Finanzielle Privilegien? Gesetzliche Rahmenbedingungen zur Finanzierung von Religionsgemeinschaften in Bulgarien

Von Julia Weingartler.  ORCID logo

DOI: 10.25365/phaidra.642

In Bulgarien ist die Religionsfreiheit garantiert und eine Trennung von Staat und Kirche vorgesehen.[1] Der Umgang mit den Religionsgemeinschaften und hierbei auch deren finanzielle Unterstützung ist im Gesetz über die Religionsgemeinschaften rechtlich grundgelegt. Unter bestimmten Umständen können religiöse Organisationen staatliche Subventionen erhalten und von Steuererleichterungen profitieren. Diese Maßnahmen kommen allen Religionsgemeinschaften gleichermaßen zu, auch wenn die Bulgarisch-Orthodoxe Kirche wegen ihrer kulturellen und historischen Bedeutung hervorgehoben wird.[2] Wenn Unterstützungen in Anspruch genommen werden, müssen die Jahresabschlüsse der Religionsgemeinschaften einer Finanzprüfung unterzogen werden.[3]

Eine Religionsgemeinschaft hat die Möglichkeit sich beim Stadtgericht in Sofia registrieren zu lassen und dadurch als juristische Person anerkannt zu werden.[4] Infolge dieser Anerkennung ergibt sich auch das Recht Vermögen zu besitzen[5] und von den staatlichen Fördermaßnahmen zu profitieren. Dieser Registrierungsprozess ist im Falle der Bulgarisch-Orthodoxen Kirche nicht notwendig gewesen.[6] Insgesamt hat es 2023 in Bulgarien 223 registrierte Religionsgemeinschaften gegeben.[7]

Eigentum, dass im Zuge des Kommunismus enteignet worden ist, kann restituiert werden, wobei auch die Religionsgemeinschaften einen Anspruch hierauf haben.[8] Einige Verfahren zur Restiution sind noch im Gange, und insbesondere mehrere Anträge der muslimischen Gemeinschaft sind nicht genehmigt worden.[9]

Es besteht die Möglichkeit, dass Religionsgemeinschaften staatliche oder kommunale Grundstücke unentgeltlich nutzen können.[10] Explizit wird dieses Privileg für die Errichtung von Friedhöfen gewährt.[11]

Die Religionsgemeinschaften dürfen darüber hinaus Gegenstände herstellen und verkaufen, die im Zusammenhang mit ihren liturgischen Tätigkeiten, sowie mit ihren Ritualen und Riten stehen.[12] Außerdem können die Religionsgemeinschaften gewerbliche Körperschaften gründen oder sich an solchen beteiligen.[13] Mit ihren Gewinnen aus geschäftlicher Tätigkeit sowie aus Vermietung unterliegen sie der Körperschaftsteuer.[14]

Subventionen

Eine direkte staatliche Unterstützung stellen Subventionen dar, die nach der Anzahl der Mitglieder einer Religionsgemeinschaft vergeben werden. Grundsätzlich kann für jede Religionsgemeinschaft jährlich ein Beitrag im Gesetz über den Staatshaushalt festgelegt werden. Für Religionsgemeinschaften, deren Mitgliederzahl basierend auf den Daten der letzten Volkszählung mehr als ein Prozent der Bevölkerung ausmacht, muss dieser Beitrag mindestens 15 BGN[15] pro Person betragen.[16] Bei der Volkszählung 2023 sind alle protestantischen Religionsgemeinschaften gesammelt erfasst worden, wodurch ihre Mitgliederzahl die Ein-Prozent-Hürde überwinden konnte. Allerdings ist es unklar gewesen, wie diese Religionsgemeinschaften eine Mindestförderung geltend machen können, da sie als unterschiedliche Gruppierungen registriert sind.[17] Mehr als ein Prozent der Bevölkerung machen ansonsten nur die Mitglieder der Bulgarisch-Orthodoxen Kirche sowie die muslimische Glaubensgemeinschaft aus.[18] Zusätzlich werden den ausländischen Eparchien der Bulgarisch-Orthodoxen Kirche eigene Mittel zugewiesen.[19] Im Jahr 2024 sind insgesamt 48.754.100 BGN[20] für die Religionsgemeinschaften bewilligt worden. Eine genaue Übersicht bietet die folgende Tabelle:[21]

Tabelle 1: Subventionen an Religionsgemeinschaften 2024

ReligionsgemeinschaftBetrag in
BGNEUR[22]
Bulgarisch-Orthodoxe Kirche36.000.00018.406.790,06
Rila-Kloster600.000306.779,83
Trojan-Kloster200.000102.259,94
Batschkowo-Kloster200.000102.259,94
Bulgarisch-Orthodoxe Eparchie in West- und Mitteleuropa710.000363.022,80
Bulgarisch-Orthodoxe Eparchien im Ausland690.000352.796,81
Muslimische Gemeinschaft9.580.6004.898.558,13
Katholische Kirche580.700296.911,75
Protestantische Kirchen1.047.800535.739,85
Jüdische Gemeinschaft70.00035.790,98
Armenisch Apostolische Kirche75.00038.347,48

Die Subventionen sind zweckgebunden für die Gehälter der Geistlichen und Angestellten, für Bildungsmaßnahmen und für die Erhaltung von Friedhöfen zu verwenden.[23] Die Auszahlung kann quartalsweise oder monatlich erfolgen.[24] Darüber hinaus können den Religionsgemeinschaften zusätzliche Mittel gewährt werden.[25] Auch religiöse Schulen werden staatlich finanziert, wobei es zusätzlich möglich ist, dass die Religionsgemeinschaften Schüler:innen durch eigene Mittel unterstützen oder in die Instandhaltung der Einrichtungen investieren. Außerdem können auch außerschulische Bildungsprogramme staatlich finanziert werden, wobei die verfügbaren Mittel anteilig nach den Mitgliederzahlen an die Religionsgemeinschaften verteilt werden.[26] An einigen staatlichen Schulen wird Religion als Wahlfach angeboten, wobei es sich hierbei um ein kulturelles und nicht theologisches Fach handelt.[27] Die Religionsgemeinschaften können auch beim Bau und bei der Instandhaltung von Gebetshäusern, deren Nebengebäuden, Schulen und Friedhöfen unterstützt werden.[28]

Die Höhe der Gehälter der Geistlichen soll auf dem Niveau des Bildungswesens liegen, für andere Angestellte richtet sich die Höhe nach dem öffentlichen Sektor. Ausnahmen hiervon bilden die Leitungsfunktionen.[29]

Steuererleichterungen

Zu den wichtigsten Steuervergünstigungen zählt die Befreiung von der Grundsteuer für Gebetshäuser und Klöster, die für religiöse Zwecke genutzt werden, sowie für die Grundstücke, auf denen sie erbaut worden sind. Bei einer kommerziellen Nutzung von Gotteshäusern besteht jedoch eine Grundsteuerpflicht.[30] Auch eine Grundstücksübertragung im Zuge von Restitutionsverfahren für Eigentum, das während der kommunistischen Ära enteignet worden ist, ist steuerfrei.[31]

Außerdem besteht für Religionsgemeinschaften eine Befreiung von der Erbschaftssteuer[32] sowie von der Schenkungssteuer im Bereich von religiös genutzten Immobilien[33]. Gleichzeitig können Unternehmen und Privatpersonen finanzielle Zuwendungen an Religionsgemeinschaften bis zu einer gesetzlich festgelegten Grenze von der Steuer absetzen.[34] Dadurch entsteht ein Anreiz für die Spendenbereitschaft.

Weiters unterliegt der Verkauf von religiösen Artikeln, Bildungsmaßnahmen, Aktivitäten im Gesundheitsbereich und gemeinnützigen Dienstleistungen durch Religionsgemeinschaften nicht der Umsatzsteuer.[35]

Gesetzlich ist auch eine Befreiung von der kommunalen Hausmüllgebühr für Gebetshäuser vorgesehen.[36] Zusätzlich erhalten die Religionsgemeinschaften staatliche Unterstützungen zur Deckung der Energiekosten für Gotteshäuser.[37]

Weiterführende Literatur

Krussteff, Atanas, State and Church in Bulgaria, in: Gerhard Robbers (Hg.), State and Church in the European Union, Baden-Baden 2019, 51–67.


[1] Vgl. Art. 3; Art. 4 Abs. 1 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[2] Vgl. Art. 10 Abs. 1; Abs. 3 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[3] Vgl. Art. 25 Abs. 2 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[4] Vgl. Art. 15 Abs. 1 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[5] Vgl. Art. 21 Abs. 1 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[6] Vgl. Art. 10 Abs. 2 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[7] Vgl. Republik Bulgarien. Direktion für religiöse Angelegenheiten des Ministerrats, РЕЛИГИОЗНИ ИНСТИТУЦИИ регистрирани от Софийски градски съд за периода 1.01.2003 – 30.06.2023 г (30.06.2023). URL: https://view.officeapps.live.com/op/view.aspx?src=http%3A%2F%2Fveroizpovedania.government.bg%2Fdata%2Fdocs%2F1689147726580.docx&wdOrigin=BROWSELINK [letzter Zugriff: 11.02.2025].

[8] Vgl. Art. 3 Abs. 2 Gesetz 15/1992 idF. 70/2024.

[9] Vgl. United States Department of State, Bulgaria 2023 International Religious Freedom Report. URL: https://www.state.gov/reports/2023-report-on-international-religious-freedom/bulgaria/ [Abruf: 05.02.2025].

[10] Vgl. Art. 21 Abs. 3 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[11] Vgl. Art. 24 Abs. 3 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[12] Vgl. Art. 23 Abs. 1–2 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[13] Vgl. Art. 26 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[14] Vgl. Art. 1 Abs. 1 Zif. 2 Gesetz 105/22/2006 idF. 72/2024.

[15] Entspricht € 7,67. Vgl. European Central Bank, Currency converter. URL: https://data.ecb.europa.eu/currency-converter [letzter Zugriff: 13.02.2025].

[16] Vgl. Art. 28 Abs. 1–2 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[17] Vgl. Daniela Kalkandjieva, Financing of religions (22.05.2023). URL: https://www.eurel.info/spip.php?rubrique1197 [letzter Zugriff: 15.01.2025].

[18] Die Bulgarisch-Orthodoxe Kirche zählte bei der Volkszählung 2021 69,5 % der Bevölkerung, die muslimische Gemeinschaft 10,7 %. Vgl. United States Department of State, Bulgaria 2023 International Religious Freedom Report. URL: https://www.state.gov/reports/2023-report-on-international-religious-freedom/bulgaria/ [Abruf: 05.02.2025].

[19] Vgl. Art. 28 Abs. 4 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[20] Entspricht € 24.927.957,87. Vgl. European Central Bank, Currency converter. URL: https://data.ecb.europa.eu/currency-converter [letzter Zugriff: 13.02.2025].

[21] Vgl. Art. 6 Abs. 4 Gesetz 108/2023.

[22] Vgl. European Central Bank, Currency converter. URL: https://data.ecb.europa.eu/currency-converter [letzter Zugriff: 13.02.2025].

[23] Vgl. Art. 28 Abs. 8 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[24] Vgl. Art. 28 Abs. 9 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[25] Vgl. Art. 28 Abs. 5 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[26] Vgl. Art. 28 (17–19) Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[27] Vgl. Atanas Krussteff, State and Church in Bulgaria, in: Gerhard Robbers (Hg.), State and Church in the European Union, Baden-Baden 2019, 51–67, hier: 63.

[28] Vgl. Art. 28 Abs. 10 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[29] Vgl. Art. 29 Abs. 2 Gesetz 120/2002 idF. 10/2025.

[30] Vgl. Art. 24 Abs. 1 Zif. 9 Gesetz 117/1997 idF. 81/2024.

[31] Vgl. Art. 5 Abs. 1 Gesetz 15/1992 idF. 70/2024.

[32] Vgl. Art. 38 Abs. 1 Zif. 2a Gesetz 117/1997 idF. 81/2024.

[33] Vgl. Art. 48 Abs. 1 Zif. 1 lit. ж Gesetz 117/1997 idF. 81/2024.

[34] Vgl. Art 31 Abs. 1 Zif. 6 Gesetz 105/22/2006 idF. 72/2024; Art. 22 (1) Zif. 1 lit. ж Gesetz 95/2006 idF. 70/2024.

[35] Vgl. Art. 43 Gesetz 63/2006 idF. 79/2024.

[36] Vgl. Art. 71a Abs. 1–2 Gesetz 117/1997 idF. 81/2024.

[37] Vgl. § 2 Abs. 14 Gesetz 6/2025.