaren Rezeption die Heteronomie des sensus fidei feststellen und das wahrheitspolitische Missverhältnis zwischen Klerikern und Laien erhalten wollen. In LG 12 wird nämlich nicht nur die Unfehlbarkeit festgestellt, sondern auch die Abhängigkeit des Glaubenssinns vom Lehramt: „Durch jenen Glaubenssinn nämlich […] hält das Gottesvolk unter der Leitung des heiligen Lehramtes […] den einmal den Heiligen übergebenen Glauben (vgl. Jud 3) unverlierbar fest“; und weiter: „Das Urteil über ihre Echtheit [die Gaben des Heiligen Geistes] und ihren geordneten Gebrauch steht bei jenen, die in der Kirche die Leitung haben und denen es in besonderer Weise zukommt, den Geist nicht auszulöschen, sondern alles zu prüfen und das Gute zu behalten (vgl. 1 Thess 5,12.19-21) (LG 12)“. Die hervorgehobenen Stellen verdeutlichen die Heteronomie des Glaubenssinns vom Lehramt2. Exemplarisch für eine solche kleruszentrierte Wahrheitspolitik der ecclesia hierarchia dient dieses Zitat von Peter Brauchart: „Das sichere Fundament für die Wahrheitserkenntnis in der Kirche ist die Übereinstimmung des gesamten Gottesvolkes, wobei den Aussagen des Lehramtes auf Grund seiner qualifizierten Verantwortung und der leichteren Greifbarkeit ein besonderes Gewicht zukommt“ (Brauchart 1982: 129). Myriam Wijlens hingegen betont in abwägender Manier, dass das Urteil in Glaubensfragen „nicht allein unter der Leitung des Lehramtes ausgeübt [wird], sondern es besteht eine Zirkularität zwischen dem sensus fidelium und dem Lehramt“ (2022: 442).
Unfehlbarkeit kommt nicht nur der Gesamtheit der Gläubigen zu, wo sie einen Konsens erzielen, sondern auch dem Lehramt (vgl. c. 748 §2). Dies stellt für Dietrich Wiederkehrer ein Problem dar. Er negiert den universell-göttlichen Wahrheitsanspruch zugunsten der Feststellung, dass auch lehramtliche Einsichten und Entscheidungen nie frei von Umwelteinflüssen und zeitgeistlichen Entwicklungen sein können (vgl. Wiederkehrer 1994: 189). Der Verdacht des Lehramtes am bloß relativen Wahrheitsgehalt des sensus fidei fidelium, der in vielen verschiedenen Wahrheitsgestalten auftritt, müsse sich auch in produktiver Weise auf sich selbst beziehen:
„Diese Partikularisierung auch der lehramtlichen Entscheidungen und Formulierungen wird erst und meist mit Widerwillen zugestanden, wenn ihre eigene schlechte Unzeitgemäßheit und ihre bewußten oder unbewußten Verblendungszusammenhänge nicht mehr zuzudecken sind“ (190).
Mit Walter Benjamin kann man hier von einem „Zeitkern“ (Benjamin 1982: 578) der Wahrheit sprechen. Neben den selbstevidenten Anspruch der Universalität der Wahrheit in der Verkündung lehramtlicher Einsichten, tritt der unbedingte Wille nach Konsens und Harmonie. Auch hier sei eine Relativierung dieser beiden Ansprüche produktiv für das Lehramt, um den latenten Zweifel gegenüber dem sensus fidei fidelium vermindern. Nur dort, wo Dissens über Glaubensfragen zugelassen wird, ohne schismatische Vorwürfe geltend zu machen, könne die Wahrheitspolitik eine egalitäre und produktive Wendung erfahren.
2.2 Resümee: Konkurrenten oder Partner?
An dieser Stelle lässt sich resümieren, dass zwischen Lehramt und Glaubenssinn, je nach Interpretation, ein zumindest ambivalentes Verhältnis erwächst. Wie beschrieben holte erst das II. Vatikanische Konzil den übernatürlichen Glaubenssinn aller Gläubigen aus der historischen Versenkung, wobei die expliziten Äußerungen im Lumen Gentium interpretationsoffen bleiben. Gleichzeitig wurde der Glaubenssinn hierbei unter die epistemologischen Fittiche des Lehramts gestellt, wodurch seine Kompetenz und seine Autonomie stark beschnitten wurde. In der nachkonziliaren lehramtlichen Rezeption des sensus fidei wird immer wieder das reziproke Verhältnis dieser beiden Quellen der Glaubenswahrheit betont. Jedoch muss eindeutig festgestellt werden, dass in der Wahrheitspolitik der Kirche das Primat des amtlichen Lehramtes unangetastet bleibt. Dies ist nur folgerichtig, wenn man die Notwendigkeit der Unterscheidung der Geister akzeptiert. Während die Laien gewissermaßen zu Gehorsam in Glaubensfragen durch das Lehramt gezwungen werden, gibt es keinerlei Obligationen gegenüber dem Klerus den sensus fidei fidelium anzuhören. Das Verhältnis ist auf vielen Ebene eine Einbahnstraße, obwohl es genügend Gründe und dogmatisch ermöglichte Reformen gebe, um die Laien und Ihren Glaubenssinn stärker in die Wahrheitspolitik der Kirche einzubinden (vgl. Wijlens 2022: 439). Wie geht nun der Gesetzgeber mit dieser Ambivalenz um?
2.3 Zur Rolle des kanonischen Rechts
Weil sich im Kirchenrecht das Kirchenverständnis materialisiert, ist die Beantwortung nach der Frage der Konstitution der Kirche nicht von der Betrachtung der Rechtsrealität zu lösen. Das kanonische Recht von 1983 ist die (vermittelte) Konsequenz aus dem II. Vatikanum3 und in seiner Entstehung und in der Interpretation der einzelnen Normen auf die Ekklesiologie der Konzilsväter angewiesen: „Das konziliare Kirchenbild ist der Kontext der kirchlichen Gesetze des CIC, der bei allen kirchlichen Gesetzen heranzuziehen ist“ (Demel 2012: 17). Gleichzeitig, so Christoph Ohly, warne die Kanonistik vor der Überbewertung des sensus fidei fidelium (vgl. Ohly 1999: 5). An dieser Stelle soll gezeigt werden, wie sich diese Warnung, bzw. das Misstrauen, in den Rechtsnormen des CIC niederschlägt.
Doch zunächst zu einigen ausgewählten Rechtsnormen. In den vier Katalogen über die Rechte und Pflichten der Gläubigen im Buch Zwei des CIC schlägt sich „das Kirchenverständnis, das sich im Kirchenrecht konkretisiert“ (Boeckenförde 1994: 207) nieder und somit auch das Verhältnis zwischen Laien und Klerikern. Zunächst ist festzustellen, dass die Laien im Gesetzbeuch ex negativo definiert werden: „Kraft göttlicher Weisung gibt es in der Kirche unter den Gläubigen geistliche Amtsträger, die im Recht auch Kleriker genannt werden, die übrigen dagegen heißen auch Laien“ (c. 207 §1). Wo sich für manche Kirchenrechtler hier die vom II. Vatikanum vermeintlich überwundene societas inaequalis nahtlos fortschreibt (vgl. Konrad 2010: 19), stellt der Katalog über die Rechte und Pflichten der Laien, durch seine voran gestellte Position innerhalb des CIC, eine Würdigung der Gläubigen mit Weltcharakter dar (vgl. Ahlers 2015: 299; Riedl 2015: 303f.). Jedoch gesteht Ahlers ein, dass das CIC die Gleichheit unmittelbar wieder „verdunkelt“ (ebd. 299), wenn im Gesetzbuch die Abschnitte über Rechte und Pflicht wiederum in „Laien“ und „Kleriker“ geteilt sind. Aber nicht nur die Position der Kanones über die Laien, sondern auch c. 208 stärkt das Argument der fundamentalen Gleichheit, wenn der Gesetzgeber verlauten lässt, dass unter allen Gläubigen „eine wahre Gleichheit in ihrer Würde und Tätigkeit [besteht], kraft der alle je nach ihrer eigenen Stellung und Aufgabe am Aufbau des Leibes Christi mitwirken“ (c. 208). Analog zur Uneinigkeit bei der Frage, ob Lumen Gentium eine egalitäre oder eine hierarchische Ekklesia konstituiert, lässt c. 212 offen, ob die zuvor postulierte Gleichheit aller Gläubigen durch das lehramtliche Primat in Glaubensfragen zur Disposition gestellt oder zumindest eingeschränkt wird. Dort heißt es in §1: „Was die geistlichen Hirten in Stellvertretung Christi als Lehrer des Glaubens erklären oder als Leiter der Kirche bestimmen, haben die Gläubigen im Bewußtsein ihrer eigenen Verantwortung in christlichem Gehorsam zu befolgen“ (c. 212 §1). Diese Stelle kann zweifelslos als nahtlose Übersetzung der konziliaren Ekklesiologie hinsichtlich des Primats des Lehramtes des Klerus festgestellt werden. Doch wie verhält es sich mit der Anerkennung des sensus fidei fidelium und dem Laienapostolat? Im dritten Kapitel des Zweiten Buches über die Rechte und Pflichten der Kleriker, zeigt sich, wie die Kleriker das Laienapostolat anzuerkennen und zu fördern haben (vgl. c. 275 §2). Gerda Riedl lobt hier die Anerkennung des Sendungsauftrag der Laien, doch schwächt sie ihr Argument fundamental, wenn sie daraufhin schreibt: „Laien können auf verschiedene Weise auch zur unmittelbaren Mitarbeit in der Kirche herangezogen werden“ (Riedl 2015: 305f.). Die Betonung soll hier auf das „können“, die „Mitarbeit“ und die passivierende Form des „herangezogen werden“ liegen. Darin ist, zumindest für viele Gläubige, eine gesetzlich verankerte (bzw. eben nicht verankerte) Herabwürdigung impliziert. Einzig den Geweihten kommen alle Entscheidungen zu,
„obwohl doch der Geist seine Gaben an alle aus- und jedem nach seinem Maß zuteilt. Theologisch gesprochen wird diese einschränkende Formulierung dem Sensus Fidei Fidelium nicht gerecht, diesem »Spürsinn der Herde«, um »neue Wege zu finden« (vgl. EG 31; vgl. LG 12a: in credendo falli nequit)“ (Borras 2021: 6).
Das Zitat von Riedl macht klar, dass abseits der Partizipationsmöglichkeiten (nicht: Partizipationsrechte) auf der Ebene der Pfarrei (vgl. c. 529 §2), die Anhörung und Aufnahme des geistgeleiteten sensus fidei fidelium einzig von der Gunst des Hierarchen abhängt. Wenn Riedl bezüglich der Heilssendung auf die „konstruktiv-komplementäre Verwiesenheit“ (306) von Klerus und Laien verweist, so negiert sie die offensichtliche Einseitigkeit dieses vermeintlich reziproken Verhältnisses. Wollte man diesen Idealtypus der Verwiesenheit auch in die ekklesiologische Wirklichkeit übersetzen, kommt man nicht um eine Anhörungspflicht der Laien, wie sie Böckenförde vorschlägt (vgl. 1994: 207), umhin. Im Zeichen der Weltsynode und der ausgerufenen Synodalität als Grundlage der Kirche überhaupt, kann man mit Sabin Demel fragen, ob es „neue theologische Erkenntnisse [gibt], die rechtserheblich sind und deshalb eine entsprechende kirchenrechtliche Umsetzung verlangen“ (Demel 2009: 15). Burghardt geht in seiner Analyse so weit zu schreiben, dass eine „Vernachlässigung des sensus fidei im CIC“ bestehe, die einen „Mangel in Bezug auf die Rezeption des II. Vaticanums durch den CIC“ (Burghardt 2002: 99) darstelle. Somit falle das Kirchenrecht von 1983 hinter die Einsichten des II. Vatikanischen Konzils zurück. Ähnlich resümiert Michael Böhnke, wenn er von der „Geistvergessenheit des kirchlichen Gesetzbuches“ spricht, das „den Begriff des Glaubenssinn der Gläubigen unterschlagen hat“ (Böhnke 2017: 121f.). Ob der Synodale Weg in Deutschland Produkt einer solchen theologischen Erkenntnis ist und ob er ein solches Forum bieten kann, oder ob der sensus fidei fidelium nicht viel eher dezentral und ohne ein Repräsentationssystem erlebt und erhoben werden sollte, soll im nächsten Kapitel diskutiert werden.
3. Diskussion am Gegenstand des Synodalen Weges in Deutschland
In der Synodalversammlung des Synodalen Weges formiert sich der Anspruch einer synodalen Kirche durch gemeinsame Anwesenheit von Laien und Klerikern. Dabei stellt der Synodale Weg in Deutschland eine sehr breite Themenpalette zur Abstimmung, die fast durchweg in den Kompetenzbereich der Weltkirche und des Universalrechts fallen. Diese fehlende Rechtssetzungskompetenz war im Vorfeld klar. Zudem handelt es sich nicht um eine ordentliche Synode, da eine ordentliche Synode „der Zustimmung durch den Heiligen Stuhl [bedarf], die oft erst nach einem längerfristigen Verfahren erteilt werden kann“ (https://www.synodalerweg.de/faq).
An dieser Stelle soll es weniger um die Inhalte des Synodalen Weges gehen. Stattdessen soll der Synodale Weg an seinem Anspruch und seinem Verfahren betrachtet werden. Das Verfahren soll hier auf das gemeinsame Anhören und Abstimmen reduziert werden, da diese deliberative Form dem päpstlichen Ideal einer hörenden Kirche entspricht, wie es im Vorfeld der Weltsynode verlautbart wurde. Dieser Prozess wird der zuvor genannten idealtypischen Reziprozität hinsichtlich der lehramtlichen Verlautbarungen zwischen Klerikern und Laien, abseits der Abwesenheit rechtssetzender Kompetenzen, durch die gemeinsame Anhörung und die Abstimmung gerecht. Einschränkend erwähnt sei an dieser Stelle die in der Satzung festgelegt Sperrminorität der Bischöfe, welche die Anerkennung der Hierarchie und des klerikalen Primats ernst nehmen soll. Zur Annahme einer Beschlussfassung benötigt es neben der 2/3 Mehrheit der restlichen Synodalversammlung, die Zustimmung von 2/3 der anwesenden Bischöfe. Somit können 24 Bischöfe eine Entscheidung blockieren (vgl. Lüdecke 2021: 166). Deswegen spricht Lüdecke in diesem Zusammenhang auch von einem „kontrollierten Gleichheitsgefühl“ (ebd. 180).
Wie Alphonse Borras (2021) feststellt, herrscht auf allen Ebenen ein geregeltes Maß an Laienbeteiligung, das, wie im Teil über die kirchenrechtlichen Konsequenzen ausgeführt, so minimal und unverbindlich wie möglich gehalten ist. Wo die Gunst des Pfarrers es erlaubt, ist diese Partizipation auf die Beratungsfunktion der Laien begrenzt, zumal die Einrichtung eines Diözesanrates nicht durch das CIC garantiert ist, sondern auf die Empfehlung des II. Vatikanums zurückgeht (vgl. Borras 2021: 5f.). Beim Synodalen Weg ist den Laien nun nicht nur das Recht zur Beratung gegeben, sondern auch das zur Entscheidung in Form von Abstimmung über die Beschlusstexte. Dadurch geht das Forum in seiner Konstitution über bisherige Formen der Laienpartizipation hinaus. Auch die vorangehende Anhörung beider Seiten zielt bereits über das alltägliche Maß an Deliberation hinaus.
Synodalität, so Papst Franziskus, „setzt die Einwirkung des Heiligen Geistes voraus und bedarf ihrer“ (Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland). Doch analog zur Unterscheidung der Geister abseits von Synoden ist auch hier das Erkennen der authentischen Anwesenheit keine eindeutige Angelegenheit. In polemischer und doch pointierter Weise fasst Norbert Lüdecke das Problem zusammen, wie es auch auf dem Synodalen Weg auftritt:
„Geistererfüllte Synodalität bedeutet also: Wenn in der Kirche, auf einer Synode oder einem synodalen Weg etwas weht, entscheiden darüber, ob es der Heilige Geist oder doch nur Durchzug war, jene Männer, denen Gott in der Bischofsweihe besonderen Geistesbeistand verliehen hat. Ausschlaggebend sind jene Männer, die Gott in so spezieller Weise Christus gleichförmig gemacht hat, dass sie, wenngleich cum et sub Petro, seinen Willen verlässlich erkennen und für die übrigen Gläubigen verbindlich erklären“ (Lüdecke 2022: 174f.).
Ein weiterer Kritikpunkt, der für die Frage nach den Möglichkeiten der Realisierung des sensus fidei fidelium relevant erscheint, ist die Frage nach der Struktur des Synodalen Weges mittels des Repräsentationsprinzips4. Genauso wie die Kirche kein Parlament sei, so wenig lässt sich der sensus fidei fidelum mittels Repräsentation (abseits der Fragen nach deskriptiver und substanzieller Repräsentation) in ein solches Forum übertragen. Diesem Argument folgend eignet sich überhaupt keine Form der Synodalität für die Erhebung und Verwirklichung des sensus fidei, da die Anwesenheit der zu vertretenden Gläubigen notwendig ist, damit sich der Glaubenssinn intersubjektiv verwirklichen kann. Dem schafft vor allem die geplante Einrichtung eines Synodalen Rates keine Abhilfe.
Stattdessen soll an dieser Stelle auf die prädestinierte Institution verwiesen werden, die es bereits in der Struktur der Kirche gibt, die aber durch eine Anhörungspflicht der Laien und einen Abbau der Barrieren gestärkt werden muss: die Ebene der Pfarrei. Um den sensus fidei fidelium konstruktiv und wahrhaftig als Quelle für Erkenntnisse über die Glaubenswahrheit anzurufen, braucht es eine unvermittelte und rechtlich garantierte Form der Einbindung und Anhörung der Laien auf der Ebene der Pfarrei. Nirgendwo sonst ist der Hirte so nah an seiner Herde und nirgendwo sonst kommt das Volk Gottes in solcher Intersubjektivität und institutionalisierter Form zusammen. Dabei gibt es bereits rechtliche Möglichkeiten um die Laien beratend anzuhören. Genau wie Wiederkehrer es betont, müsse hierfür die Angst vor Uneinigkeit und Dissens überwunden werden. Diese Form könnte eine rechtlich einklagbare Norm sein, bei der die Laien auch Entscheidungsbefugnisse haben. Die daraus gewonnen Erkenntnisse für den Pfarrer sollten sich infolgedessen in graswurzelartiger Manier die Stufen der Hierarchie hinaufranken. So könnte sich das Laienapostolat und der sensus fidei fidelium in produktiver Weise verwirklichen und ein ausgeglicheneres Verhältnis zwischen Lehramt und sensus fidei realisieren, wenn denn die Erkenntnisse der Laien ernstgenommen werden.
4. Fazit
Durch den Glaubenssinn aller Gläubigen und das durch das II. Vatikanum proklamierte Laienapostolat wurden schlüssige Argumente für die spirituell-epistemologische Kompetenz der Laien geliefert, die eine egalitäre Kirchenverfassung und eine breite Partizipation der Laien, die auch kanonisch geregelt werden könnte, garantieren können. Zu dieser Interpretation gesellen sich die die aufgezählten Kanones, die die Laien geradezu zur Partizipation an der Sendung verpflichten und den Pfarrer dazu anhalten das dreifache Priesteramt der Laien anzuerkennen und zu fördern. Doch der Ekklesiologie des II. Vatikanums wir der Kodex nur sehr bedingt gerecht. Kirchenrecht und Lehramt verfügen in Gänze über die Hoheit der Wahrheitspolitik in der Kirche. Um ein tatsächliches reziprokes Verhältnis zwischen Lehramt und Glaubenssinn herzustellen, gilt es den konstruktiven Charakter des sensus fidei fidelium für das Lehramt zu betonen. Das täte auch der Ekklesiologie der Konzilsväter genüge, wenn man den Dogmatikern und Kirchenrechtlern folgt, die im CIC eine einseitige Rezeption der Konzilsbeschlüsse hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Laien und Klerus bemängeln, die sich zugunsten der Hierarchie gestaltet. So schlägt Boeckenförde eine rechtsbindende Anhörungspflicht vor, siedelt sie aber nicht auf einer bestimmten Verwaltungsebene an: „Es fehlt bisher ein kirchenrechtlich garantierter Rahmen, in dem sich der sensus fidelium artikulieren kann, um mit den Charismen der Amtsträger zum consensus Ecclesiae zusammenzuwachsen“ (Boeckenförde 1994: 210). Diese Anhörung findet nun auf dem Synodalen Weg statt. „Eine solche Forderung erkennt die Autorität des Amtsträgers an und kann deshalb nicht als revolutionär denunziert werden“ (ebd.: 211). Dieses Prozedere kann zudem, solange er nicht das Universalrecht berührt, bereits in den Diözesen angewandt werden. Kardinal Marx Äußerungen stellen hierfür ein produktives Beispiel dar, wenn er mithilfe des Priesterrates und des Diözesanrates Beschlüsse des Synodalen Weges umsetzen will.5 Der Synodale Weg stellt eine wichtige Erprobung von Laienpartizipation mit Entscheidungsbefugnissen und Anhörungspflichten dar. Doch scheitert er bezüglich der Realisierung des sensus fidei fidelium an seinem Repräsentationssystem und der fehlenden Rechtssetzungskompetenz. Stattdessen wurde in der Diskussion vorgeschlagen, die Ebene der Pfarrei, auf der die Gläubigen unmittelbar im Glauben zusammenkommen, als prädestinierten Ort der Verwirklichung des sensus fidei fidelium und das dreifache Priesteramt in den Fokus zu nehmen. Neben der Förderung einer solchen Kultur der Partizipation, dem Setzen von Anreizen und dem Abbau von Barrieren, müssten die bereits existierenden rechtlichen Möglichkeiten ausgebaut werden. Denn wenn „einmal alle Glaubenden als das Subjekt „Volk Gottes“ eingesetzt sind, muß dies über kurz oder lang die bisherige Autoritäts- und auch Machtverteilung verändern, dies gilt auch für die bei der Wahrheitsverantwortung ausgeübte Macht“ (Wiederkehrer 1994: 183). Diese Einsetzung liegt nun über 50 Jahre zurück. Die genannten Vorschläge könnten einer adäquaten Rückwirkung des sensus fidei fidelium auf das feierliche Lehramt den Weg ebnen.
Anmerkungen
1 Ulrich Rhode stellt fest, dass es im Lumen Gentium keine einheitliche Verwendung des Begriffs der Laien gibt. Im Folgenden sind mit Laien Christen katholischen Glaubens gemeint, die keine Kleriker sind (vgl. Rhode 2015: 80f.).
2 Das Lehramt meint an dieser Stelle das amtliche Lehramt im Gegensatz zur Allgemeinen Lehraufgabe (vgl. Ohly 1999: 313), die jedem Christgläubigen gesetzlich gebilligt ist, bzw. durch den Pfarrer gefördert werden soll.
3 Der Codex „kann gewissermaßen als ein großes Bemühen aufgefasst werden […] die konziliare Ekklesiologie in die kanonistische Sprache zu übersetzen“ (Johannes Paul II 1983, zitiert nach Demel 2009: 46).
4 Eine Form des Repräsentationssystem findet innerhalb der Hierarchie für das Gottesvolk statt, was, wie bereits argumentiert wurde, keine adäquate Lösung für das Problem der Laienpartizipation bietet. Die Amtspriester würden lediglich das Priestertum der Gläubigen repräsentieren, und keine privilegierte Position innehaben; „somit [sei das Amtspriestertum] für das gemeinsame Priestertum aller Gläubigen da und nicht umgekehrt, ohne das gemeinsame Priestertum gäbe es auch kein Amtspriestertum“ (Konrad 2010: 18).
5 Vgl. dazu: Vatican News vom 11.09.2022: Marx will Beschlüsse auf synodale Weise Umsetzen. Zuletzt abgerufen am 10.03.2023, unter https://www.vaticannews.va/de/kirche/news/2022-09/marx-reform-synodaler-weg-kardinal-muenchen-frauen-laien-kirche.html.
Literaturverzeichnis
Ahlers, Reinhild (2015): Die rechtliche Grundstellung der Christgläubigen. In: Stephan Haering, Wilhelm Rees und Heribert Schmitz (Hg.): Handbuch des katholischen Kirchenrechts. Dritte, vollständig neubearbeitete Auflage. Regensburg: Friedrich Pustet, S. 289–301.
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